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tragen werden darf. Die Amtsgewalt des Standes-
beamten ist auf den Standesamtsbezirk beschränkt.
Die Bildung der Standesamtsbezirke erfolgt durch
die höhere Verwaltungsbehörde, welche sowohl aus
einer oder mehreren Gemeinden einen Standes-
amtsbezirk als auch aus einer größeren Gemeinde
deren mehrere Bezirke bilden kann und für jeden
Standesamtsbezirk einen Standesbeamten und
mindestens einen Stellvertreter in jederzeit wider-
ruflicher Weise zu bestellen hat. In den Standes-
amtsbezirken, welche den Bezirk einer Gemeinde
nicht überschreiten, hat der Vorsteher der Gemeinde
(Bürgermeister, Schultheiß, Ortsvorsteher oder
deren gesetzlicher Stellvertreter) die Geschäfte des
Standesbeamten wahrzunehmen, sofern durch die
höhere Verwaltungsbehörde nicht ein besonderer
Beamter für dieselben bestellt ist. Die Gemeinde-
behörde kann die Anstellung besonderer Standes-
beamten beschließen und der Vorsteher der Gemeinde
kann mit Genehmigung der höheren Verwaltungs-
behörde das Amt des Standesbeamten und ebenso
die Stellvertretung des Standesbeamten wider-
ruflich andern Gemeindebeamten übertragen (§ 4).
Von jedem Standesbeamten sind drei Standes-
register unter der Bezeichnung Geburtsregister,
Heiratsregister, Sterberegister zu führen (8 12).
Die Eintragungen erfolgen entweder auf münd-
liche Anzeige oder Erklärung oder auf schriftliche
Anzeige (§ 13). Durch die Unterschrift des Standes-
beamten wird die Eintragung als öffentliche Ur-
kunde abgeschlossen. Die ordnungsgemäß geführten
Standesregister liefern vollen Beweis für alle die
Tatsachen, zu deren Beurkundung sie bestimmt
und welche in ihnen eingetragen sind, und zwar
solange bis der Nachweis der Fälschung, der un-
richtigen Eintragung oder der Unrichtigkeit der
Anzeigen und Feststellungen, auf Grund deren die
Eintragung stattgefunden hat, erbracht ist. Die-
selbe Beweiskraft haben die Auszüge, welche als
gleichlautend mit dem Haupt= oder Nebenregister
bestätigt und mit der Unterschrift und dem Dienst-
siegel des Standesbeamten oder des zuständigen
Gerichtsbeamten versehen sind (§ 15). Gegen
Zahlung bestimmter Gebühren müssen die Stan-
desregister jederzeit zur Einsicht vorgelegt sowie
beglaubigte Auszüge aus denselben erteilt werden.
In amtlichem Interesse (z. B. wenn Geistliche
oder andere Religionsdiener, Bezirksärzte usw.
dies wünschen) und bei Unvermögen der Beteiligten
ist die Einsicht der Register und die Erteilung der
Auszüge gebührenfrei zu gewähren (§ 16). Nach
diesen allgemeinen Bestimmungen gibt das Reichs-
gesetz vom 6. Febr. 1875 spezielle Normen für die
Beurkundung der Geburten (§8 17/27),
der Eheschließung (8§ 54 u. 55), und der Sterbefälle
(8§ 56/60). Besondere Abschnitte regeln die Be-
urkundung des Personenstands der auf der See
befindlichen Personen (88 61 (64), die Berichtigung
der Standesregister (6865 u. 66) und die Bestrafung
von lehue des Personenstandsgesetzes (6§ 67
Personenstand.
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Jede Geburt eines lebend zur Welt gekommenen
Kindes ist binnen einer Woche, die eines tot-
gebornen oder in der Geburt verstorbenen Kindes
spätestens am nächstfolgenden Wochentag dem
Standesbeamten des Bezirks, in welchem sie statt-
gefunden, mündlich anzuzeigen (§8 17, 19, 23),
worauf der Standesbeamte die Eintragung der
lebendgebornen in das Geburtsregister mit An-
gabe des Vor= und Familiennamens, Standes
oder Gewerbes und Wohnorts des Anzeigenden,
des Orts, Tags und der Stunde der Geburt,
des Geschlechts und Vornamens des Kindes und
des Vor= und Familiennamens, der Religion, des
Stands oder Gewerbes und Wohnorts der Eltern
(§ 22), die der totgebornen oder in der Geburt
verstorbenen in das Sterberegister zu betätigen hat
(623). Der Standesbeamte des Geburtsorts hat,
wenn die Geburt außerhalb des Wohnorts der
Eltern oder der unehelichen Mutter erfolgt ist,
dem Standesbeamten des Wohnorts der Eltern
oder der unehelichen Mutter eine beglaubigte Ab-
schrift der Eintragung zu übersenden. Anzeige-
verpflichtet sind in der Reihenfolge ihrer Ver-
pflichtung der eheliche Vater, die bei der Nieder-
kunft zugegen gewesene Hebamme, der dabei
zugegen gewesene Arzt, jede andere dabei zugegen
gewesene Person oder die Mutter, sobald sie dazu
imstande ist. Die Anzeigepflicht tritt an die in
dieser Reihenfolge später genannten Personen nur
heran, wenn ein früher genannter Verpflichteter
fehlt oder an der Anzeigeerstattung verhindert ist
(§18). Berechtigt zur Anzeige ist jede aus eigner
Wissenschaft unterrichtete Person (§ 19). Bei Ge-
burten in öffentlichen Entbindungs-, Hebammen-,
Kranken-, Gefangen- und ähnlichen Anstalten
sowie in Kasernen genügt die schriftliche in amt-
licher Form gehaltene Anzeige des Vorstehers
der Anstalt oder eines besonders dazu ermächtigten
Beamten. Wird ein neugebornes Kind gefunden,
so ist der Finder verpflichtet, hiervon spätestens am
nächstfolgenden Tag Anzeige bei der Ortspolizei-
behörde, nicht beim Standesbeamten, zu machen.
Nachdem der dritte Abschnitt des Personenstands-
gesetzes, enthaltend die Erfordernisse der Ehe-
schließung (§§ 28/40) durch Art. 46, Ziff. 1 des
Einf. Ges. zum B.G.B. aufgehoben worden ist
und an seine Stelle die 88 1303/1315 und 1322
des B.G.B. getreten sind, kommen hier nur die
Bestimmungen über die Beurkundung der
Eheschließung in Betracht (88 54 u. 55).
Entsprechend den Forderungen der §§ 1317 und
1318 des B.G.B., wonach im Gebiet des Deut-
schen Reichs eine Ehe dadurch geschlossen wird,
daß die Verlobten vor einem Standesbeamten in
Gegenwart von zwei Zeugen persönlich und bei
gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe mit-
einander eingehen zu wollen (Verbalkontrakt),
worauf der Standesbeamte aussprechen soll, daß
dieselben kraft dieses Gesetzes nunmehr rechtmäßig
verbundene Eheleute seien, muß die durch den
Standesbeamten vorzunehmende Eintragung der