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nisse vom 26. Juli 1888. Seit dem 12. Mai
1890 führt die Behörde, welche das örtliche
Kirchenvermögen zu verwalten hat, die Benennung
„Stiftungsrat“. Für Bayern bestimmt das Re-
ligionsedikt: Die Verwaltung des Kirchenver-
mögens steht nach den hierüber gegebenen Gesetzen
unter dem königlichen obersten Schutz und könig-
licher oberster Aufsicht (§ 75). Das revidierte
Gemeindeedikt vom 1. Juli 1834 unterstellt die
Verwaltung des Kirchenvermögens einer besondern
Kirchenverwaltung, die in Stadtgemeinden besteht
aus dem Pfarrer, einem Mitglied des Magistrats
und vier bis acht besonders gewählten Gemeinde-
gliedern, in Landgemeinden aus dem Pfarrer,
dem Gemeindevorsteher oder einem Mitglied des
Gemeindeausschusses sowie aus zwei bis vier be-
sonders gewählten Gemeindegliedern. Die Vor-
anschläge sowie die Rechnungen werden zu ge-
höriger Zeit dem Magistrat bzw. dem Gemeinde-
ausschuß zur Einsicht und Erinnerung eingesendet,
welcher sie mit seinen Bemerkungen begleitet und
der vorgesetzten Kuratelbehörde zur Prüfung und
Bescheidung vorlegt. Dieselbe Mitteilung geschieht
von seiten des Pfarramts an das Ordinariat zur
Einsichtnahme und Erinnerung, welche der Kreis-
regierung zu übergeben ist (8 59, 94). In Elsaß-
Lothringen gilt das Dekret, betr. die Kirchen-
fabriken, vom 30. Dez. 1809, das zum Teil auch
in der bayrischen Rheinpfalz Geltung hat. In
Hessen steht nach dem Edikt vom 9. Juni 1832
die unmittelbare Verwaltung und nächste Beauf-
sichtigung des Lokal-Kirchen= und geistlichen Stif-
tungsvermögens unter der Leitung und Ausfsicht
der höheren Behörde dem Kirchenvorstand zu, in
welchem der Pfarrer den Vorsitz führt. Die beson-
dern Funktionen des Kirchenvorstands sind hier-
bei: Beratung und Aufstellung des Voranschlags
sowie Begutachtung der Rechnungen. Voranschläge
und Rechnungen sind der Oberrechnungskammer
in Darmstadt einzureichen. In Preußen werden
nach dem Gesetz vom 20. Juni 1875 die kirchlichen
Vermögensangelegenheiten durch einen Kirchen-
vorstand und eine Gemeindevertretung verwaltet.
Nach den Revisionsgesetzen vom 31. Mai 1886
und 31. März 1893 geht in denjenigen Landes-
teilen, in welchen der Vorsitz im Kirchenvorstand
nicht bereits vor dem Erlaß des Gesetzes vom
20. Juni 1875 einem weltlichen Mitglied zustand,
der Vorsitz auf den ordnungsmäßig bestellten
Pfarrer und Pfarrverweser, in Filialgemeinden
auf die für dieselben ordnungsmäßig bestellten
Pfarrgeistlichen über. In der Erzdiözese Gnesen-
Posen und in der Diözese Kulm erfolgt die Reg-
lung im Weg königlicher Verordnung. Der Vor-
sitzende des Kirchenvorstands ist befugt, den
Sitzungen der Gemeindevertretung mit beratender
Stimme beizuwohnen. Die Beschlüsse des Kirchen-
vorstands und der Gemeindevertretung bedürfen
in gesetzlich festgelegten Fällen (§ 50) der Ge-
nehmigung der staatlichen Aufsichtsbehörde. Die
staatliche Aufsichtsbehörde ist berechtigt, Einsicht
Pfarrer.
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von dem Etat zu nehmen und die Posten, welche
den Gesetzen widersprechen, zu beanstanden. Die
beanstandeten Posten dürfen nicht in Vollzug ge-
setzt werden (§ 52). Die Jahresrechnung ist der
staatlichen Aussichtsbehörde zur Prüfung, ob die
Verwaltung etatsmäßig geführt worden ist, mit-
zuteilen (§ 54). Für Württemberg erklärte
das Konkordat vom 8. April 1857: Sancta Se-
des spectatis peculiaribus rerum circum-
Sstantiis consentit, ut singularum ecclesiarum
fabricae ceteraeque ecclesiasticae cuiusque
loci fundationes nomine ecclesiae eo modo
qui iam in Regno receptus est, administren-
tur, dummodo parochi et decani rurales
munus, qucod hac in parte gerunt, episcopi
auctoritate exerceant. De speciali huius rei
executione regium gubernium cum episcopo
conveniet. Durch Gesetz vom 14. Juni 1887
über die Vertretung der katholischen Pfarrge-
meinden und die Verwaltung ihrer Vermögens-
angelegenheiten wurde für jede einzelne Pfarrei
ein Kirchenstiftungsrat angeordnet, der aus dem
betreffenden Pfarrer oder dessen Stellvertreter, dem
Kirchenpfleger und aus einer Anzahl weltlicher,
von den Pfarrgenossen aus ihrer Mitte gewählter
Mitglieder besteht (Art. 2). Beträgt die Zahl
der gewählten Mitglieder wenigstens acht, so kann
ein Verwaltungsausschuß eingesetzt werden, der
manche Geschäfte unter eigner Verantwortlichkeit
besorgt (Art. 16). Die Leitung der Geschäfte des
Kirchenstiftungsrats und des Verwaltungsaus-
schusses steht dem Pfarrer und in dessen Verhin-
derung dessen gesetzlichem Stellvertreter zu (Art.52).
Der Vorsitzende kann auch zum Protokollführer
erwählt werden; jedenfalls liegt ihm die schriftliche
Ausfertigung der Beschlüsse, die Beglaubigung
von Auszügen aus den Protokollen und Akten des
Kollegiums ob sowie die Geschäftsleitung außer-
halb der Sitzung (Art. 56). Für Österreich
besagt das Konkordat vom 18. Aug. 1855: Bo-
norum ecclesiasticorum administratio apud
eos erit, ad quos secundum canones spectat.
Attentis autem subsidiis, duae Augustissi-
mus Imperator ad ecclesiarum necessitati-
bus providendum ex publico aerario benigne
praestat et praestabit, eadem bona vendi
Vel notabili gravari onere non poterunt,
nisi tum Sancta Sedes tum Maiestas Sua
Caesarea aut 1fi, quibus hoc munus deman-
dandum duxerint, consensum tribuerint. Das
Gesetz vom 7. Mai 1874 bestimmt: Das Ver-
mögen der Pfarrkirchen ist gemeinschaftlich von
dem Pfarrvorsteher, der Kirchengemeinde und dem
Kirchenpatron zu verwalten (8 42). Das Pfrün-
denvermögen wird von den geistlichen Nutznießern
der Pfründe unter Aufsicht der Patrone und unter
der Oberaufsicht der Bischöfe und des Staats ver-
waltet (§ 46).
Endlich liegt dem Pfarrer die Bewahrung und
Verwaltung des Pfarrarchivs ob, zu dem
vor allem die Kirchenbücher gehören, z. B.