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1874, Art. 1). In allen Ländern vindiziert sich
der Staat das Aufsichtsrecht. In Preußen sind
deshalb die Statuten der Seminarien und die für
dieselben geltende Hausordnung dem Minister der
geistlichen Angelegenheiten einzureichen sowie die
Namen der Leiter und Lehrer, welche Deutsche
sein müssen, mitzuteilen (Ges. vom 11. Mai 1873,
§ 9 und Ges. vom 21. Mai 1886, Art. 4 und 5).
Dasselbe gilt im Großherzogtum Hessen, wo
die Mitteilung an das Ministerium des Innern
und der Justiz zu geschehen hat (Ges. vom 5. Juli
1887, Art. 6). In Württemberg ist das
Klerikalseminar der Aufsicht des Staats unter-
worfen (Ges. vom 30. Jan. 1862, Art. 3, 11, 12,
14). Der Bischof ernennt die Vorstände des-
selben, hat aber die vorgängige Anzeigepflicht
(a. a. O.). In Baden ist dem Ministerium
der Justiz, des Kultus und Unterrichts über das
Vorhaben der Errichtung einer solchen Anstalt,
Seniorat — Serbien.
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Seniorat s. Familienfideikommiß.
Serbien. I. Geschichte. Die Serben, die im
7. Jahrh. in ihre heutigen Sitze einwanderten,
bildeten erst im 11. Jahrh., als der Großzupan
Michael sich von Papst Gregor VII. die Königs-
krone verleihen ließ, und seit dem 12. Jahrh. unter
der Dynastie der Nemanjiden einen einheitlichen
Staat. Kirchlich gehörten die Serben damals noch
zu Rom; erst Stephan I. (1159/95) führte sie
zur orientalischen Kirche über. Stephan Dusan
(1331/55), dessen Reich auch Mazedonien, Al-
banien und Nordgriechenland umfaßte, gründete
1346 ein eignes serbisches Patriarchat und machte
es 1352 vom byzantinischen unabhängig. Mit
der Schlacht bei Kossowo 1389 kam Serbien unter
türkische Herrschaft, anfangs noch von einheimi-
schen Despoten als Vassallen des Sultans, seit
1459 von türkischen Paschas regiert. Tausende
seiner Bewohner wurden in die Sklaverei geführt
über Wechsel im Vorsteher= oder Lehrpersonal und oder wanderten aus. Unter der Steuerlast, der
Lokalveränderungen Anzeige zu machen und der
Nachweis zu liefern, daß die nach Art. 1 des Ge-
Rekrutierung für das Janitscharenkorps, der will-
kürlichen Rechtspflege und den Vorrechten der
setzes vom 5. Juli 1888 für die Errichtung und 1 Mohammedaner litt das Volk unsäglich und seine
das Lehrpersonal notwendigen Erfordernisse vor= Kultur verkümmerte.
handen sind, wie denn auch die Anordnung über Nachdem die Serben lange vergeblich auf Oster=
die Einsichtnahme und Schließung dieser Anstalt reich und Rußland gehofft hatten, erhoben sie
dem genannten Ministerium zusteht (Landesherrl. 1804/07 unter Karageorg die Waffen. Erst ein
Verordnung vom 12. Juli 1888). In Bayern zweiter Unabhängigkeitskrieg 1815/16 brachte
muß von der Ernennung der Vorsteher und Lehrer ihnen die Selbständigkeit. Milosch Obrenowitsch,
der Klerikalseminarien der Staatsregierung An- der Führer in diesem Kampf, wurde 1817 zum
zeige gemacht werden (Ministerielle Entschließung Fürsten (Wojwoden), 1827 zum erblichen Fürsten
vom 4. Juni 1846). Die besondern staatlichen gewählt. Die Pforte mußte auf Grund des Frie-
Bestimmungen in den einzelnen Ländern s. bei dens von Adrianopel (1829) Serbien als auto-
Hinschius, Kirchenrecht IV 554 ff.
Literatur. Thomassin, Vet. et nov. eccl.
discipl. I, 3, c. 2,6; Joannes de Joanne, Hi-
storia Seminariorum clericalium (Augsburg
1787); Theiner, Geschichte der geistl. Bildungs-
anstalten (1835, unkritische Jugendarbeit des Ver-
fassers mit vielen falschen Angaben u. Behaupt-
tungen, die leider vielfach nachgeschrieben wurden,
u. a. von Buß, Die notwendige Reform des Unter-
richts u. der Erziehung der kath. Weltgeistlichkeit
Deutschlands, 1852); Irenäus Themistor, Die Bil-
dung u. Erziehung der Geistlichen nach kath.
Grundsätzen u. nach den Maigesetzen (1884; val.
dazu die Replik von Instinus Friedemann, 1884, u.
die Duplik von Themistor, 1884); Fr. A. Kraus,
Das Studium der Theologie sonst u. jetzt (21890);
Holzammer, Die Bildung des Klerus in kirchl. S.
oder an Staatsuniversitäten (1900); F. Heiner,
Theol. Fakultäten u. trident. S. (1900); derf.,
Nochmals theol. Fakultäten u. trident. S. (21901);
Siebengartner, Schriften u. Einrichtungen zur Bil-
dung der Geistlichen (1902); Merkle, Die Kon-
zilien von Trient u. die Universitäten (1905). Von
den vielen geschichtl. Darstellungen der einzelnen
S. mögen genannt werden: Kardinal Andr. Stein-
huber, Geschichte des Kollegium Germanikum Hun-
garikum (71906); Braun, Geschichte der Heranbil-
dung des Klerus in der Diözese Würzb. (1889 ff);
Zahlreiche Lit. s. bei Sägmüller, Lehrbuch des kath.
Kirchenrechts (21909) 191 A. 4.
[Hipler, rev. Heiner.]
nomes, tributpflichtiges Fürstentum anerkennen,
behielt aber noch Besatzungsrechte (bis 1867).
1838 gab Milosch eine Verfassung, die neben der
bereits bestehenden Volksvertretung (Skupschtina)
einen Senat einführte. 1839 dankte er ab; da
sein älterer Sohn Milan schon nach drei Wochen
starb, folgte ihm der jüngere, Michael, der 1842
wegen seiner Tyrannei und Unfähigkeit vertrieben
wurde. Die Skupschtina erklärte das Haus Obre-
nowitsch für abgesetzt und wählte Karageorgs
Sohn Alexander Karageorgewitsch. Wie Milosch,
lehnte auch Alexander sich an Österreich an und
schickte 1848 sogar ein Hilfskorps gegen Ungarn;
Rußland verlor sein Schutzrecht über die ortho-
doxen Balkanchristen im Pariser Frieden 1856,
bekam aber einen starken Einfluß durch die in
Serbien von dem Bund der Omladina verbreitete
panslawistische Bewegung. Seit 1848 regierte
Alexander ohne Volksvertretung, geriet aber immer
mehr in Zwist mit dem Senat und den Anhängern
Rußlands und wurde 1858 abgesetzt. Zum Für-
sten wurde der jetzt 78jährige Milosch gewählt.
Er starb 1860, sein Sohn Michael wurde 1868
ermordet, worauf die Skupschtina einen Groß-
neffen Miloschs, den damals 14jährigen Milan
Obrenowitsch, wählte.
Die Regentschaft, die 1868/72 für ihn regierte,
stand unter dem leitenden Einfluß Ristiks und gab