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des Bundesstaats, in welchem sie ihren Sitz hat,
zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet er-
klärt“" sei. Dazu hat Art. 75 des Preuß. Ausf.=
Ges. zum B.G.B. bestimmt, daß die in Preußen
bestehenden öffentlichen Sparkassen durch den Re-
gierungspräsidenten im Einvernehmen mit dem
Landgerichtspräsidenten zur Anlegung von Mün-
delgeld für geeignet erklärt werden könnten. Die
Erklärung könne zurückgenommen werden. Der-
selbe Artikel bestimmt weiter, daß zur Abhebung
von einem vor dem Inkrafttreten des B. G. B.
außer Kurs gesetzten Sparkassenbuch die Genehmi-
gung des Gegenvormunds oder des Vormund-
schaftsgerichts erforderlich sei. — Eine weitere für
die Sparkassen wichtige Vorschrift enthält 8 248
B. G. B., insofern als er unter anderem für die
Sparkassen eine Ausnahme von dem Verbot des
Zinseszinses macht, und ihnen die Befugnis gibt,
im voraus zu vereinbaren, daß nicht erhobene
Zinsen von Einlagen als neue verzinsliche Ein-
lagen gelten sollten. — Endlich sind für das Spar-
kassenwesen wichtig noch die Bestimmungen der
§§ 1003 ff Z. P.O. über dos Aufgebot verloren
gegangener Urkunden zum Zweck der Kraftlos-
erklärung. — Eine Ausnahmevorschrift für Spar-
kassen, die durch staatliche Verleihung Rechts-
fähigkeit erlangt haben, enthält Art. 7, 8 1, Abs.
3 des Preuß. Auef. Ges. zum B. G. B., sie können
ein von ihnen beliehenes Grundstück im Zwangs-
versteigerungsverfahren ohne die sonst für den Er-
werb von Grundstücken durch juristische Personen
vorgeschriebene Genehmigung der Aufsichtsbehörde
erwerben. Für die öffentlichen Sparkassen der Ge-
meinden fehlt diese Bestimmung als überflüssig;
ihr Vermögen ist Eigentum der Garantiegemein-
den und, da diese beim Ankauf von Grundstücken
unbeschränkt sind, sind es ohne weiteres auch ihre
Sparkassen. Für alle Sparkassen gilt aber wieder
die Bestimmung des Art. 9 des Preuß. Ausf.Ges.
um Zwangsversteigerungsgesetz, wonach bei der
Zwangsversteigerung für ein Gebot einer Ge-
meinde, einer städtischen Kreditanstalt oder einer
öffentlichen Sparkasse Sicherheitsleistung nicht ver-
langt werden kann.
IV. Die Rechtsstellung der Sparkassen ist je
nach dem Landesrecht verschieden. In Preußen
sind die auf Grund des Reglements vom 12. Dez.
1838 gegründeten Sparkassen, die entweder für
Rechnung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts
betrieben werden, oder für deren Verbindlichkeiten
eine solche Körperschaft die Haftung übernommen
hat, Anstalten des öffentlichen Rechts (Ministerial-
Erlaß vom 27. Juli 1900, Ministerial-Bl. S. 225);
eigne juristische Persönlichkeit besitzen sie jedoch
nicht, soweit sie ihnen nicht nach Maßgabe der
Vorschriften des öffentlichen Rechts durch Aller-
höchsten Erlaß beigelegt ist (Min.-Erlaß vom
25. Mai 1901, vgl. v. Brauchitsch Bd 1II 767);
werden sie von einem Zweckverband betrieben, so
können ihnen nach 88 128 f der Landgemeinde-
ordnung nur die Rechte öffentlicher Körperschaften
Sparkassen.
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verliehen werden. Die Verwaltung der Sparkasse
führt regelmäßig ein unter der Aufsicht des Ge-
meindevorstands stehendes Sparkassenkuratorium,
das in allen Sparkassensachen der gesetzliche Ver-
treter der Gemeinde ist. Seine Mitglieder, die
regelmäßig ehrenamtlich tätig sind, und deren
Zahl je nach der Größe der Sparkasse verschieden
ist, sind als öffentliche Beamte zu betrachten,
woraus sich unter anderem ergibt, daß in Grund-
buchsachen eine gerichtliche oder notarielle Beglau-
bigung ihrer Unterschriften nicht nötig ist, sobald
ihnen das Sparkassensiegel beigedrückt ist. — Die
Beamten der Sparkasse werden regelmäßig als
Beamte der Stadt angestellt. Sie können aber
auch, wo durch Ortsstatut von der Ermächtigung
des § 8, Abs. 2 des Gesetzes „betr. die Anstellung
und Versorgung der Kommunalbeamten“ vom
30. Juli 1899 Gebrauch gemacht und die Spar-
kasse den Betriebsverwaltungen zugerechnet ist,
durch Dienstvertrag oder als Beamte auf Zeit,
auf Kündigung oder lebenslänglich angestellt wer-
den. Ihre Befugnisse sind jeweils durch die Satzung
geregelt. — Die Sparkassen unterstehen in ihrer
ganzen Betätigung der Aufsicht durch die gleichen
Behörden wie die Garantieverbände selbst. Be-
sonders vorgeschriebene Genehmigungen erteilt der
Regierungspräsident, in Berlin der Oberpräsident.
Versagt er sie, so bedarf er der Zustimmung des
Bezirksausschusses (§ 53 des Zuständigkeitsgesetzes
vom 1. Aug. 1883) oder des Provinzialrats. Der
Oberpräsident erhält auch jährliche Nachweisungen
über den Geschäftsbetrieb und die Ergebnisse der
Sparkassen, die dann für die ganze Monarchie zu-
sammengestellt werden und wertvolle Unterlagen
für die Prüfung der verschiedensten Fragen des
Sparkassenwesens darbieten.
Das Vermögen der Sparkassen ist nach der
ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts Ge-
meindevermögen, das lediglich zur Sicherheit der
Einleger und im Interesse einer geordneten Ver-
waltung gesondert verwaltet wird, dabei aber seiner
juristischen Natur nach ein Bestandteil des Ge-
meindevermögens bleibt. Über die rechtliche Natur
der Spareinlagen dagegen besteht Streit. Die
herrschende Ansicht sieht in ihnen Darlehen an die
Sparkasse im Sinn des § 607 des B.G. B., wäh-
rend andere, wie Seidel (Zeitschrift für die ges.
Staatswissenschaft LXIV 100 H) und v. Knebel-
Doeberitz (S. 114 f), das Verhältnis zwischen der
Sparkasse und dem Einleger als unregelmäßigen
Verwahrungsvertrag nach § 700 B.G.B. ansehen.
Die Rechtslage ist in beiden Fällen nicht wesent-
lich verschieden; denn nach § 700 B.G.B. finden
auf den unregelmäßigen Verwahrungsvertrag die
Vorschriften über das Darlehen Anwendung mit
Ausnahme derjenigen über Ort und Zeit der Rück-
zahlung, wofür im Zweifel das Recht des Ver-
wahrungsvertrags gilt. — Als Ausweis über die
geleisteten Einlagen dient das Sparkassenbuch.
Der Einleger erhält es bei der ersten Einzahlung
ausgestellt und hat es bei jeder weiteren Einzahlung