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von 22 Kantonen gebracht. Auch die Kantonal-
verfassungen wurden im Sinn der Reaktion um-
geändert; nur in den Urkantonen, Appenzell und
Graubünden, blieb sie wesentlich gleich. Eine
Revision der Kantonsverfassungen in demokra-
tischem Sinn erfolgte in den Jahren 1830/32
in 11 Kantonen (Tessin, Thurgau, Zirich,
St Gallen, Aargau, Waadt, Luzern, Freiburg,
Solothurn, Schaffhausen, Bern); dagegen schei-
terte der Versuch, auch den Bundesvertrag im
gleichen Sinn abzuändern (1832).
Erst nach den Wirren des Sonderbundskriegs
gelang es in der neuen Bundesverfassung von
1848, die Schweiz auf dem Boden des Bundes-
staats zu rekonstituieren, wobei 5½ revisions-
feindliche Kantone gegen ihren Willen und ohne
daß der Bundesvertrag von 1815 sie dazu ver-
pflichtete, zur Anerkennung einer Minderung ihrer
Hoheitsrechte zugunsten des Bundes genötigt
wurden. Eine Partialrevision des Jahrs 1864,
welche das Recht der freien Niederlassung vom
Bekenntnis unabhängig machte, gab den Anstoß
zu einer Totalrevision, die nach einem mißglückten
Versuch vom Jahr 1872 endlich 1874 zustande
kam und vom Volk mit 340 199 annehmenden
gegen 198.013 verwerfenden Stimmen sanktioniert
wurde. Von den Kantonen votierten 14 1/ Stände
für und 7½ gegen die Annahme. Diese Ver-
fassung von 1874 steht auf dem Boden derjenigen
von 1848, erweitert indessen die Kompetenzen des
Bundes auf Kosten der kantonalen Souveränität
im Wehr--, Unterrichts= und Rechtswesen, ver-
schärft die antikirchlichen Bestimmungen und ver-
mehrt die politischen Volksrechte.
A. Geltendes Bundesstaatsrecht. Die schwei-
zerische Eidgenossenschaft ist ein Bundesstaat,
dessen Gliedstaaten die 22 Kantone (Stände)
sind, wovon drei Kantone (Unterwalden, Appen-
zell, Basel) in je zwei Halbkantone zerfallen, die
aber im Verhältnis zueinander und zu andern
Kantonen den ungeteilten Kantonen staatsrechtlich
völlig gleich stehen und nur im Verhältnis zum
Bund in einigen Punkten minderen Rechts sind.
Sonderrechte oder Reservatrechte einzelner Kan-
tone im Verhältnis zum Bund bestehen nicht.
Grundsätzlich wird die Kompetenz der Kantone
vermutet, wo die Bundesverfassung nichts be-
stimmt hat zugunsten des Bundes. Kompetenz-
konflikte zwischen Bund und Kantonen und zwi-
schen Kantonen untereinander entscheidet das
Bundesgericht. Der Bund gewährleistet den Kan-
tonen ihr Gebiet und ihre Verfassungen. Für
ihre Verfassungen und Abänderungen derselben
haben die Kantone die Bundesgarantie nachzu-
suchen, die erteilt wird durch die Bundesversamm-
lung, sofern die Kantonsverfassung nichts dem
Bundesrecht Zuwiderlaufendes enthält, die Aus-
übung der politischen Rechte nach republikanischen
Formensichert, von der Volksmehrheit angenommen
und revidiert werden kann, sobald die absolute
Mehrheit der Bürger es verlangt. An der Bil-
Staatslexikon. IV. 3. u. 4. Aufl.
Schweiz.
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dung des Bundesstaatswillens sind die Kantone
beteiligt indirekt, indem sie die Organe sind zur
Bildung des Ständerats, direkt durch das Recht,
daß fünf Kantone die Einberufung der Bun-
desversammlung verlangen können; durch das
Vorschlagsrecht (Initiative) in der Bundesver-
sammlung auf dem Weg der Korrespondenz; durch
das Recht, daß acht Kantone die Volksabstimmung
über ein Bundesgesetz oder über einen allgemein
verbindlichen Bundesbeschluß nichtdringlicher Na-
tur verlangen können; durch das Mitwirkungs-
recht bei der Revision der Bundesverfassung, indem
hierfür außer der Volksmehrheit auch die Mehrheit
der Kantone erforderlich ist, wobei das Ergebnis
der Volksabstimmung in jedem Kanton als Stan-
desstimme desselben gilt (ein Halbkantonen = ½
Standesstimme). Hinsichtlich des bundesrecht-
lichen Verhältnisses der Kantone unter-
einander ist zu erwähnen: das Verbot der
Selbsthilfe und die Pflicht, ihre Streitigkeiten
durch das Bundesgericht entscheiden zu lassen; das
Verbot von Bündnissen politischen Inhalts; die
Pflicht, ihre interkantonalen Verträge („Konkor-
date") über Gegenstände der Gesetzgebung, des
Gerichtswesens und der Verwaltung zur Einsicht
den Bundesbehörden vorzulegen; die Pflicht der
Rechtshilfe in Zivil- und Strafsachen (aber ohne
Auslieferungspflicht bei politischen Verbrechen und
Preßvergehen), bei Polizeivergehen gemäß inter-
kantonalen Vereinbarungen; die Pflicht der Hilfe-
leistung der Kantone, wenn einem Kanton vom
Ausland plötzlich Gefahr droht, oder bei gestörter
Ordnung im Innern eines Kantons in dringenden
Fällen auf Ansuchen der betreffenden Kantonsregie-
rung; das Verbot der Doppelbesteuerung bei Kol-
lision der Steuergesetze von zwei Kantonen; die
Pflicht eines jeden Kantons, die in einem andern
Kanton heimatberechtigten Schweizerbürger in der
Gesetzgebung und im gerichtlichen Verfahren seinen
Kantonsbürgern gleichzustellen. Hinsichtlich der
Bundesangelegenheiten sind zu unterschei-
den: 1) Gegenstände, die der Bund gesetzlich regelt
und zugleich selbst verwaltet: Post, Telegraph und
Telephon (private Leitungen bedürfen einer Bun-
deskonzession), Münzwesen, Zölle, Alkoholmono-
pol, Pulverregal, Eisenbahnen (soweit die bundes-
rechtlich konzessionierten Privatbahnen nicht vom
Bund zurückgekauft sind), Banknotenmonopol (ver-
waltet gemäß Gesetz vom 6. Okt. 1905 durch die
schweizerische Nationalbank, deren Unternehmer
zwar der Bund nicht ist, aber doch entscheidender
Unternehmungsleiter, und deren Angestellte gesetz-
lich als Bundesbeamte bezeichnet sind), die aus-
wärtigen Angelegenheiten (nur in beschränktem
Maß verbleibt den Kantonen eine völkerrechtliche
Geschäftsfähigkeit, indem sie ausnahmsweise über
Gegenstände der Staatswirtschaft, des nachbar-
lichen Verkehrs und der Polizei mit dem Ausland
Verträge abschließen können, wobei sie unmittel-
bar nur mit den untergeordneten Behörden des
Auslands verkehren dürfen, im Verkehr mit aus-
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