Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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kung nach § 486) grundsätzlich für Verlust oder 
Beschädigung, und zwar ohne daß dem Verfrachter 
ein Verschulden nachgewiesen werden müßte. Der 
Verfrachter kann sich jedoch dadurch freimachen, 
daß er seinerseits den Beweis führt, der Schaden 
beruhe auf Umständen, die durch die Sorgfalt 
eines ordentlichen Verfrachters nicht hätten abge- 
wendet werden können (8 606). So die gesetzliche 
Regel. Allein die gewöhnliche Rechtslage des 
Einzelfalls gestaltet sich meistens nach Maßgabe 
der schon erwähnten Klauseln anders. Als wich- 
tigste der sehr mannigfaltigen Klauseln wird man 
vielleicht die sog. Negligenzklausel bezeichnen dürfen, 
durch die sich der Verfrachter von verschiedenen 
wichtigen Schadensursachen „freizeichnet“. Diese 
Klausel hat gewöhnlich folgenden Wortlaut: Bar- 
ratry [Vertrauensbruch des Kapitäns oder eines 
andern Besatzungsmitglieds gegenüber dem Reeder 
selbst]), misfeasance, error in judgement, ne- 
gligence or default of pilot, master, mariners 
or other persons in the service of the ship, 
whether in navigating the ship or otherwise, 
exXxcepted. 
Im vorhergehenden war bereits vom Emp- 
fänger des Frachtguts die Rede. Wenn der Fracht- 
vertrag (Chartepartie) zwischen dem Befrachter 
und Verfrachter abgeschlossen wird, pflegt der 
Empfänger noch unbekannt zu sein. Er legitimiert 
sich erst später, und zwar durch das wichtige 
Handelspapier, das Konnossement (connais- 
sement, bill of lading) heißt. Es ist bereits seit 
dem Ende des 17. Jahrh. im Gebrauch. In dem 
Konnossement verspricht der Reeder, die von einem 
bestimmten Schiff empfangene, gekennzeichnete 
Ladung im Bestimmungshafen an die bezeichnete 
Person oder an den von ihr Bezeichneten (an ihre 
Order) auszuliefern. Der Schiffer oder statt seiner 
etwa ein besonderer Vertreter des Reeders (bevoll- 
  
Seerecht usw. 
  
mächtigter Agent oder Schiffsmakler), möglicher- 
weise (im Heimathafen) auch der Reeder selbst ziale Erwägungen liegen zugrunde dem Reichsgesetz 
zeichnet das Konnossement und händigt es gegen über das Auswanderungswesen vom 9. Juni 1897 
Rückgabe der vorläufigen Empfangsbescheini- 
gungen (mates-receipts) dem „Ablader“ aus. 
Der legitimierte Inhaber des Konnossements hat 
das Recht, vom Schiffer im Löschungshafen die 
Auslieferung der bezeichneten Güter zu verlangen. 
Legitimiert ist derjenige, an welchen die Güter 
nach dem Konnossement ausgeliefert werden sollen 
oder auf welchen das Konnossement, wenn es an 
Order lautet, durch Indossament übertragen ist 
(6 645). Der Inhalt des Konnossements ist für 
das Rechtsverhältnis zwischen dem Verfrachter und 
dem Empfänger der Güter maßgebend. Die nicht 
  
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Hafer, Wein) verantwortlich. Werden dem Schiffer 
Güter übergeben, deren Beschädigung, schlechte 
Beschaffenheit oder schlechte Verpackung sichtbar 
ist, so hat er diese Mängel im Konnossement zu 
bemerken, widrigenfalls er dem Empfänger dafür 
ebenfalls verantwortlich ist. Bei der Verfrachtung 
von Stückgütern ist von einem Schiff eine sehr 
große Anzahl von Konnossementen auszustellen, 
wofür die Großreedereien eigne Abfertigungsstellen 
eingerichtet haben. Die beschriebene Ausgestaltung 
des Konnossements macht dieses zu einem Legiti- 
mationspapier, das die Ware ersetzt, während diese 
auf dem Wasser schwimmt. Statt der Ware selbst 
läuft das sie vertretende Papier um; statt jener 
wird dieses verkauft und zum Gegenstand anderer 
Rechtsgeschäfte gemacht. Die Übergabe des Kon- 
nossements an den legitimierten Erwerber hat, so- 
bald die Güter vom Schiffer zur Beförderung 
übernommen sind, für den Erwerb von Rechten 
an den Gütern dieselben Wirkungen wie die Über- 
gabe der Güter selbst (§ 647). Der legitimierte 
Konnossementsinhaber ist mittelbarer Besitzer der 
verbrieften Ladungsgüter; er ist imstande, die 
noch schwimmende Ware zu beleihen, insbesondere 
sich durch sie Wechselkredit zu verschaffen. Durch 
die Abnahme der Güter wird der Konnossements- 
inhaber verpflichtet, die Fracht mit Nebenkosten 
nach Maßgabe des Konnossementsinhalts zu ent- 
richten. Der Verfrachter hat wegen seiner For- 
derungen ein Pfandrecht an der Ladung. Die 
Auslieferung der Güter erfolgt Zug um Zug. 
An allen größeren Hafenplätzen wird die Ge- 
schäftsabwicklung durch Schiffsmakler vermittelt. 
— Das „Frachtgeschäft zur Beförderung von 
Reisenden“ hat im H.G.B. eine besondere Reg- 
lung gefunden, die selbstverständlich in einigen 
Punkten von der Ordnung des Frachtgüter- 
geschäfts abweicht, in andern jedoch dieser ent- 
spricht (68 664/678). Offentlich-rechtliche und so- 
  
und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen 
Bekanntmachung des Bundesrats vom 14. März 
1898. 
Schon das Altertum kannte die Rechtseinrich- 
tung des Seedarlehens (foenus nauticum, pe- 
cunia traiecticia), das zuerst in Griechenland 
ausgebildet wurde und dann in das römische Recht 
überging (Dig. 22, 2; Cod. 4, 33). Daraus ist 
die Bodmerei des modernen Rechts (8§§ 679 
bis 699) hervorgegangen. Sie ist ein gewagtes 
Darlehensgeschäft, bei dem der Schiffer Schiff, 
Fracht oder Ladung verpfändet und der Gläubiger 
in das Konnossement aufgenommenen Bestim= eine — hohe — Prämie erhält, sich aber nur an 
mungen des Frachtvertrags sind dem Empfänger die verpfändeten (verbodmeten) Gegenstände nach 
gegenüber unwirksam, sofern nicht das Konnosse= Beendigung der Bodmereireise halten kann. Gehen 
ment ausdrücklich auf sie Bezug nimmt. Hier die Pfänder verloren, so ist auch das Darlehen 
spielen die oben erwähnten Klauseln wieder ihre verloren. In älterer Zeit eine wichtige Nothilfe 
bedeutsame Rolle. Der Verfrachter ist für die für den in fernen Landen von seinem Reeder ab- 
Richtigkeit der im Konnossement enthaltenen Be= geschnittenen Schiffer, hat die Bodmerei in der 
zeichnung der übernommenen Güter (z. B. Weizen, Neuzeit mit dem Überseetelegraphen und dem aus-
	        
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