Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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dultionsweise besteht, es ist nur möglich, wenn an 
ihre Stelle die autoritativ geleitete tritt, wenn der 
Staat es ist, der Richtung und Umfang der Pro- 
duktion der Aufnahmefähigkeit des Markts an- 
paßt. Damit aber ist nicht nur die Überleitung 
in den eignen Betrieb des Staats, sondern auch 
die Verstaatlichung aller Produktionsmittel ge- 
geben; kurz, die Entwicklung würde, wenn einmal 
die volle Souveränität des Staats auf wirtschaft- 
lichem Gebiet anerkannt ist, mit Notwendigkeit in 
den sozialistischen Staat hineinführen. 
Nun ist freilich dafür gesorgt, daß die Bäume 
nicht in den Himmel wachsen. Der sozialistische 
Staat wird nicht kommen und noch weniger Be- 
stand gewinnen, weil seine Verwirklichung an die 
Leiter Aufgaben stellt, welche alle menschlichen 
Kräfte übersteigen, und dieselben zugleich mit einem 
Apparat von Zwangsmitteln ausrüsten müßte, 
gegen welche sich die Menschennatur aufbäumt. 
Aber aus der Konsequenz ergibt sich die Falschheit 
des Prinzips. Der Staat besitzt nicht die volle 
Souveränität auf wirtschaftlichem Gebiet. Die 
willkürliche Ausdehnung seiner Kompetenz nach 
dieser Seite findet ihre Schranke in der für die 
gesunde Entwicklung des Gesellschaftslebens un- 
entbehrlichen wirtschaftlichen Freiheit. Daß sich 
trotzdem hier nicht für alle Einzelfälle ein für alle- 
mal gültige Bestimmungen treffen lassen, daß das 
Bedürfnis nach Behauptung jener Freiheit örtlich 
und zeitlich in verschiedenem Grad empfunden 
und zur Geltung gebracht wird, ist nur eine aber- 
malige Bestätigung des oben gemachten Vorbehalts. 
Ebensowenig oder vielmehr noch weniger ist der 
Staat souverän auf geistigem Gebiet, und zwar 
erwächst ihm hier eine erste und völlig unverrück- 
bare Schranke aus der Natur des Geistigen selbst. 
Über die Welt der Gedanken und Empfindungen, 
der Erkenntnis und des Gewissens hat der Staat 
keine Macht. Hier liegt das letzte, uneinnehmbare 
Bollwerk der religiösen Freiheit. Dazu kommt 
aber noch, daß im Christentum die Religion in 
der Kirche äußere Gestalt gewonnen hat und diese 
als eine selbständige Organisation mit eignem 
Leben und eignem Recht dem Staat gegenübersteht. 
Auf das Verhältnis der beiden zueinander soll 
selbstverständlich hier nicht eingegangen (vgl. dar- 
über d. Art. Kirche und Staat), es sollte nur so- 
gleich daran erinnert werden, daß in der christ- 
lichen Welt jeder Versuch, die Staatssouveränität 
auf dem sittlich-religiösen Gebiet zur Geltung zu 
bringen, auf den Widerstand der Kirche stoßen muß. 
Dagegen sind Wissenschaft und Bildungswesen, 
deren Träger in früheren Jahrhunderten gleich- 
falls die Kirche und die unter ihrem Schatten er- 
wachsenen Korporationen waren, in der Neuzeit 
mehr und mehr den Händen des Staats über- 
antwortet worden. Ein staatlich organisierter Be- 
trieb der Wissenschaft besteht allerdings nur in 
China. In allen übrigen Ländern ist die Freiheit 
der Wissenschaft im Prinzip anerkannt, auch wohl 
durch die Verfassungsurkunde ausdrücklich gewähr- 
Staat. 
  
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leistet. Wir verlangen vom Staat, daß er die 
Wissenschaft pflege, nicht daß er sie selbst durch 
seine Organe von Amts wegen übe; wir wollen 
auch nicht, daß er denen, die aus der Wissenschaft 
ihren Beruf machen, das Gebiet und die Weise 
ihrer Betätigung vorschreibt. Das hieße den Trieb 
des Forschers und das Genie des Entdeckers in 
Fesseln legen. Jene Pflege aber erblicken wir vor- 
züglich in der Aufwendung öffentlicher Mittel zur 
Unterstützung wissenschaftlicher Unternehmungen. 
Etwas anders steht es mit dem Bildungswesen. 
Bei den heutigen entwickelten und verwickelten 
Verhältnissen hat die Gesamtheit ein vollbegrün- 
detes Interesse daran, daß jeder Bürger ein ge- 
wisses Mindestmaß von Kenntnissen besitze, und 
der Staat ist darum berechtigt, den Eltern vor- 
zuschreiben, daß sie ihren Kindern dieses Mindest- 
maß zu eigen machen. Der hiermit gegebene 
Lernzwang legt dann aber zugleich dem Staat die 
Pflicht auf, durch Einrichtung von öffentlichen 
Schulen allen Eltern die Möglichkeit zu beschaffen, 
jener Vorschrift zu genügen. Unberechtigt ist der 
sog. Schulzwang dann, wenn die öffentlichen 
Schulen zugleich als die einzig zulässigen Bezugs- 
quellen der vorgeschriebenen Kenntnisse gelten, und 
zu einer unerträglichen Tyrannei und Gewissens- 
bedrückung wird er, wenn der in jenen Schulen 
herrschende Geist der sittlich-religiösen Gesinnung 
der Eltern widerspricht. Einleuchtend ist ferner, 
daß der Staat, der von seinen Beamten eine all- 
gemeine und fachwissenschaftliche Ausbildung ver- 
langt, auch für Lehranstalten zu sorgen hat, welche 
diese Ausbildung gewähren. Für die Wissen- 
schaftspflege in dem oben erörterten Sinn ergibt 
sich damit zugleich auch die Möglichkeit, solchen, 
die befähigt und gewillt sind, das überkommene 
Erbe durch eigne Forschung zu bereichern, mit der 
Verleihung eines Lehramts eine auskömmliche 
Existenz und in den staatlichen Anstalten die not- 
wendigen Hilfsmittel der Forschung zu bieten. 
Das ist bekanntlich der Vorzug der deutschen Uni- 
versitäten, daß sie bestimmt sind, beides zu sein, 
Stätten des Unterrichts und der selbständigen 
wissenschaftlichen Arbeit. Endlich wird man an- 
erkennen müssen, daß es durchaus in der Richtung 
der früher erörterten staatlichen Wohlfahrtspflege 
liegt, wenn für die besondern Bedürfnisse einzelner 
Stände eigne Schulen, also landwirtschaftliche und 
gewerbliche Fachschulen aus den Mitteln der Ge- 
samtheit errichtet werden. Bis dahin also ist gegen 
die staatliche Handhabung des Bildungswesens 
ein grundsätzlicher Einwand nicht zu erheben, und 
ebenso ist es eine selbstverständliche Forderung, 
daß dem Staat die Oberaufsicht über alle Bil- 
dungsanstalten zustehen muß. Verwerflich ist auch 
hier nur die Proklamierung einer unbedingten 
Souveränität in Gestalt des staatlichen Unterrichts- 
monopols. Auch ohne ein solches übt der Staat 
einen weitgehenden Einfluß auf das geistige Leben 
der Nation aus. Bei den gesteigerten Ansprüchen, 
welche an das Bildungsniveau gemacht werden, 
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