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häufige Kirchenvisitationen befestigte er das kirch-
liche Leben, reformierte die Klöster, gründete zur
Heranbildung eines tüchtigen und sittenreinen
lerus ein Priesterseminar in Mailand mit zahl-
reichen Freiplätzen für die Schweizer und veran-
laßte die Niederlassung der Jesuiten und Kapu-
ziner in der Schweiz. Auf seinen Rat wurde eine
ständige päpstliche Nuntiatur in der Schweiz
errichtet (1579), welche besonders die Durchfüh-
rung der tridentinischen Beschlüsse sich angelegen
sein ließ (Nuntius Bonomi). Zur Erhaltung des
katholischen Bekenntnisses gegen jeden Versuch,
davon abzufallen, schlossen die katholischen sieben
Orte im Jahr 1586 den sog. „borromäischen
Bund“. Religiöse Anstände führten (1597) zu
einer Spaltung des Orts Appenzell in eine ka-
tholische Innerrhoden) und eine evangelische
Hälfte (Außerrhoden), während aus dem
gleichen Grund in Glarus die Katholiken beson-
ders organisiert, aber nach außen nicht abgetrennt
wurden. Erst zu Anfang des 17. Jahrh. drohte
von Bern aus die Glaubensneuerung auch das
Wallis zu erfassen; allein durch Anschluß der
Walliser Zehnden an die katholische Urschweiz
wurde die Einführung der neuen Lehren vereitelt,
durch Beiziehung tüchtiger Geistlicher aus dem
Luzernischen und energische Missionstätigkeit der
Kapuziner und später auch der Jesuiten die Keime
der Neuerung ausgerottet. Von Graubünden hatte
die Reformation den Weg auch in seine welschen
Untertanenlandschaften gefunden. In leidenschaft-
licher Weise bekämpften und verfolgten sich die
spanische (katholische) und die französische (evan-
gelische) Partei in Graubünden und im Veltlin,
das sich in einem blutigen Gemetzel seiner evan-
gelischen Bedränger entledigte (Veltliner Mord
von 1620). Nach langjährigem heißen und blu-
tigen Ringen um den Besitz des Veltlins, das
zunächst an Spanien gefallen, dann von Grau-
bündnern und Eidgenossen mit Hilfe der Fran-
zosen erobert, hernach aber neuerdings von Oster-
reich gewonnen war, schwang sich ein verwegener
evangelischer Prediger, Georg Jenatsch, zu dessen
Befreier von der Fremdherrschaft empor. Noch
einmal eroberten es französische Waffen unter
Rohan (1636); allein eine Erhebung der Grau-
bündner entriß ihnen diesen Besitz, den sie sich
durch ein Bündnis mit Spanien sicherten (1639).
Beim definitiven Friedensschluß blieben auf Grau-
bündner Gebiet nur noch die Herrschaften Rhäzüns
und Tarasp als Enklaven bei Osterreich; seine
Hoheitsrechte gegenüber dem Bund der zehn Ge-
richte wurden dagegen abgelöst.
Vom Dreißigjährigen Krieg blieb die Schweiz,
einige Grenzverletzungen abgerechnet, glücklich ver-
schont, und im Westfälischen Frieden (1648) wurde
die Unabhängigkeit der Schweiz völkerrecht-
lich anerkannt. Gegen die Ausdehnung des obrig-
keitlichen Absolutismus in den eidgenössischen
Städten und Abnahme der bürgerlichen Freiheit
erhob sich in der Bauernschaft eine Reaktion, die
Schweiz.
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im luzernischen Entlebuch ihren Ausgangspunkt
hatte und von da in die benachbarten Kantone
Bern, Solothurn und Basel hinübergriff und einen
eidlichen Zusammenschluß (Bauernbund) veran-
laßte, der in mehreren blutigen Treffen durch den
Bauernkrieg unterdrückt wurde (1653). Dieser
leichte Sieg der Obrigkeiten befestigte erst recht das
oligarchische und absolutstische Regiment. Bald
darauf kam es wegen konfessioneller Anstände
zwischen Zürich und Schwyz über Vertreibung
einer Anzahl Neformierter aus Arth zu einem
neuen Religionskrieg, in dem die Katholiken bei
Vilmergen die Oberhand behielten (1656), so daß
der alte Landfriede neu bestätigt wurde.
Als Neuenburg durch den Tod der letzten
Fürstin, Marie von Orleans, Herzogin von Ne-
mours, erledigt war, begünstigten die evangelischen
Orte der Eidgenossenschaft den Anschluß Neuen-
burgs an Preußen (1707). Ein neuer Religions=
krieg entbrannte zwischen dem Abt von St Gallen
und seinen evangelischen Untertanen im Toggen-
burg (zweiter Villmerger Krieg), wobei die evan-
gelischen Orte Zürich und Bern ihren Glaubens-
genossen im Toggenburg beisprangen. Bei Vil-
mergen blieb der Sieg den Evangelischen (1712),
so daß im darauffolgenden Frieden die katholischen
Orte auf die Schirmherrschaft über Rapperswil
und die Mitregierung der gemeinen Herrschaften
Baden und des halben Freiamts zugunsten von
Zürich und Bern verzichten mußten.
Im Lauf des 18. Jahrh. versuchte das Volk in
Stadt und Landschaft und selbst in den gemeinen
Herrschaften in wiederholten Aufständen das
aristokratische Regiment und die absolutistischen
Fesseln zu beseitigen, um selbst Anteil an der Re-
gierung zu bekommen. Allein den so bedrohten
Regierungen gelang es meistens, nicht nur sich zu
behaupten, sondern sie benutzten ihre Uberlegen-
heit, um die noch bestehenden Freiheiten des Volks
zu kassieren.
Hierher gehören die Versuche von Major Davel
in Waadt (1723), die Unruhen in Werdenberg,
Schaffhausen und Livinen (1755), in Freiburg
(1781) und im Bistum Basel. Anstände unter
den Parteien innerhalb der regierenden Orte ver-
ursachten tiefe Spaltung in Zug und Appenzell, in
Schwyz und Graubünden, gefährliche Erschütte-
rung in Bern und Luzern, während in Genf das
Volk beinahe während des ganzen Jahrhunderts
in zahlreichen Revolutionen um Erweiterung der
bürgerlichen Rechte kämpfte, bis es schließlich an-
sehnliche Konzessionen erzwang. Die französische
Revolution fand durch Vermittlung des revo-
lutionären Schweizer Klubs in Paris ein lebhaftes
Echo zunächst in den welschen Gebietsteilen der
Eidgenossenschaft und ihrer Verbündeten in Waadt,
in Unterwallis und im Bistum Basel; allein auch
die deutschen Untertanen wurden von den Ideen
der Freiheit und Gleichheit gepackt. Während die
Züricher Landleute im Stäfener Handel unterlagen
(1795), sah sich der Abt von St Gallen genötigt,