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Sklaverei.
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dem sich diese Mächte schon auf dem Wiener Kon-Dieser konnte erst einsetzen, nachdem in den Ver-
greß für die Sache interessiert hatten. Allein von
manchen Staaten wurden diese Verträge schlecht
gehalten, namentlich von Brasilien, Frankreich,
Portugal und den Vereinigten Staaten, und unter
der Flagge der letzteren, die sich der englischen
Kontrolle (Schiffdurchsuchung) nicht unterworfen,
ging der alte Handel fort, und die englischen
Kreuzer waren nicht imstande, viele Sklavenschiffe
aufzubringen. — Von England aus ist auch für die
Emanzipation der Sklaven mehr als ander-
wärts geschehen. Wilberforce trat zuerst dafür auf
im Jahr 1816, und vereint mit Buxton im Jahr
1823, zunächst ohne seine Vorschläge durchzusetzen.
Es wurden Versuche zur vorläufigen Bildung der
Neger gemacht, Pflanzstätten freier Neger und
Schulen angelegt. Allmählich gewann dann die
Überzeugung immer mehr Boden, daß durch die
Aufhebung der Sklaverei die Kolonien nicht nur
nicht verlieren, sondern bei der Lohnarbeit viel-
leicht noch gewinnen möchten, indem die Sklaven
teuer und träge sind, auch Hüter und andere Aus-
lagen notwendig machen und oft sogar die Plan-
tagen anzünden. Endlich im Jahr 1833 ging die
Aufhebungsbill im Parlament durch und erhielt
die königliche Sanktion am 25. Aug. 1833. Den
Sklavenbesitzern wurden 20 Mill. Pfund Ster-
ling zum Ersatz gegeben. Vom 1. Aug. 1834 an
waren nun alle Sklavenkinder unter 6 Jahren in
den englischen Kolonien frei. Die andern, alten
und jungen, wurden einer Lehrzeit unterworfen,
und auch sie sollten, die Haussklaven am 1. Aug.
1838, die Feldsklaven am 1. Aug. 1840, frei
werden. Nahezu an 6930005 Sklaven erlangten
so die Freiheit. Auch die französischen Kolonien
konnten nicht zurückbleiben, ebenso folgte Mexiko.
Dagegen nahm die Unfreiheit in den Südstaaten
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einigten Staaten die Nordstaaten politisch das
Übergewicht über die Südstaaten erlangt hatten,
was 1860 durch den Wahlsieg der republikanischen
oder Freibodenpartei eintrat. Die Folge war der
Bürgerkrieg, worin die Südstaaten unterlagen,
nach dessen Beendigung 1865 die schon zwei Jahre
vorher gesetzlich ausgesprochene Emanzipation
durchgeführt werden konnte. Hieran schloß sich
1871 die Emanzipation in Brasilien, in Kuba usw.
an, so daß in Amerika die Sklaverei gesetzlich nir-
gends mehr besteht. Das Jahr 1876 brachte für
die Türkei, das Jahr 1877 für Agypten und
Madagaskar das gesetzliche Ende.
Doch dauerte der Sklavenhandel immer noch
sort in einem großen Teil Asiens, namentlich aber
in Afrika. Die Araber betrieben in schamloser
Weise die Menschenjagden und den Menschen-
handel. Nach der Schätzung des Kardinals Lavi-
gerie verloren dabei jährlich 2 Mill. Menschen
das Leben. Auf einen einzigen Mann, der seinen
Bestimmungsort erreicht, kamen durchschnittlich
fünf Opfer. Vor der Erschließung Afrikas konnten
die europäischen Staaten hier nicht viel tun, sie
kamen nicht hinaus über den 1841 geschlossenen
Quintupelvertrag zwischen England, Osterreich,
Preußen und Rußland mit dem gegenseitigen
Untersuchungsrecht, in den 1879 an Stelle Preu-
ßens das Deutsche Reich eintrat. Frankreich blieb
abseits. Einen Schritt weiter bedeuteten die Kongo-
akte von 1885, zu denen sich 14 Staaten be-
kannten. Darin verpflichteten sich die Signatar-
mächte, die Kongogebiete weder als Markt noch
als Durchgangsstraße für den Sklavenhandel be-
nutzen zu lassen. Um die Sklavenausfuhr aus
Deutsch-Ostafrika zu bekämpfen, erklärten Deutsch-
land und England 1888 die Küstenlinie des Sul-
von Nordamerika eher noch zu, so daß hier im Jahr tanats von Sansibar in Blockadezustand. Auch
1860 auf 5 ½ Mill. Freie 3⅛½ Mill. Sklaven
kamen, während in den Nordstaaten unter beinahe
3 Mill. kaum ½ Mill. Sklaven sich befanden.
Zur Entschuldigung muß allerdings angeführt
werden, daß in den Südstaaten die wirtschaftlichen
Verhältnisse ganz anders lagen. Der hier herr-
schende Plantagenbau in Baumwoll-, Tabak= und
Zuckerkultur schien der unfreien Arbeiter kaum ent-
behren zu können. Die Gründe waren ähnliche
wie die, womit in Deutschland die ostelbischen
Großgrundbesitzer die Beibehaltung der Hörigkeit
lange Zeit rechtfertigten und vom Staat sogar
gesetzliche Bindung der Landarbeiter verlangten.
Die Steigerung der Produktion machte eine immer
stärkere Zufuhr von Arbeitskräften notwendig. So
wurden in den Südstaaten alljährlich 200 000
neue Sklaven eingeführt, während ein Jahrhun-
dert früher die Hälfte genügt hatte. Gegen diese
gewaltige Knechtschaft halfen alle humanen und
religiösen Einzelbestrebungen nicht viel. Wohl er-
hoben Dichter und Staatsmänner, vor allem aber
Papst Gregor XVI., ihre Stimme (1839); aber
durchgreifend konnte nur gesetzlicher Zwang wirken.
Portugal und Italien schlossen sich auf ihren Ge-
bieten der Blockade an. Die Versäumnisse der fran-
zösischen Regierung in dieser Hinsicht wurden
doppelt wett gemacht durch die Bemühungen des
Kardinals Lavigerie, der 1888 in Paris, London,
Brüssel und Lissabon Vorträge hielt und zum
Kreuzzug gegen den Menschenraub aufrief. Auf
seine Anregung hin brachte die Zentrumsfraktion
des deutschen Reichstags die Resolution Windt-
horst gegen den Negerhandel und die Sklaven-
jagden ein, die auch Annahme fand. Auch ge-
nehmigte der Reichstag die Expedition Wissmann
nach Ostafrika, die die Bekämpfung des Sklaven-
handels in Aussicht nahm. In weit umfassenderem
Maß beschäftigte sich mit der Frage der große
Antisklavereikongreß zu Brüssel vom 18. Nov. 1889
bis 2. Juli 1890, an dem 17 Staaten teilnahmen,
darunter auch der Sultan von Sansibar und der
Schah von Persien. Der Kongreß nahm folgende
Maßregeln zur Bekämpfung des Sklavenhandels
in Aussicht: Strenges Durchsuchungsrecht aller
verdächtigen Schiffe, Schaffung von festen mili-
tärischen Stationen im Innern zum Schutz der