Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Schwurgerichte. 
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Standpunkt (1906); ders., Die rechtl. Stellung der lung erforderliche, nach Art der Tat verschiedene 
Landeskirchen in den schweiz. Kantonen (1908); 
C. Grob u. A. Huber, Jahrbuch des Unterrichts- 
wesens in der S. (1889 ff); U. Lampert, Das 
Schulwesen in seinen Beziehungen zur Religion u. 
Konfession nach dem schweiz. Bundes= u. Kantons- 
recht (1911). * 
M. Wirth, Allgem. Beschreibung u. Statistik 
der S. (3 Bde, 1870/75); A. Furrer, Volkswirt- 
schaftslexikon der S. (3 Bde, 1885/92); Schanz, 
Die Steuern der S. in ihrer Entwicklung seit Beginn 
des 19. Jahrh. (5 Bde, 1890); Tr. Geering u. Rud. 
Hotz, Wirtschaftskunde der S. ((1910); Wartmann, 
Industrie u. Handel der S. im 19. Jahrh. (1902); 
E. Hofmann, Die S. als Industriestaat (1902); 
Schweizer Blätter für Wirtschafts= u. Sozialpolitik 
(1893 ff); Monatsschrift für christl. Sozialreform 
(1900ff; kath.); Zeitschrift für schweiz. Statistik 
(1865 ff); Statist. Jahrb. der S. (1891 ff; beide 
hrsz. vom eidgen. statist. Bureau); Statistik des 
Warenverkehrs der S. mit dem Ausland, hrsg. vom 
schweiz. Zolldepartement (jährlich); Schweizer, Fa- 
brikstatistik, hrsg. vom eidgen. Industriedeparte- 
ment (1902; summarisch fortgeführt in den jährl. 
Geschäftsberichten des eidgen. Industriedeparte- 
ments); Eidgen. Betriebszählung 1905; Land- 
wirtschaftl. Jahrb. der S., hrsg. vom eidgen. Land- 
wirtschaftsdepartement (seit 1887); La Suisse 6co-- 
nomique (Lausanne 1908; verschiedene Autoren); 
Schweiz. Finanzjahrbuch, hrsg. von J. Steiger, 
T. Geering, A. Meyer u. a. (1899 ff). 
[Büchi; Lampert.) 
Schwurgerichte. 1. Einleitung. Als 
die Stürme des Jahrs 1848 über das Land 
brausten, brachten sie in einem der neuen Pro- 
grammpunkte die Parole mit: Mitwirkung der 
Laien bei der Rechtsprechung" Volksgerichte, keine 
Gelehrtengerichte! Das Schlagwort zog. Man 
schuf die Grundlage für die Organisation der ge- 
mischten Gerichte, die heute immer mehr noch an 
Umfang gewinnen. Haben wir doch heute schon 
Gerichte, die sich nicht aus unabhängigen und 
vom Parteigängertum freien Mitgliedern zusam- 
mensetzen, sondern die gerade von einer oder der 
andern Partei in der ausgesprochenen Absicht ge- 
wählt werden, politische Standesvertretungen im 
Gerichtshof zu haben, in der Hoffnung, durch sie 
nicht ein Recht, sondern ein Vorrecht zu erringen. 
Zum Rüstzeug des politischen Liberalismus der 
1848er Jahre gehören die heutigen Schwur- 
gerichte. Sie verdanken ihre Entstehung dem 
Kampf des Liberalismus mit den Anhängern der 
absoluten Staatsform. 
2. Geschichtliches. In Rom zur Zeit der 
Republik urteilten nach Vorschrift der zwölf 
Tafeln die Volksstände in den (Zenturiat= oder 
Tribut-)Komitien über die Wahrheit der Straf- 
tat. Im Lauf der Zeit wurden bestimmte Ge- 
richtshöfe (quaestiones perpetuae) unter dem 
Vorsitz des Prätors oder des judes quaestionis 
eingeführt. Die Untersuchung des Falls lag einer 
bestimmten Anzahl von Richtern ob. Zur Bil- 
dung dieses Richterkollegiums wurden jährlich vom 
Prätor 450 Bürger ernannt. Die zur Aburtei- 
Anzahl der Richter wurde durch das Los bestimmt. 
Ankläger und Angeklagter konnten die einzelnen 
Richter ablehnen. In einigen Fällen erlaubte das 
Gesetz beiden Parteien, die Wahl der Richter aus 
dem ganzen Volk vorzunehmen. In der Kaiser- 
zeit verschwand die Einrichtung vollständig; für 
die schweren Fälle erhielt der Senat die Straf- 
gerichtsbarkeit. 
In Deutschland stand in den üältesten Zeiten 
die peinliche Gerichtsbarkeit den Volksgemeinden 
unter dem Vorsitz der Volksobrigkeiten zu. Letz- 
tere änderten später ihren Charakter dahin, daß sie 
als königliche Beamte fungierten. Hinzu kam dann 
die Gerichtsbarkeit des Königs, welcher dieselbe in 
Person oder durch Beamte (Pfalzgrafen, Grafen, 
Landgrafen) ausübte; als Urteiler wirkten ge- 
wählte Schöffen. Mit der allmählichen Beseiti- 
gung der Volksgerichte und der Entwicklung der 
Landeshoheiten bildete sich die Gerichtsbarkeit der 
LLandesherren aus und verallgemeinerte sich das 
Institut der Schöffen. Auch entwickelte sich die 
geistliche Gerichtsbarkeit für die Aburteilung geist- 
licher Vergehungen. Schon vor dem Westfälischen 
Frieden verlor das Institut der Schöffen seine 
Bedeutung. Man beschränkte sich vielfach darauf, 
lediglich die Gegenwart der Schöffen zu fordern. 
Die peinlichen Erkenntnisse selbst wurden im Lauf 
der Zeit fast nur noch von Rechtsverständigen in 
wen bergerichten oder Juristenfakultäten ein- 
geholt. · 
In England hat sich das seit alten Zeiten 
bestehende Strafverfahren im wesentlichen bis in 
die neueste Zeit erhalten. Es ist öffentlich und 
findet im Beisein des Angeklagten statt. Der 
Richter ist nur Verwahrer des Gesetzes, nicht aber 
zugleich Richter über die Tat. Über letztere ent- 
scheidet ein Kollegium unabhängiger Männer von 
einerlei Stand mit dem Angeklagten. Zunächst 
leitet der Friedensrichter die Sache ein, um die 
Anklage für die Sitzung der „großen Jury“ in 
Gang zu bringen. Diese besteht aus 13/23 aus 
den angesehensten Personen der Grasschaft vom 
Scherif auf je 3 Monate ausgewählten Männern. 
Die Jury prüft die Beweise. Halten weniger als 
12 Mitglieder die Beweise für ausreichend, so ist 
das Verfahren erledigt; andernfalls wird die 
Sache vor die „kleine Jury“ gebracht. Diese be- 
steht aus 12 Männern vom Stand des Angeklag- 
ten. Sie werden aus 48 vom Scherif ernannten 
Personen ausgewählt. Der Angeklagte kann eine 
bestimmte Anzahl Geschworener ablehnen. Nach 
stattgehabter Verhandlung (Beweiserhebung, Ver- 
teidigung) gibt der Richter oder bei mehreren einer 
derselben eine Übersicht des Verhandelten sowie 
sein Gutachten, dieses aber lediglich rücksichtlich des 
Rechts. Lautet der Spruch der Geschworenen da- 
hin, daß die Anklage nicht wahr sei, so wird der 
Angeklagte endgültig losgesprochen; lautet er auf 
schuldig, so erläßt der Richter das Urteil auf die 
  
  
  
im Gesetz vorgeschriebene Strafe, oder er über-
	        
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