Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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sätzlich können Gegenstand der Petitionen alle 
öffentlichen Angelegenheiten sein, welche zur Zu- 
ständigkeit derjenigen Behörden gehören, an welche 
die Petitionen gerichtet sind. An dem Umfang 
des Machtbereichs dieser Behörde findet auch der 
Inhalt der an die Volksvertretungen gerichteten 
und von denselben ausgehenden Petitionen seine 
Schranken. Das Petitionsrecht des Reichstags ist 
im Art. 23 der Verfassung auf die zur Kompetenz 
des Reichs gehörigen Angelegenheiten beschränkt. 
Daraus folgt, daß Petitionen, deren Inhalt sich 
auf andere als zur Zuständigkeit des Reichs ge- 
hörige Gegenstände bezieht, weder an den Reichs- 
tag gerichtet noch von diesem dem Bundesrat 
resp. Reichskanzler überwiesen werden können. 
Beschwerden gegen Reichsbeamte gehören gleich- 
falls zur Zuständigkeit des Reichstags. Die Volks- 
vertretungen in den Bundesstaaten sind gesetzliche 
Organe für die Gesamtheit der Staatsangehörigen. 
Als solche sind sie berufen, den Staatsregierungen 
gegenüber die Rechte sowohl der einzelnen Staats- 
angehörigen als der Gesamtheit derselben geltend 
zu machen. Da dieselben ferner das allgemeine 
Wohl von Fürst und Volk im Rahmen der Ver- 
fassung zu fördern haben, so muß der einzelne 
Staatsangehörige die Befugnis haben, seine Ver- 
treter auf alle Mängel und Mißbräuche in der Ge- 
setzgebung, Staatsverwaltung und Rechtspflegeauf- 
merksam zu machen. Die Ansicht, daß das Peti- 
tionsrecht sowohl der Stände als des Volks auf 
die Bemänglung bestimmter Zustände und Inter- 
essen, einer bestimmten Regierungstätigkeit unter 
Ausschluß der Einwirkung auf den allgemeinen 
Plan der Regierungstätigkeit sowie der Einwir- 
kung auf die Verfassung zu beschränken sei, ist 
irrig. Die Volksvertretungen der Bundesstaaten 
können sich auch mit den zur Kompetenz des Reichs 
gehörigen Angelegenheiten beschäftigen, allerdings 
nur in der Richtung, daß sie die Regierung ihres 
Staats ersuchen, im Sinn der Petition beim 
Bundesrat tätig zu sein. 
Form ungd geschäftliche Behandlung der Peti- 
tionen sind durch die Verfassungen der einzelnen 
Staaten und die Geschäftsordnungen der einzelnen 
Ständeversammlungem verschieden geregelt. Regel- 
mäßig kann eine Bitte jederzeit und in jeder Weise 
schriftlich gestellt oder so oft wiederholt werden, 
bis sie Erhörung gefunden hat. Im Interesse des 
Petenten liegt eine klare Sachdarstellung und 
richtige Formulierung des Petitums und die 
Unterstützung der tatsächlichen Behauptungen durch 
Beifügung etwaiger Beweisstücke. Selbstverständ- 
lich bleibt der Bittsteller für das von ihm bei 
Geltendmachung des Petitionsrechts begangene 
Unrecht den Strafgesetzen gegenüber verantwortlich. 
In Petitionen an die Volksvertretungen kann die 
Bitte dahin gehen, entweder die Petition der 
Staatsregierung zur Berücksichtigung zu über- 
weisen oder bestimmten Anträgen der Regierung 
oder einzelner Volksvertreter die Zustimmung zu 
versagen. In Preußen müssen Petitionen der 
Petitionsrecht. 
  
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Kreis= und Provinzialstände erkennen lassen, daß 
sie auf den Kreistagen oder Provinziallandtagen 
selbst beraten, abgefaßt und von den einzelnen 
Mitgliedern vollzogen worden sind. Die Beschluß- 
fassung selbst setzt voraus, daß bei der Zusammen- 
berufung der Mitglieder bemerkt wird, daß eine 
Petition und welche in Vorschlag gebracht werden 
soll. Beschwerden enthaltende Petitionen einzelner 
Staatsbürger über Verletzung individueller Rechte 
oder verfassungsmäßiger Gerechtsame durch das 
Verfahren einer Behörde können von der Volksver- 
tretung nur berücksichtigt werden, wenn der Bescheid 
der Zentralinstanz der Petition beiliegt. Wird nicht 
die erfolgte Verfolgung des Instanzenzugs dar- 
getan, so sind die Petitionen aus diesem Grund 
unerörtert zurückzuweisen. In den deutschen 
Staaten ist den Volksvertretungen nur gestattet, 
schriftlich eingereichte Petitionen anzunehmen. 
Niemand darf den Kammern oder einer derselben 
in Person eine Bittschrift oder Adresse überreichen. 
Die Adresse ist von der Petition dadurch unter- 
schieden, daß sie eine Bitte nicht zu enthalten 
braucht. Die Kammern können Deputationen von 
Körperschaften nicht empfangen; nur in Bayern 
können den Städten Petitionen durch eine Ab- 
ordnung von höchstens zehn Personen überbracht 
werden. 
Die deutsche Reichs verfassung enthält über die 
Form der Petitionen keine Bestimmungen; deren 
Schriftlichkeit ist jedoch aus den Worten „die an 
den Reichstag gerichteten Petitionen“ zu folgern. 
Die Überreichung erfolgt regelmäßig durch Über- 
sendung der Post oder durch Vermittlung eines 
Reichstagsmitglieds. Nur in deutscher Sprache 
abgefaßte oder mit einer deutschen Ubersetzung be- 
gleitete, in fremder Sprache abgefaßte Petitionen 
haben Anspruch auf Berücksichtigung. Die ein- 
gegangenen Petitionen werden der Petitions- 
kommission oder der Kommission für den 
Reichshaushaltsetat, die Geschäftsordnung und 
Wahlprüfung oder der für eine Vorlage gewähl- 
ten Kommission abgegeben. Petitionen, welche 
mit einem Gegenstand in Verbindung stehen, 
welcher bereits einer Kommission überwiesen ist, 
können dieser Kommission durch Verfügung des 
Reichstagspräsidenten überwiesen werden; ist aber 
die Petition bereits an die Petitionskommission 
abgegeben, so kann die Uberweisung nur auf deren 
Antrag erfolgen. Der Inhalt der eingegangenen 
Petitionen ist von den Kommissionen allwöchent- 
lich durch eine in tabellarischer Form zu fertigende 
Zusammenstellung zur Kenntnis der einzelnen 
Mitglieder des Reichstags zu bringen. Die 
Reihenfolge, in welcher die der Kommission zu- 
gewiesenen Petitionen in dieser zur Verhandlung 
kommen sollen, wird durch deren Vorsitzenden be- 
stimmt. Derselbe hat von dem Gegenstand der 
jedesmaligen Verhandlungen dem Reichskanzler 
Kenntnis zu geben, damit dieser den Bundesrat 
bei der Beratung der Petition vertreten lassen 
kann. Denn die Mitglieder des Bundesrats und
	        
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