Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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stens 14tägige — und die Art der Lohnzahlung 
G. B. Verbot der Auszahlung in Wirtschaften). 
— Die deutsche Gewerbeordnung regelt die Lohn- 
zahlung sehr eingehend, und zwar in dreifacher 
Richtung: 1) Verbot des Trucks. Die Gewerbe- 
treibenden sind verpflichtet, die Löhne ihrer Ar- 
beiter in Reichswährung zu berechnen und bar 
auszuzahlen. Sie dürfen den Arbeitern keine 
Waren kreditieren. Doch ist es gestattet, den Ar- 
beitern Lebensmittel für den Betrag der An- 
schaffungskosten, Wohnung und Landnutzung gegen 
die ortsüblichen Miet= und Pachtpreise, Feuerung, 
Beleuchtung, regelmäßige Beköstigung, Arzneien 
und ärztliche Hilfe, sowie Werkzeuge und Stoffe 
zu den ihnen übertragenen Arbeiten für den Be- 
trag der durchschnittlichen Selbstkosten unter An- 
rechnung bei der Lohnzahlung zu verabfolgen. 
Zu einem höheren Preis ist die Verabfolgung 
von Werkzeugen und Stoffen für Akkordarbeiten 
zulässig, wenn derselbe den ortsüblichen nicht über- 
steigt und im voraus vereinbart ist. — Um auch den 
indirekten Zwang zum Verzehr oder zur Entnahme 
der Bedürfnisse aus bestimmten Verkaufsstellen — 
speziell auch in der Weise, daß Marken und Zessio- 
nen auf Fabrik-Konsumvereine gegeben werden, 
abzuschneiden, ist die Bestimmung ausgenommen 
(§115a): Lohn= und Abschlagszahlungen dürfen in 
Gast= und Schankwirtschaften oder Verkaufsstellen 
nicht ohne Genehmigung der unteren Verwaltungs- 
behörden erfolgen; sie dürfen an Dritte nicht er- 
folgen auf Grund von Rechtsgeschäften oder Urkun- 
den über Rechtsgeschäfte, welche nach § 2 des Ge- 
setzes betr. die Beschlagnahme des Arbeits= oder 
Dienstlohns vom 21. Juni 1869 (Bundesgesetzblatt 
S. 242) rechtlich unwirksam sind. — 2) Fristen 
und Formen der Lohnzahlung. Durch statutarische 
Bestimmung einer Gemeinde oder eines weiteren 
Kommunalverbands (§ 142) kann für alle Ge- 
werbebetriebe oder gewisse Arten derselben festgesetzt 
werden: a) daß Lohn= und Abschlagszahlungen 
in festen Fristen erfolgen müssen, welche nicht 
länger als einen Monat und nicht kürzer als eine 
Woche sein dürfen; b) daß der von minderjährigen 
Arbeitern verdiente Lohn an die Eltern oder Vor- 
münder und nur mit deren schriftlicher Zustim- 
mung oder nach deren Bescheinigung über den 
Empfang der letzten Lohnzahlung unmittelbar an 
die Minderjährigen gezahlt wird; c) daß die Ge- 
werbetreibenden den Eltern oder Vormündern 
innerhalb gewisser Fristen Mitteilung von den an 
minderjährige Arbeiter gezahlten Lohnbeträgen zu 
machen haben (§ 119 a). — 3) Reglung der 
Lohneinbehaltung. Das Recht des Arbeitgebers, 
sich Lohneinbehaltungen zur Schadloshaltung für 
den Fall des Vertragsbruchs auszubedingen, ist 
dahin beschränkt, daß höchstens ein Viertel des 
Lohns bei der einzelnen Lohnzahlung einbehalten 
werden darf und die Gesamteinbehaltungen einen 
durchschnittlichen Wochenverdienst nicht überschrei- 
ten dürfen. Um die Klarheit und gültige Reglung 
des Arbeitsvertrags, insbesondere der Lohnfest- 
Schutzgesetze, 
  
gewerbliche. 974 
setzung und -berechnung, namentlich im Interesse 
der Heimarbeiter mehr zu sichern, ist (1900) dem 
Bundesrat das Recht gegeben, die Führung von 
„Lohnbüchern“ oder die Ausgabe von Lohn- 
zetteln für bestimmte Gewerbe vorzuschreiben. Für 
die Kleider= und Wäschekonfektion sind Lohnbücher 
vorgeschrieben. Sie haben sich aber nicht bewährt. 
Es ist eine Abänderung der gesetzlichen Bestim- 
mungen geplant mit dem Ziel, die Lohnbücher 
zugleich zu Abrechnungsbüchern zu gestalten. 
b) Festsetzung einer Arbeits-(Fabrik.) 
Ordnung. Anhörung der Arbeiter 
(„Ausschüsse“). Die formelle Vereinbarung 
zwischen Arbeitgeber und Arbeiter bezüglich der 
Bedingungen des Arbeitsvertrags beschränkt sich 
namentlich in größeren Unternehmungen gewöhn- 
lich nur auf die Festsetzung des Lohns resp. der 
Arbeitsstellung, während im übrigen die Vertrags- 
bedingungen entweder traditionell oder aber in 
der Arbeits= resp. Fabrikordnung vom Arbeitgeber 
einseitig festgelegt find und von dem neu ein- 
tretenden Arbeiter einfach alzeptiert werden müssen. 
Dieses Verhältnis ist um so mehr gegeben, als 
die notwendige Einheitlichkeit des Betriebs eine 
individuelle Verschiedenheit bezüglich Arbeitszeit, 
Lohnzahlung, Strafen usw. kaum zuläßt. Um so 
mehr muß aber verlangt werden, daß diese Arbeits- 
bedingungen in einer Arbeitsordnung klar und be- 
stimmt niedergelegt sind, damit der Arbeiter sich 
sowohl vor Eintritt wie auch während seiner 
Tätigkeit bezüglich seiner Stellung, seiner Rechte 
wie seiner Pflichten genau unterrichten kann und 
der Willkür des Arbeitgebers wie seiner Beamten 
mööglichst Schranken gezogen sind. In dieser Er- 
wägung haben die Schweiz und Osterreich zuerst 
den Erlaß einer Arbeitsordnung, wenigstens in 
den Fabriken, zur Pflicht gemacht, auch genauer 
die Punkte bezeichnet, welche in der Arbeits- 
ordnung geregelt sein müssen, und die Geneh- 
migung derselben vorgesehen. Die Schweiz be- 
stimmt außerdem noch, daß den Arbeitern vorher 
Gelegenheit gegeben werde, sich über dieselbe aus- 
zusprechen. — In Deutschland ist (durch die 
Novelle von 1891) für alle Fabriken mit mehr 
als 20 Arbeitern der Erlaß einer Arbeitsordnung 
zur Pflicht gemacht (§ 134 a). Dieselbe muß jedem 
Arbeiter bekannt gegeben resp. eingehändigt wer- 
den. Vor Erlaß derselben sowie vor jeder Ab- 
änderung ist den Arbeitern resp. einem gewählten 
Ausschuß Gelegenheit zu geben, sich über den 
Inhalt zu äußern. Die Arbeitsordnung muß mit 
den etwa schriftlich geäußerten resp. zu Protokoll 
genommenen Außerungen der unteren Verwal- 
tungsbehörde in zwei Exemplaren (von welchen 
eines für den Fabrikinspektor bestimmt ist) über- 
geben werden. Gewisse Punkte: Arbeitszeit und 
Pausen, Lohnzahlung, Kündigungsfristen, Art 
und Höhe der Strafen, Art ihrer Festsetzung, Ein- 
ziehung, Verwendung usw. müssen in der Arbeits- 
ordnung geregelt werden. — Strafbestimmungen, 
welche das Ehrgefühl oder die guten Sitten ver-
	        
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