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wurde. Dieser wurde 1754in das Reichsfürstenkolle-
gium aufgenommen (ebenso Johann Friedrich von
Schwarzburg-Rudolstadt). Auf Heinrich folgte sein
Neffe Günther III. (1758/94), diesem Günther
Friedrich Karl. Diesem Fürsten, der 1806 heim-
lich zu Preußen hielt, sandte Napoleon den Mar-
schall Soult ins schwarzburgische Gebiet, das ge-
plündert wurde. Der Fürst trat 1807 dem Rhein-
bund, 1815 dem Deutschen Bund, 1819 dem
preußischen Zollverein bei. Am 19. Aug. 1835
legte er die Regierung zugunsten seines Sohnes
nieder und starb 1837. Sein Nachfolger Günther
Friedrich Karl 1I. gab am 24. Sept. 1841 dem
Land eine konstitutionelle Verfassung. Die Volks-
unruhen von 1848 wurden mit Hilfe preußischer
umd sächsischer Truppen unterdrückt. Am 12. Dez.
1849 gab der Fürst dem Land eine neue, mehr
freisinnige Verfassung, die aber (8. Juli) 1857
geändert wurde. Am 14. Juni stimmten Fürst
und Volk gegen den von Osterreich gestellten Mo-
bilmachungsantrag wider Preußen, erklärten sich
für letzteres und wurden in den Norddeutschen
Bund ausgenommen. Am 17. Juli 1880 trat
Fürst Günther (gest. 1889) von der Landesregie-
rung zurück; sein Nachfolger wurde sein Sohn
Karl Günther. Mit dessen Tod (25. März 1909)
starb die Linie Sondershausen aus. Die Thron-
folge ging infolge des Erbfolgevertrags von 1713
auf den Fürsten Günther Viktor von Schwarz=
burg-Rudolstadt über (über dessen Nachfolger vgl.
d. Art. Schwarzburg-Rudolstadt). Durch diese
Personalunion verlieren die beiden Fürstentümer
ihre Selbständigkeit nicht. Ob eine weitere Ver-
einigung der beiden Staaten, die von den einen
befürwortet, von den andern bekämpft wird, ein-
tritt, muß die Entwicklung lehren. Seit 1910
steht bereits ein gemeinsamer Minister an der
Spitze der beiden Ministerien; weitere Verschmel-
zungen sind im Werk.
2. Fläche, Bevölkerung. Das Fürstentum
Schwarzburg-Sondershausen umfaßt 862, 11ckm
und zählte 1905: 85 152 Einwohner. Das Staats-
gebiet besteht aus zwei Hauptteilen, die sog. Unter-
herrschaft südlich vom Unterharz (519,14 qkm,
40 052 Einwohner, Residenzstadt Sonders-
hausen, 1905: 7383 Einwohner) und die sog.
Oberherrschaft südlich von Erfurt (342,96 qkm,
45100 Einwohner, Residenzstadt Arnstadt, 1905:
16270 Einwohner). Auf 1 qkm kamen 1905:
98.8, 1871:77,9 Einwohner. Dem Bekenntnis
nach waren 1905: 83 389 Evangelische, 1521 Ka-
tholiken, 195 Juden. Auf 1000 Einwohner kamen
1905: 979,3 (1871: 994,5) Protestanten, 17,9
(1871: 2,6) Katholiken, 2,3 (1871: 2,8) Juden.
Das Fürstentum zählt 9 Städie und 84 Land-
gemeinden. Von der Gesamtfläche entfallen auf
Acker= und Gartenland 56,8% , auf Wiesen
4.6%, auf Forsten 31 %. Vom Wald sind 63%
Kron-, 13% Gemeinde-, 11% Genossenschafts-,
12% Privatforsten. Nach der Berufszählung von
1907 widmeten sich (Berufszugehörige insgesamt)
Schwarzburg-Sondershausen.
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der Landwirtschaft 28,.7 (1895: 40,4% ), der
Industrie 48,2% (1895: 42%), Handel und
Verkehr 9,8% (1895: 8,9 %).
3. Verfassung, Verwaltung. Die Ver-
fassung beruht auf dem Landesgrundgesetz vom
8. Juli 1857 und trägt im ganzen einen patri-
archalischen Charakter. Die Stellung des Fürsten
ist die gleiche wie in Schwarzburg-Rudolstadt (vgl.
d. Art.), auch hinsichtlich der Regierungsfolge gelten
die gleichen Bestimmungen. Die Selbständigkeit
des Fürstentums ist durch das Aussterben der Linie
Sondershausen (1909) und den Übergang der Re-
gierung an die Rudolstädter Linie nicht verloren
gegangen; die beiden Länder bilden zurzeit eine
Personalunion. Uber die Bezüge des Fürsten vgl.
Sp. 990.
Der Landtag (eine Kammer) besteht nach dem
Wahlgesetz vom 14. Jan. 1856, abgeändert durch
Gesetz vom 19. April 1904, a) aus höchstens sechs
lebenslänglichen, vom Fürsten ernannten Mit-
gliedern, von denen je nicht mehr als drei der
Ober= und Unterherrschaft angehören dürfen, b) aus
sechs Abgeordneten der Höchstbesteuerten, die in
unmittelbarer Wahl von denjenigen 300 Wahl-
berechtigten, welche die höchsten direkten Staats-
steuern entrichten, von den Wahlberechtigten der
Ober= und Unterherrschaft je in einer Wahl-
handlung gemeinschaftlich gewählt werden, c) aus
sechs Abgeordneten aus allgemeinen Wahlen.
Staatsdiener und Geistliche bedürfen eines jeder-
zeit widerruflichen Urlaubs, mit welchem aber
ebensowenig wie beim Eintritt in den Reichstag
nach § 26 des Staatsbeamtengesetzes vom 19. Dez.
1900 in der Fassung des Gesetzes vom 14. Juli
1905 ein Gehaltsabzug verbunden ist. Wählbar
ist jeder, der das aktive Wahlrecht hat und 30 Jahre
alt ist. Wahlberechtigt ist jeder männliche Staats-
angehörige, welcher das aktive Wahlrecht bei den
Gemeindewahlen besitzt und nicht mit Entrichtung
direkter Staatssteuern ein Jahr und darüber hin-
aus im Rückstand ist. Die Abgeordneten aus den
allgemeinen Wahlen werden von Wahlmännern,
die mindestens 25 Jahre alt sein müssen, die
Wahlmänner zunächst von den Urwählern in Ur-
wahlbezirken gewählt. Die Wahl der Abgeord-
neten seitens der Höchstbesteuerten erfolgt direkt.
Die Legislaturperiode währt 4 Jahre. Die Ein-
berufung des Landtags durch den Fürsten erfolgt
regelmäßig im 2. und 4. Jahr der Finanzperiode,
sonst nur, wenn die Umstände es erfordern. Der
Landtag ist beschlußfähig bei Anwesenheit von
zwei Dritteln der Mitglieder. Bei Stimmengleich-
heit ist die Abstimmung in einer der nächsten
Sitzungen zu wiederholen. Abermalige Stimmen-
gleichheit gilt für Ablehnung. Die in Sonders-
hausen wohnenden Abgeordneten erhalten 6 M-,
die Auswärtigen 12 M Diäten und Reisekosten;
der Präsident erhält noch einen Zuschlag von
3 M täglich.
Der Landtag wirkt mit bei der Gesetzgebung
und Feststellung des Staatshaushalts. Fürst und