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ganzen Betriebs obliegt. Ihm sind die (im Jahr
1908: 6617) Sammelstellen unmittelbar unter-
stellt, so daß sich der gesamte Verkehr zwischen
ihnen und seinen einzelnen Abteilungen unmittel-
bar und damit auf die schnellste und einfachste
Weise abwickelt. Auf die Verwendung der einge-
gangenen Gelder hat das Postsparkassenamt keinen
Einfluß; denn die Eingänge im Postsparkassen-
verkehr bilden einen Teil der „Postgefällsgelder“
und werden mit ihnen zugleich verwaltet. Die
Sammelstellen haben während der für den Post-
dienst vorgeschriebenen Amtsstunden den Spar-
kassenverkehr mit zu versehen, so daß jedermann zu
jeder Zeit des Postdienstes Einlagen auf sein
Postsparkassenkonto machen kann. Die gesamte
Buchführung geschieht bei dem Postsparkassenamt
und ist nach kaufmännischen Grundsätzen einge-
richtet. Die Rechnungskontrolle übt ein bei dem
Postsparkassenamt bestehendes besonderes Rech-
nungsdepartement aus, das wiederum der Kon-
trolle des obersten Rechnungshofs untersteht. —
Einlagen sind von 1 X an zulässig, für geringere
Beträge werden Sparkarten mit eingeprägter 10=
Heller-Marke und dem entsprechenden Raum zum
Aufkleben weiterer neuer Briefmarken ausgegeben,
die bei jedem Postamt als Einlage abgegeben
werden können, sobald der Betrag der Wertzeichen
1 K erreicht hat. Die Höhe des Guthabens ist
auf 2000 K beschränkt, die Verzinsung zurzeit
auf 3% festgesetzt. Ein die Summe von 2000 K
übersteigender Betrag des Guthabens wird nicht
verzinst und, wenn der Einleger ihn trotz Auf-
forderung nicht abhebt, von Amts wegen zum An-
kauf von Staatsschuldverschreibungen verwendet.
Schon im Nov. 1883 begann die Angliederung
eines bis heute noch von keiner andern Postspar-
kasse eingeführten Scheck= und Clearing-
verkehrs an die Postsparkasse, der durch das
Gesetz vom 19. Nov. 1887 endgültig geregelt
wurde. Nach der Denkschrift (S. 16) besteht dieser
Verkehr des Postsparkassenamts seinem Wesen nach
„darin, daß auf das Konto eines Teilnehmers bei
der Geschäftsstelle des Postsparkassenamts in Wien
sowie bei allen Postämtern in den im Reichsrat
vertretenen Königreichen und Ländern Geldbeträge
in bar eingelegt oder von einem andern Teil-
nehmer am Scheckverkehr mittels Schecks über-
wiesen werden. Im letzteren Fall erfolgt der Aus-
gleich durch Abschreibung von dem Konto des
Zahlenden und Gutschrift auf dem Konto des Be-
rechtigten ohne jede Inanspruchnahme von Bar-
geld (Clearing). Über die auf solche Weise ent-
standenen Guthaben können die Kontoinhaber
jederzeit mittels Schecks wieder verfügen, und
zwar entweder zur Gutschrift auf andere Konten
oder zur Barauszahlung bei den Postämtern oder
beim Postsparkassenamt in Wien“.
Der Postscheck= und Clearingverkehr ist nicht auf
die Postämter Osterreichs beschränkt. Schon 1889
ging das Postsparkassenamt eine Verbindung mit
der Osterreichisch-Ungarischen Bank ein, der 1901
Sparkassen.
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die Heranziehung der österreichischen Postämter
in der Levante zum Scheckverkehr und seit 1906
Abmachungen mit der Deutschen Bank für Deutsch-
land, der Banca Commerciale Italiana für Ita-
lien, der Londoner Filiale der Osterreichischen
Länderbank für England, Schottland und Irland
und der Schweizerischen Kreditanstalt für die
Schweiz folgten. Nicht weniger als 774 Plätze
waren es schon 1908, mit denen das Postspar-
kassenamt im Ausland in-Verbindung stand, und
viele sind inzwischen noch hinzugekommen, so unter
anderem seit der Einführung des Postscheckverkehrs
in Deutschland sämtliche deutsche Postanstalten und
Postscheckämter. — Die Anlegung der Bestände
auf Scheckkonto erfolgt anders als die der Spar-
gelder zum größten Teil in noch leichter flüssig zu
machenden Anlagen, insbesondere bei Banken, im
Lombardgeschäft, in Salinenscheinen und sonstigen
Wertpapieren und nur zu einem geringen Teil,
etwa zu ¼ in Staatspapieren.
Im Sparverkehr ist die Zahl der Einlagebücher
von 353.053 im Jahr 1883 auf 2064 403 am
Ende 1907, das Guthaben von 8146 031 K auf
218 888775 K und der Umsatz von 23 607 154 K
in 2007 422 Buchungen auf 282 671 060 K in
50002 342 Buchungen, im Scheck= und Clearingver-
kehr von 167 Konten im Jahr 1883 auf 79711,
darunter 78546 Clearingkonten am Ende 1907, das
Gesamtguthaben von 218 490 K auf 366 995 104 K
und der Umsatz von 1071 666 K in 1861 Bu-
chungen auf 21 583 934 565 K in 45843 081 Bu-
chungen, darunter 9 857770 002 K in 6866 562
Buchungen im Clearingverkehr gestiegen. Außer-
dem wurden seit Gründung des Amts bis Ende
1907 für Rechnung der Einleger Wertpopiere im
Neunwert von 370 511 370 Kangekauft, von denen
sich 171 653 871 K, auf 24500 Rentenbücher ver-
teilt, in der Verwahrung des Postsparkassenamts
befanden. In der gesamten Bevölkerung kamen auf
je 1000 Einwohner im Jahr 1883 nur 16, 1907
aber 75 Einleger, und diese Zahl dürfte inzwischen
weiter erheblich gestiegen sein.
Daß so gewaltige Erfolge begeisterte Lobredner
des Postsparkassenwesens, wie Conrad in den
Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik
XXXV 664 ff, auf den Plan riefen, die die Ein-
führung einer Postsparkasse auch in Deutschland
forderten, ist nicht zu verwundern, zumal auch
der Reinertrag des Postsparkassenamts mit
7427189 K im Jahre 1906, davon 1 361 991 K
im Spar-, 6065198 K im Scheckverkehr,
recht ansehnlich ist. Sie übersehen, daß das
Postsparkassenamt in Wien ebenso wie alle andern
Postsparkassen seine Bestände fast ausnahms-
los in Staatspapieren anlegt und sie so den
Kreisen entzieht, denen sie entstammen und ihrer
ganzen Natur nach als Darlehen auch wieder
zugute kommen müssen. Die aus einer so engen
Verbindung von Sparkassen= und Staatsschulden-
wesen für den Fall einer Krisis, insbesondere eines
Kriegs drohenden Gefahren liegen auf der Hand;
sie haben sich in Frankreich in den Tagen der Re-
volutionen von 1830 und 1848 und im Beginn