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Beschwerdeführung im Weg der gewöhnlichen
Mitteilung mit dem Bemerken in Kenntnis zu
setzen, daß dieselbe der andern Kammer, welche
aber ihre Zustimmung versagt habe, mitgeteilt sei.
Literatur. v. Mohl, Staatsrecht, Völkerrecht
u. Politik 1 (1860) 222 ff; May, Das englische
Parlament u. sein Verfahren, deutsch von Oppen-
heim (1880) 526/541; Laband, Staatsrecht des
Deutschen Reichs 1 (1901) 282; v. Stein, Verwal-
tungslehre I (1869) 382, 431; v. Seydel, Kom-
mentar zur Verfassungsurkunde (1897) 203; Hu-
brich, Preuß. Staatsrecht (1909) 161; Cormenin,
Droit administratif, Art. Pétitions; de St. Albin
im Dictionnaire politique von Garnier Pages, Art.
Pétition; Bowyer, Commentaries of tbe con-
stitutional Law of England (1846) 431; Story,
Commentaries on the Constitution of the United
States III 745; Cushing, Elements of the Law
and Practice of Legislative Assemblie (1874)
436/478. [Spahn.]
Pfarrer. 1. Das Wort Pfarrer ist aus dem
lateinischen parochus entstanden. Über die Her-
kunft dieses kirchlichen Terminus bestehen ver-
schiedene Ansichten. Die einen führen ihn auf
ndpotzos (incola, Ansiedler) zurück, weil der
Pfarrer meist nicht aus der Gemeinde stamme,
sondern nur seinen Wohnsitz darin nehme. Andere
erklären parochus aus lpoyos, indem sie dieses
Wort entweder aus rapo#am — vorbeifahren,
mitfahren oder aus rapé### — darbieten, spenden
gebildet sein lassen. Illoo von rapoy würde
dann den Begleiter, speziell den Brautführer (Par-
ochi vocantur episcopi..., duod sunt velut
paranymphi ecclesiae, sponsae Ccristi:
J. M. Gesner, Novus linguae lat. thesaurus
[1749] 70 3 s. h. v.), Ka#poos von Kap aber
den Spender, Gastgeber bedeuten (Parochi euft
duod populis omnia necessaria ad pas-
cendas animas subministrent: F. L. Ferraris,
Prompta bibliotheca can. s. h. v. art. I, 8 2,
ed. Hagae et Francofurti a. M. V 17731 56)
Nach einer neueren, recht annehmbaren Erklärung
wäre der Terminus parochus als Verkürzung
von parochianus zu denken. Von diesem letzteren
Ausdruck ist nachgewiesen, daß er mit oder auch
ohne Beifügung von presbyter im Mittelalter
den Pfarrer bezeichnete und schließlich nach Weg-
lassung des Kürzungszeichens einfach parochus
gelesen wurde. (Vgl. H. Schäfer, Pfarrkirche u.
Stift im deutschen Mittelalter I1903] 66 ff.)
Parochianus weist auf den kirchlichen Terminus
Parochia, Fapot#i zurück, dessen ursprüngliche
Bedeutung wahrscheinlich „Fremdlingsschaft“ ist,
d. i. Gemeinschaft derer, die hienieden keine blei-
bende Stätte haben. (Vgl. E. Stolz, llapot##a,
parochia und parochus, in Theol. Ouartal-
schrift LXXNIX (19071 424/448.) Die Be-
zeichnung parochus wurde allgemein gebräuchlich
erst seit dem Konzil von Trient (s. sess. XXIV
de ref. matr. c. 1); älter sind die Namen rector
ecclesiae, plebanus (Leutpriester), persona, cu-
ratus, pastor, curio (vgl. H. Schäfer a. a. O. 43ff).
Pfarrer.
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Auch das Institut der Pfarrer war in den
ersten christlichen Zeiten unbekannt. Ursprünglich
gab es in jeder Stadt nur eine Kirche, welcher
der Bischof vorstand. Als die Zahl der Gläubigen
sich mehrte, standen ihm andere Priester zur Seite,
die aber lediglich seine Gehilfen waren. Die
Landbewohner, welche der Kirche angehörten,
kamen zur Stadt, wohnten da dem Gottesdienst
bei und wurden auch von der Stadt aus pastoriert.
Hierin war zunächst eine Anderung notwendig.
Als die Kirche sich auf dem Land ausbreitete,
wurden Priester hinausgesandt, welche dort den
Gottesdienst versahen und die Sakramente spen-
deten. Anfangs waren sie einfache Gehilfen des
Bischofs, die nach Verrichtung der priesterlichen
Funktionen wieder an die bischöfliche Kirche (ma-
trik ecclesia) in der Stadt zurückkehrten. Auf
die Dauer ließ sich dies jedoch nicht durchführen.
Vom 4. Jahrh. an finden wir auf dem Land
auch Priester, die dauernd dort wohnten und kraft
ihres Amts pastorierten (Conc. Eliberit. [805]
c. 58; Euseb. 1. 10, c. 4; Conc. Sardic. L/347)
. 6). Im 5. und 6. Jahrh. ward diese Praxis
allgemein. Langsam vollzog sich der Wandel in den
Städten. Zwar wurden auch in den Städten, wo
viele Gläubige wohnten, mehrere Kirchen gebaut,
in denen Gottesdienst gehalten wurde von Priestern,
denen dieses Amt dauernd übertragen war; aber
Pfarrer im heutigen Sinn waren diese nicht, son-
dern nur Gehilfen des Bischofs wie die Priester
an der Kathedrale. Erst im 11. Jahrh. wurden
auch Städte in mehrere Pfarreien eingeteilt, denen
eigentliche Pfarrer vorgesetzt wurden, wenn auch
zur Zeit des Konzils von Trient diese Praxis
noch nicht überall durchgeführt war. Obligatorisch
wurde das Pfarrsystem erst durch das Konzil von
Trient, welches bestimmte: Mandat s. synodus
episcopis pro tutiori animarum eis commis-
sarum salute, ut distincto populo in certas
propriasque parochias unicuique suum per-
petuum peculiaremque parochum assignent,
qdui eas cognoscere valeat et a duo solo licite
sacramenta suscipiant (sess. XXIV, c. 13).
Zur Geschichte des Pfarramts vgl. Harnack, Die
Mission und Ausbreitung des Christentums, 1902.)
2. Heute verstehen wir unter einem Pfarrer
einen auf ein Benefizium bleibend angestellten
Priester, der kraft seines Amts das Recht und
die Pflicht besitzt, unter der Oberleitung des
Bischofs innerhalb eines bestimmten, meistens
räumlich abgegrenzten Kreises (Pfarrei) über die
darin wohnenden Gläubigen die Seelsorge (cura
animarum) auszuüben. Man hat die Pfarrer
als Nachfolger der 72 Jünger des Herrn be-
trachten wollen, so daß ihre Einsetzung wie die
der Bischöfe göttlichen Ursprungs sei. Schon im
13. Jahrh. bei dem Kampf gegen die Übergriffe
der Mönche in die Pfarrrechte tauchte diese Ansicht
aus, sie wurde später als sog. Parochianismus oder
Presbyterianismus hauptsächlich an der Sorbonne,
namentlich von Gerson vertreten und fand im