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verlangt und die Vernünftigkeit und Durchführ-
barkeit einer solchen Organisation nachzuweisen
sucht. Der Sozialismus ist nur eine Form des
Kommunismus. Jeder Kommunismus will irgend-
wie Gemeineigentum (communio bonorum) und
Gemeinwirtschaft einführen. Von den andern
kommunistischen Systemen unterscheidet sich der
Sozialismus dadurch, daß er das Eigentum
(wenigstens an den Produktivgütern) nicht auf
die einzelnen selbständig wirtschaftenden Gemein=
den oder genossenschaftlichen Verbände, sondern
auf die ganze Gesellschaft — etwa im Umfang
der heutigen Staaten — übertragen und die Pro-
duktion durch die ganze Gesellschaft planmäßig
regeln will. Man gebraucht zwar das Wort So-
zialismus zuweilen auch in andern Bedeutungen,
aber immer mit einem Zusatz. So redet man
von Munizipalsozialismus (Gemeindekommunis-
mus), Genossenschaftssozialismus. Agrarsozialis=
mus heißt das System, das nur Grund und Boden
in irgend einer Form verstaatlichen oder nationali-
sieren will. Ist aber von Sozialismus einfachhin
und ohne Zusatzdie Rede, so versteht man darunter
nach dem herrschenden Sprachgebrauch immer nur
den oben gekennzeichneten, staatlich zentralisierten
Sozialismus. Jene Systeme, die das Privateigen-
tum im wesentlichen erhalten wollen und nur ein
energisches Eingreifen der Staatsgewalt zugunsten
der unbemittelten Volksschichten fordern, dürfen
nicht als sozialistisch bezeichnet werden. Es ist
deshalb ein verwirrender Mißbrauch der Sprache,
von katholischem, evangelischem, konservativem usw.
Sozialismus zu reden.
Wenn auch sein Name erst im letzten Jahrhun-
dert in Frankreich in Aufnahme gekommen, ist der
Sozialismus doch schon eine alte Theorie. Die-
selbe fand trotz ihrer Haltlosigkeit, welche leiden-
schaftslosen und klaren Denkern nicht verborgen
bleiben konnte, immer wieder Anhänger, weil sie
niemals durch einen in größerem Stil unter-
nommenen Versuch zu ihrer Durchführung in
augenfälliger Weise ad absurdum geführt wurde.
An kleineren Unternehmungen zur Verwirklichung
solcher Ideen hat es freilich in den meisten Peri-
oden der geschichtlichen Entwicklung nicht gefehlt.
Schon das griechische Altertum hatte sozialistische
Versuche und sozialistische Theorien aufzuweisen,
die freilich weit hinter dem zurückstehen, was der
moderne Sozialismus als sein Ideal aufstellt und
für durchführbar erklärt. Die Verfassung Spartas
bietet kommunistische Charakterzüge dar. Schon
nach der Lykurgischen Verfassung mußte jeder
Spartiate, der das 20. Jahr vollendet hatte, sich
einer Zeltgenossenschaft anschließen und sich da-
zu bequemen, mit seinen Genossen gemeinsam seine
Mahlzeiten einzunehmen; doch mußte jeder Ge-
nosse seinen Anteil zur Mahlzeit mitbringen. Eine
spätere Verfassungsreform bildete dann diesen auf
die Gemeinschaftlichkeit der Lebensweise gerichteten
Zug noch weiter aus. Die Söhne der Spartiaten-
familien mußten mit dem siebten Jahr das Eltern-
Sozialismus.
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haus verlassen, um gemeinsam mit den übrigen
Knaben und Jünglingen dieses Stamms erzogen
zu werden. Sie lebten in gemeinsamen Wohn-
räumen, wurden streng überwacht, dürftig ernährt
und zu kriegerischer Tüchtigkeit herangebildet.
Aber auch das war den Gesetzgebern noch nicht
genügend. Sie bestimmten vielmehr auch, daß
niemand sich weigern dürfe, eine Frau zu nehmen,
und trennten die kinderlosen Ehen. Auch die
Mädchen mußten sich gymnastischen Ubungen
unterziehen. Wie man sieht, trug also die sparta-
nische Verfassung ein gewisses kommunistisches Ge-
präge. Aber gerade das am meisten charakteristische
Merkmal der sozialistischen Organisationsform,
die Verstaatlichung der Produktionsmittel und der
Produktion, fehlte, und zudem bezog sich die so-
eben geschilderte Gemeinschaftlichkeit des Lebens
nur auf den herrschenden Stamm; die unter-
worfenen Bewohner des Landes und die Heloten
waren von derselben ausgeschlossen.
Ebensowenig wie die Praxis des spartanischen
Staats, die bis zur Zeit seines Verfalls in Ubung
stand, kann das theoretische Staatsideal, welches
uns Plato in seiner llo)### hinterlassen hat,
als ein streng sozialistisches bezeichnet werden. Er
verlangte allerdings, daß der Kriegerstand und der
Herrscherstand der Philosophen, die sog. Wächter,
auf die Einzelehe verzichten und sich zur Weiber-
gemeinschaft entschließen, sowie auch, daß sie dem
Privateigentum entsagen sollten. Dagegen wird
von ihm der Stand der Produzenten, welcher den
beiden obern Ständen die Unterhaltsmittel zu ver-
schaffen hat, zwar der politischen Befugnisse be-
raubt, aber auch von den eigentlichen sozialistischen
Experimenten verschont. Von einer sozialistischen
Organisation der Produktion im heutigen Sinn
ist daher auch in Platos Zukunftsstaat nicht die
ede.
Ganz mit Unrecht wird auf die ersten Chri-
sten und auf die jüdische Sekte der Essener als
auf Beispiele sozialistischer Organisationen hin-
gewiesen. Die letzteren sind vielmehr als eine Art
von Vorläufern des christlichen Mönchtums zu
betrachten. Ebensowenig wie dieses kann ihre In-
stitution als etwas dem Sozialismus auch nur
wesentlich Verwandtes angesehen werden. Beide
beruhen ja auf freiem Entschluß und vereinigen
eine Anzahl von gleichgesinnten Menschen, welche
in der Regel eine kleine Elite unter den übrigen
Individuen bilden, zu einem idealen, geistlichen
Leben, dessen Endzweck Heiligung und Enthalt-
samkeit ist. Nur in gewissen Orden und Zeiten
treten die Mitglieder zugleich selbst Güter produ-
zierend auf. Meist leben sie von Almosen oder
vom Ertrag ihrer durch Laien, wenn auch unter
Aufsicht von einzelnen Ordensgenossen, bewirt-
schafteten Güter, wenn ihr Vermögen nicht in
Wertpapieren oder in Schuldtiteln verschiedener
Art besteht. Von einer zwangsweisen Organisation
der Gütererzeugung und -verteilung, wie sie der
Sozialismus bezüglich der Gesamtheit der Be-