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in dessen Pfarrei sie sich gerade befinden (Trid.
sess. XXIV deref. matr. c. 7). Da der Pfarrer
seine Rechte krast seines Amts besitzt, kommen sie
ihm auch außerhalb der Pfarrei über seine Pfarr-
kinder zu. Für den Eheabschluß gelten andere
Normen (s. Dekret Ne temere vom 2. Aug. 1907).
Die Pfarrrechte stehen dem Pfarrer allein zu,
so daß auch die ihm zugewiesenen Pfarrkinder in
Bezug auf die Ausübung der Pfarrrechte ihm
allein unterworfen sind. Daraus entsteht der sog.
Pfarr= oder Parochialzwang. Derselbe
bedingt zunächst, daß in einer Pfarrei nicht meh-
rere Pfarrer angestellt werden können (c. 20, X.
3, 5). Ferner besitzt der Pfarrer die Berechtigung,
jedem andern Kleriker die Ausübung geistlicher
Funktionen innerhalb seiner Pfarrei zu untersagen,
wenn derselbe nicht vom Papst oder Bischof aus-
drücklich dazu autorisiert ist. Letzterer kann jedoch
diese Ermächtigung nur aus wichtigen Gründen
gewähren, niemals aber andere Geistliche mit der
Gesamtheit der geistlichen Funktionen in einer
Pfarrei betrauen. Dies könnte nur der Papst,
weil er das ius commune ändern kann. Ist der
Pfarrer berechtigt, andere Geistliche von der Aus-
übung der Seelsorge in seinem Bezirk auszu-
schließen, so hat er ebenso das Recht, andern Kle-
rikern die Vornahme von geistlichen Funktionen
in seiner Pfarrei zu gestatten. Dieselben müssen
jedoch, falls sie einer andern Diözese angehören
und dem Pfarrer unbekannt sind, die litterae
commendaticiae, das sog. Zelebret, von ihrem
Bischof beibringen. Es soll der Pfarrer keinesfalls
ohne hinreichenden Grund andern Geistlichen
pfarramtliche Funktionen übertragen, da er nicht
nur das Recht, sondern auch die Pflicht hat, seine
Pfarrei zu pastorieren. Unabhängig vom
Pfarrer sind die Benefiziaten der Pfarrei in
dem Umfang der ihnen gewährten Rechte und in
ihrer eignen Kapelle. Geistliche an Seminar-,
Hospital= und andern derartigen Kirchen dürfen
unabhängig vom Pfarrer alle gottesdienstlichen
Verrichtungen vornehmen mit Ausnahme der-
jenigen, die ausschließlich Pfarrrechte sind (S. C. C.
28. Mai 1864).
Der Pfarrzwang bedingt aber anderseits auch,
daß alle Parochianen an und für sich verpflichtet
sind, durch ihren Pfarrer sich pastorieren zu lassen.
Auf die Angehörigen der exemten Männer= und
Frauenorden sowie die zugehörigen Kirchen und
Kapellen erstreckt sich der Pfarrzwang nicht. Der
Pfarrer des Bezirks, worin sich derartige Ordens-
niederlassungen befinden, kann weder Funktionen
in den Ordenskirchen ausüben, noch sind die
Ordensleute verpflichtet, pfarramtliche Handlungen
durch ihn vollziehen zu lassen. Die einfachen Kon-
gregationen und deren Häuser sind hingegen vom
Pfarrzwang nicht ausgenommen, ebensowenig wie
die Hospitäler, Bruderschaften, Erziehungsinstitute,
Seminarien. Bezüglich der Gottesdienstordnung,
die freilich der Pfarrgottesdienstordnung nicht
hinderlich sein darf, sind die Kongregationen in
Pfarrer.
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ihren Kirchen und Oratorien dem Pfarrer gegen-
über ebenso selbständig wie die Orden.
Der Pfarrzwang hatte durch das ganze Mittel-
alter hindurch einen weiten materiellen Um-
fang. Die Parochianen waren nämlich verpflich-
tet, alle kirchlichen Handlungen, welche zur Er-
füllung eines Kirchengebots notwendig waren,
durch den Pfarrer sich administrieren zu lassen.
So mußte z. B. auch die Osterbeicht in der Pfarr-
kirche abgelegt, die heilige Messe an Sonn= und
Feiertagen in der Pfarrkirche gehört werden. In
neuerer Zeit hat der Pfarrzwang mehr und mehr
an Inhalt verloren, namentlich infolge der Pa-
storationstätigkeit der Orden und Kongregatio-
nen und infolge der immer zahlreicher gegründeten
Pfarrvikarien (Filialgemeinden mit sog. cura
primaria). Als ausschließlich dem Pfarrer zu-
stehende Funktionen (iura parochialia) können
immerhin noch bezeichnet werden: Taufe und
Taufswasserweihe, Aufgebot und Trauung, Oster-
kommunion, Viatikum, letzte Olung, Begräbnis,
Führung der Kirchenbücher, Bezug der Stolge-
bühren.
5. Die Rechte des Pfarrers beziehen sich vor-
nehmlich auf die innere, religiöse Leitung seiner
Parochianen. Jurisdiktion pro foro externo im
Vollsinn des Worts hat er nicht. Er kann weder
seinen Pfarrkindern Gesetze geben noch ihnen
Strafen oder Zensuren auferlegen. Früher freilich
stand ihm wirkliche Strafgewalt (vgl. c. 1, D.
96; c. 11, C. 2, dq. 1; c. 3, X. 1, 31) und
auch die Befugnis zu, Sendgerichte abzuhalten
(ogl. Weber, Pfarrsynoden, in Archiv für kathol.
Kirchenrecht LXXII 50 ff). Daß dem Pfarrer
für den äußern Rechtsbereich administrative Ge-
walt eigne und insofern auch jurisdictio pro foro
externo, kann nicht wohl bestritten werden. Er
verwaltet ja das Kirchengebäude und das sonstige
Kirchenvermögen, er übt in seiner Kirche das Recht
der Aufsicht, der Rüge und des Tadels, er erscheint
überhaupt als kirchliche Obrigkeit, der die Pfarr-
kinder auch in manchen äußern Angelegenheiten
Gehorsam schulden. Da der Pfarrer der legis-
lativen Gewalt entbehrt, kann er auch nicht von
der Erfüllung kirchlicher Gesetze dispensieren. Je-
doch hat das Gewohnheitsrecht ihm die Befugnis
gegeben, seine Pfarrkinder in dringenden Fällen
zu dispensieren vom Fasten- und Abstinenzgebot,
vom Verbot knechtlicher Arbeiten an Sonn= und
Feiertagen, von der Einhaltung der österlichen
Zeit und dem Empfang der Osterkommunion in
der Pfarrkirche. Auch sind den Pfarrern in man-
chen Diözesen, namentlich für die Zeit von Ju-
biläen, Missionen und Wallfahrten, durch spezielle
Vollmachten noch besondere Rechte für das forum
externum verliehen, die ihnen dann aber nicht
kraft ihrer jurisdictio ordinaria, sondern einer
iurisdictio delegata zukommen.
Imeinzelnen sind die Rechte des Pfarrers
eine Ausübung der potestas ordinis oder pote-
stas magisterü sowie gewisse Verwaltungsrechte;