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Maßnahmen sind zu nennen die Bestimmungen des
Handelsgesetzbuchs vom 10. Mai 1897, welche
allen Angestellten zivilrechtlichen Schutz gegen die
gesundheitliche und sittliche Gefährdung gewähren
sollen, der Gew. O. für Gehilfen und Lehrlinge
in offenen Verkaufsstellen und dazu gehörigen
Kontoren, das Gesetz vom 6. Juli 1904 betr. die
Kaufmannsgerichte. Im übrigen kommen die
Wünsche der Angestellten betr. eines weiteren Aus-
baus der sozialpolitischen Gesetzgebung zum Aus-
druck in einem sog. Privatbeamtenprogramm,
das seinerzeit das Zentrum aufgestellt hat und
über dasselbe hinaus weite Beachtung und Zu-
stimmung gefunden hat. In demselben wird be-
züglich der Privatbeamten allgemein verlangt:
Ausdehnung der Erhebungen der Kommission für
Arbeiterstatistik auf die Verhältnisse aller Privat-
beamten; Errichtung von Ausschüssen der Privat-
beamten in größeren Betrieben; Vertretung der
Privatbeamten in den zu schaffenden Arbeitskam-
mern; Schaffung einer gesetzlichen Aufsicht über
die Durchführung der Schutzbestimmungen zu-
gunsten der Privatbeamten (Handelsinspektoren);
Ausdehnung der Kranken= und Unfallversicherung
auf Privatbeamte in angemessenen Grenzen; Ein-
führung einer staatlichen Pensions= und Hinter-
bliebenenversicherung für Privatbeamte; Sicherung
der Dienstkautionen der Privatbeamten im Kon-
kurs des Arbeitgebers. Bezüglich der technischen
Angestellten im besondern wird gewünscht: Recht-
liche Gleichstellung der technischen Angestellten mit
den kaufmännischen Angestellten insbesondere in
Bezug auf die obligatorische Zahlung des Gehalts
am Monatsschluß, die Fortzahlung des Gehalts
bei militärischen Ubungen bis zur Dauer von acht
Wochen, das Verbot der Abzüge vom Gehalt hin-
sichtlich der Beiträge aus einer Kranken= oder Un-
fallversicherung, die Ausstellung des Dienstzeug-
nisses schon bei Kündigung des Dienstverhältnisses,
die Konkurrenzklausel; Gewährung angemessener
Ruhezeiten, insbesondere der Sonntagsruhe in er-
höhtem Maß; Ausdehnung der Zuständigkeit der
Gewerbe= oder Kaufmannsgerichte auf die techni-
schen Angestellten; Anwendung der vorstehenden
Bestimmungen auf die technischen Angestellten in
landwirtschaftlichen Nebenbetrieben, im Verkehrs-
gewerbe und im Bergbau.
Mit dem Schutz und der Förderung einzelner
Berufsklassen und Erwerbsstände sind jedoch die
Aufgaben der sozialpolitischen Gesetzgebung nicht
erschöpft, es handelt sich um die wirtschaftliche,
soziale und kulturelle Hebung der breiten
Schichten des Volks überhaupt. Do istz. B.
an das weite Gebiet der Wohnungsfrage und Ge-
sundheitspflege zu erinnern. Verschiedene deutsche
Einzelstaaten, vor allem Hessen, ferner Preußen,
Bayern, Sachsen, Württemberg u. a., haben schon
den Weg der Gesetzgebung betreten durch Reformen
der Bauordnungen, Schaffung von Wohnungs-
inspektionen, Bereitstellung von staatlichen Bau-
geldern u. dgl., und die Reichsgesetzgebung, welche
Sozialpolitik.
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unbeschadet der einzelstaatlichen Rechte auf diesem
Gebiet ebenfalls wichtige Aufgaben zu erfüllen hat,
wird auf die Dauer nicht zurückbleiben können.
Parlamentarische Anläufe hierzu sind schon wieder-
holt gemacht worden. Es ist ferner namentlich
daran zu erinnern, wie fast bei allen neueren ge-
setzgeberischen Aktionen, auch bei solchen, die nicht
in erster Linie und ausschließlich sozialpolitischen
Erwägungen ihre Entstehung verdanken, letztere
doch mehr und mehr herangezogen werden und
vielfach auch in erheblichem Maß Berücksichtigung
gefunden haben, so in der Steuergesetzgebung
G. B. Kinderprivileg bei der preußischen Ein-
kommensteuer) und bei Schaffung eines neuen
bürgerlichen Rechts.
Was die Zukunftsaussichten der sozial-
politischen Gesetzgebung speziell in Deutschland
anlangt, so mögen die weiteren Fortschritte viel-
leicht mitunter die wünschenswerte Stetigkeit ver-
missen lassen, die entgegenstehenden Schwierig-=
keiten mögen größere oder geringere Stockungen
verursachen, aber ein völliger Stillstand oder gar
Rückschritt ist doch, nachdem einmal in der Sozial-
politik ein Anfang gemacht ist, kaum zu befürch-
ten. „Man kann in der Sozialpolitik nicht plötz-
lich ein Halt rufen und eine Grenze setzen, die
nicht überschritten werden darf. Ist einmal ein
Gebiet einer Reglung unterzogen, so melden sich
die Bedürfnisse der Nachbargebiete mit stürmischem
Heischen nach Befriedigung. Die ganze Geschichte
der Sozialpolitik bezeugt diese Wahrheit. Es
können Pausen, wirkliche und scheinbare Rückwärts-
bewegungen und jähe Unterbrechungen eintreten;
hat die Sozialreform aber einmal im Boden eines
Volks Wurzel geschlagen, so wächst sie trotz aller
Widerstände. Gelehrte von reichem Wissen
und warmem Herzen haben die Saat gestreut,
Philanthropen und kluge Geschäftsleute traten
ihnen bei, aus den Massen trieben ungestüme
Forderungen hervor, der größte Staatsmann des
Jahrhunderts, Fürst Bismarck, trat mit der ganzen
Wucht seiner übermächtigen Persönlichkeit in die
sozialpolitischen Schranken (nur auf dem Gebiet
der Arbeiterversicherung, s. oben), im Reichstag
bekannten sich große Parteien, unter Vorantritt
des Zentrums, immer offener zur Sozialreform,
Kaiser Wilhelm II. erhob ihr Banner mit starker
Hand, und jetzt gestehen sich, im Prinzip wenig-
stens, fast alle Parteien, Stände und Klassen die
Notwendigkeit ein, die Massen wirtschaftlich, sitt-
lich, geistig auf ein höheres Niveau zu erheben.
Im Einzelfall freilich regen sich noch Widerstand
und Verstocktheit; noch ist die hemmende Macht
des feudalen Unternehmertums gewaltig. Aber
die Tatsache, daß Deutschland trotz aller Lasten,
die Arbeiterversicherung und Arbeiterschutz auf-
erlegen, einen wirtschaftlichen Aufschwung ohne-
gleichen erlebt hat, ist doch vom tiefsten Eindruck
gewesen. Die öffentliche Meinung ist heutzutage
eine Bundesgenossin der Sozialreform, und was
noch vor zehn Jahren kaum denkbar gewesen wäre,