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und Abgaben, der Mangel an tüchtigen Arbeits-
kräften, an ausreichenden Verkehrswegen, das
Pachtsystem, hohe Wucherzinsen, die rückständige
Wirtschaftsweise und anderes brachten es dahin,
daß weite Strecken anbaufähigen Landes in allen
Provinzen brach daliegen. Von der Bodenfläche
find 20,4% unproduktiv, 39% angebaut, 19,7%
Weide und Steppe, 20,8% Wald (einschließlich
des Monte bajo oder immergrünen Buschwalds).
Der Boden ist unter eine sehr große Zahl von
Besitzern verteilt; von den 3 426 083 Betrieben,
die der Grundsteuer unterliegen, zahlen 624920:
1/10 Realen, 511 666: 10/20, 642377: 20
bis 40, 788 184: 40/100. 416 546: 100
bis 200, 165 202: 200/500. 279188 mehr
als 500 Realen. Für die künstliche Bewässerung
sind zwar großartige Anlagen, schon seit der ara-
bischen Zeit, geschaffen worden (besonders bei Va-
lencia, Murcia, Granada, Malaga usw.), doch
wäre sie noch einer großen Entwicklung fähig. Die
Bodenprodukte sind sehr mannigfaltig; in den
Randgebieten am Mittelmeer gedeihen Zuckerrohr,
Reis, Mais, Weizen, Flachs, Hanf, Erdnüsse,
Luzerne, Baumwolle, Gemüse, besonders Bohnen,
Kichererbsen, Melonen, Zwiebeln, Tomaten, ferner
Apfelsinen, Limonen, Feigen, Oliven, Johannis-
brot, Maulbeerbäume, Granatäpfel, stellenweise
auch Dattelpalmen und Mandelbäume. Auf dem
weiten Tafelland werden besonders Weizen, Gerste
und Hülsenfrüchte gebaut, der ganze Nordrand des
Landes hat ausgedehnten Wiesenbau, sowie die
Kultur von Mais, Hirse, Roggen, Buchweizen
und mitteleuropäischen Fruchtbäumen. In großem
Maßstab wird der Weinbau betrieben; berühmt
sind die Weine von Malaga und Jeres de la
Frontera, von Reus und Tarragona, der Valde-
pe##s aus der Mancha, die von Benicarlo (Va-
lencia), Alicante, Navarra, Biscaya usw. Die
Ernte betrug 1909: 3699 800 t Weizen. 1908:
1490 900# Gerste, 661900 t Roggen, 401600t
Haser 5027200 t Mais. 1909: 103 800 t
ichererbsen, 165 240 t Riff= oder Saubohnen,
15720 t Erbsen, 130 900 t weiße Bohnen,
93 830 t Johannisbrot, 1398 300 t Oliven
(1394858 ha mit Olbäumenbestanden), aus denen
2396600 t Ol gewonnen wurde, 14716207 hI
Weinmost (mit Reben bestandene Fläche 1296846
ha; die Phylloxera hat in den letzten Jahren
großen Schaden angerichtet).
Die Viehzucht könnte einen größeren Um-
fang besitzen, als sie wirklich hat. Der Norden mit
seinen großen Wiesenflächen ist das Gebiet vor-
wiegender Rinderzucht nach mitteleuropäischer Art
zur Erzielung von Fleisch, Milch, Butter und
Käse, die übrigen Landesteile das vorwiegender
Schaf= und Pferdezucht. Die Schafzucht ist aller-
dings im Rückgang begriffen; die für Spanien
charakteristischen Wanderungen großer Schafher-
den, die früher auf altgewohnten bis 50 m breiten
Triftwegen von Norden nach Süden und von
Osten nach Westen in die Winterweiden nach An-
Staatslexikon. IV. 3. u. 4. Aufl.
Spanien.
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dalusien und in die Mancha zogen („Transhu-
manz“), vollzieht sich jetzt größtenteils auf der
Eisenbahn in eignen Transportwagen nach be-
sonderem Tarif. Die Schweinezucht ist namentlich
im Südwesten zu Hause (berühmt die Schinken
von Badajoz), die Ziegen-, Bienen-, Esel= und
Maultierzucht im Süden, die Pferdezucht in Nieder-
Andalusien. Eigenartig ist die Zucht von Kampf-
stieren für die nationalen Stiergefechte. 1907 gab
es an 451.000 Pferde, 1 584 400 Maultiere und
Esel, 2212 000 Rinder, 13727 900 Schafe,
2807900 Ziegen, 2 031 100 Schweine.
Die durch Raubwirtschaft, Abbrennen, Ziegen-
fraß, planlosen Forstbetrieb usw. in ihren Bestän-
den zurückgegangenen Wälder (ohne den Busch-
wald nur 7,8%% der Landesfläche) können den
eignen Holzbedarf nicht decken. Etwa ½ ist
Staatswald, 3⅜. Gemeinde-= oder Privatwald. In
den Nadelwäldern des Innern herrscht die Kiefer
vor; von Laubhölzern finden sich außer Eichen,
Rotbuchen, Rüstern namentlich im Süden und
Osten die Kastanie und der Olbaum (in Anda-
lusien ganze Wälder, wie in Italien). Am holz-
reichsten ist Katalonien: Kastanien, Walnußbäume
und Korkeichen; letztere liefern außer dem Korkholz
in ihren Basten trefflichen Gerbstoff, in dem Ast-
holz ebenso treffliches Kohlenmaterial. Bedeutend
ist auch die Ausfuhr von Maronen. — Die Jagd
ist frei; von einem Hochwildbestand kann deshalb
kaum die Rede sein.
Die Fischerei, die durch die große Zahl
sicherer Buchten und die Beständigkeit der Wind-
richtungen im Sommer erleichtert ist, wird lebhaft
betrieben; die Zahl der Fischerboote beträgt an
14 700, der Fischer an 67.000, der jährliche Er-
trag an 30 Mill. M. Die Hauptwerte liefern
Thunfische, Sardellen, Sardinen, Lachse, Tinten-
fische, Krebstiere, Austern, Muscheln u. dgl.; an
der Küste von Andalusien wird auch die Korallen-
fischerei betrieben.
Der Bergbau wurde in Spanien bereits von
den Phöniziern und Karthagern, in großem Stil
erst von den Römern betrieben. Nach der Ent-
deckung Amerikas kam der heimische Bergbau fast
zum Erliegen, und er ist erst wieder in der Neu-
zeit, meist mit fremdem (besonders belgischem und
englischem) Kapital und durch fremden Unter-
nehmungsgeist zur Blüte gelangt. Sehr große
Bodenschätze werden aber noch ungenügend aus-
gebeutet; zwar sind an 24000 Minenkonzessionen
vergeben, doch fehlt es an Geld, um sie auszu-
beuten. Unter den Mineralschätzen stehen nach einem
Bericht der spanischen Generalsteuerdirektion für
1908 bei weitem an erster Stelle Eisen, Schwefel-
kies und Blei, denen sich an zweiter Stelle Zink
und Kupfer anschließen. Eisen kommt vorzugs-
weise aus den Provinzen Biscaya und Santander,
sowie aus Almeria, Murcia und Lugo; von 14357
vorhandenen Minen mit 336086 ha Grundfläche
waren 1908: 592 Minen mit 9864 ha im Be-
trieb. Schwefelkies wird fast ausschließlich in
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