Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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tigem Schweizergebiet: die Grafen von Sa- 
voyen, die einen Teil des zähringischen Nach- 
lasses erworben hatten, im Westen und die Grafen 
von Habsburg im Norden. 
Das Haus Habsburg, im Elsaß, Schwarz= 
wald, Breisgau und Aargau begütert, besaß aus- 
gedehnte Allodien in der Urschweiz; aus dem lenz- 
burgischen Erbe war die Landgrafschaft im Zürich- 
und Aargau auf sie übergegangen, wozu die ge- 
samte Urschweiz gehörte. Außerdem finden wir sie 
als Schirmvögte der meisten Klöster in diesem Ge- 
biet und Inhaber des Kollaturrechts an vielen 
Kirchen. Die Hauptmasse dieses habsburgischen 
Besitzstands vereinigte Graf Rudolf III. in seiner 
Hand, der dazu die kyburgischen Güter erwarb, 
und zum deutschen König erkoren, durch Erwer- 
bung der Städte Freiburg, Luzern u. a. noch ab- 
rundete. 
Am nördlichen Zugang zum Gotthardpaß lag 
die zumeist aus Hörigen gebildete Gemeinde der 
Leute von Uri, die unter Kaiser Friedrich II. die 
Reichsfreiheit erlangt hatten (1231). Weiter 
nördlich schloß sich daran die mehrheitlich aus 
Freien bestehende Gemeinde des Tals Schwyz, 
seit 1241 ebenfalls von der gräflichen Gewalt der 
Habsburger durch kaiserliche Huld befreit; Uri und 
Schwyz sind hervorgegangen aus der altalaman- 
nischen Markgenossenschaft. Nachdem diese beiden 
Gemeinden sich schon früher mit Unterwalden 
verbündet hatten, schlossen sie Anfang August 1291 
einen ewigen Bund zu gegenseitigem Schutz gegen 
äußere Angriffe. Das Bündnis erstrebte im engen 
Anschluß an das Reich energische Abweisung aller 
österreichischen Versuche, die alte Vogteigewalt 
wieder aufzurichten. König Heinrich VII. von 
Luxemburg dehnte die Freibriefe von Uri und 
Schwyz auch auf das mit ihnen verbündete Unter- 
walden aus (1309) und organisierte die drei Länder 
als eigne Reichsvogtei. Da die Söhne König 
Albrechts den Ansprüchen auf die landgräfliche 
Gewalt in den Waldstätten nicht entsagten, so 
schlugen sich die letzteren bei der zwiespältigen 
Königswahl des Jahrs 1314 auf die Seite des 
Wittelsbachers und behaupteten sich gegenüber 
einem österreichischen Einfall siegreich bei Mor- 
garten (1315). Dafür bestätigte Ludwig der 
Bayer ihnen ihre Freibriefe und entzog den 
Herzögen von Osterreich alle Güter und Rechte 
in den Waldstätten, wodurch weitaus die meisten 
Bewohner der drei Länder reichsfreie Leute wur- 
den. Allein die Eidgenossen anerkannten trotz- 
dem die hofrechtlichen Ansprüche Habsburgs, die 
erst im Lauf des 14. und 15. Jahrh. abgelöst 
wurden. 
Durch Aufnahme der österreichischen Stadt 
Luzern (1332), der Reichsstadt Zürich (1351), 
der österreichischen Besitzungen Glarus und Zug 
(1352) sowie der Reichsstadt Bern (1353) er- 
weiterte sich der Bund der drei Länder zur Eid- 
genossenschaft der acht Orte. Dieser Aus- 
dehnung der Eidgenossenschaft, die auf Kosten 
Schweiz. 
  
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Osterreichs geschah, suchte dieses zu wehren. Allein 
in den Schlachten von Sempach (1386) und 
Näfels (1388) zog Osterreich den kürzeren, und 
die Blüte des österreichischen Adels in den vor- 
deren Landen erlag den wuchtigen Streichen der 
kriegskundigen Eidgenossen. Diese letzteren blieben 
darum im Besitz ihrer Eroberungen. Osterreich 
mußte seinen Ansprüchen auf Zug und Glarus 
entsagen, während die Eidgenossen sich verpflich- 
teten, keine österreichischen Untertanen mehr als 
Ausbürger aufzunehmen. 
Die nun folgende Friedenszeit benutzten die 
Eidgenossen zur Mehrung ihres Gebiets durch 
Ablösung von Pfandschaften, Käufe und Ver- 
träge. Um diese Zeit fällt die Bildung der drei 
Bünde in Rätien, die lange Zeit selbständig 
neben der Eidgenossenschaft hergingen: 1367 
wurde der Gotteshausbund zwischen Domkapitel, 
Ministerialen und Gotteshausleuten des Bistums 
Chur in Bergell, Oberhalbstein, Domleschg und 
Oberengadin geschlossen. Dann schloß sich 1395 
der obere oder Graue Bund zwischen dem Gottes- 
haus Disentis und seinen Leuten, den Freien von 
Rhäzüns, Sax. Misox und andern Herren und 
Gemeinden im Bündner Oberland. Der Bund 
der zehn Gerichte bildete sich dagegen erst nach dem 
Tod des letzten Grafen von Toggenburg (1436) 
zum Schutz seiner Untertanen im Schanfigg, Da- 
vos und Prätigau. 
Im Rhonetal dagegen, wo der bischöfliche 
Landesherr nur mit Hilfe der deutschen Zehnden 
des Oberwallis sich der Grafen von Savoyen zu 
erwehren wußte, erstarkten in diesen Kämpfen die 
bäuerlichen Gemeinden, errangen sich nach dem 
Vorbild der Waldstätte die Freiheit und befestigten 
sie durch ein Landrecht mit Uri, Unterwalden und 
Luzern (1403). 
Um dieselbe Zeit entwanden sich auch die Unter- 
tanen des Abts von St Gallen am Fuß des 
Säntis durch ein Bündnis mit der Stadt 
St Gallen und den Schwyzern der Hoheit des 
Abts, der sich mit den Reichsstädten am Bodensee 
verbündete und die Hilfe des Herzogs von OÖster- 
reich anrief, aber bei den wiederholten Versuchen, 
ins Appenzellerland mit Kriegsmacht ein- 
zufallen, bei Vögelinsegg (1403) und am Stoß 
(1405) blutig zurückgeschlagen wurde. Die Appen- 
zeller fielen verheerend ins Thurgau und über den 
Rhein bis an den Arlberg, überall Burgen 
brechend und freie Gemeinden gründend, bis sie 
1407 vor Bregenz eine Niederlage erlitten, die 
ihrer Invasion ein Ziel setzte. Unter beschränken- 
den Bedingungen wurden sie dann von der Eid- 
genossenschaft in ein Bündnis aufgenommen 
(1411). Allein erst nach einer neuen Niederlage 
gegenüber den Grafen von Toggenburg (1428) 
fügten sich die Appenzeller einem eidgenössischen 
Spruch, wonach ihr gegenseitiges Burg= und 
Landrecht geschützt, aber auch die Zins- und 
Zehntpflicht gegen den Abt von St Gallen er- 
halten blieb.
	        
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