Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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in Deutschland verlangt, daß der Kandidat sitt- 
lich unbescholten und politisch unverdächtig ist. 
Daher wurde die sog. Anzeigepflicht ein- 
geführt, die vom Heiligen Stuhl teilweise zu- 
gestanden wurde und eine Exklusive einschließt. In 
Baden kann das Pfarramt nur solchen verliehen 
werden, welche das badische Staatsbürgerrecht be- 
sitzen oder erlangen und nicht von der Staats- 
regierung unter Angabe des Grundes als ihr in 
bürgerlicher oder politischer Beziehung mißfällig 
erklärt werden (Ges. vom 9. Okt. 1860, § 9). 
Zur allgemeinen wissenschaftlichen Vorbildung 
wird regelmäßig erfordert, daß der Kandidat Zeug- 
nisse über die von ihm bestandene Abiturienten-bzw. 
Maturitätsprüfung und den dreijährigen Besuch 
einer deutschen Universität sowie darüber vorlegt, 
daß er während seines Universitätsstudiums Vor- 
lesungen aus dem Lehrkreis der philosophischen 
Fakultät in demselben Umfang wie für die Stu- 
dierenden der Rechtswissenschaft, der Medizin und 
des Kameralfachs vorgeschrieben ist, mit Fleiß ge- 
hörthabe (Ges. vom 5. März 1880). In Bayern 
sind nach dem Erlaß vom 8. April 1852, betr. 
den Vollzug des Konkordats, Bedingungen zur 
Übernahme einer Pfarrpfründe das Indigenat, 
bürgerlich und politisch tadelloser Wandel, die von 
dem Bischof zu erprobende theologische und seel- 
sorgliche Befähigung, sodann Kenntnis im bay- 
rischen Verfassungs= und Verwaltungsrecht, im 
Schul-, Stiftungs- und Armenwesen. Wegen der 
desfallsigen aus Staats= und Kirchendienern zu- 
sammenzusetzenden gemeinschaftlichen Prüfungs- 
kommission sind mit den Bischöfen Vereinbarungen 
getroffen. Die Verleihung einer Pfarrei seitens 
des Bischofs setzt die königliche Genehmigung vor- 
aus. Geistlichen, welche vom König als nicht ge- 
nehm bezeichnet werden, kann eine Pfarrei nicht 
übertragen werden. Bei Verleihung königlicher 
Patronatspfarreien sollen die Bischöfe vorher mit 
ihrem Gutachten vernommen werden, ohne daß 
jedoch hierdurch der König in dem freien Be- 
setzungsrecht beschränkt sein soll. Für Elsaß- 
Lothringen gilt die Vorschrift des französischen 
Konkordats: Episcopi ad paroecias nomina- 
bunt nec personas seligent nisi gubernio ac- 
ceptas (Art. 10), und der Organischen Artikel: 
Les éGvéques nommeront et institueront les 
curés. Néanmoins ils ne manifesteront leur 
nomination et ils ne donneront Tinstitution 
canonique, du’aprèes due cette nomination 
aura été agréée par le premier consul (Art. 19). 
In Hessen kann eine Pfarrei nur einem Deut- 
schen übertragen werden, welcher die Bedingungen 
der vorgeschriebenen wissenschaftlichen Vorbildung 
erfüllt und nicht von der Staatsregierung unter 
Angabe des Grundes als ihr in bürgerlicher oder 
staatsbürgerlicher Beziehung mißfällig erklärt wor- 
den ist. Zum Nachweis der wissenschaftlichen Vor- 
bildung wird regelmäßig erfordert, daß der Kan- 
didat Zeugnisse über die von ihm bestandene Ma- 
turitätsprüfung auf einem deutschen Gymnasium 
  
Pfarrer. 
  
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und den dreijährigen Besuch einer deutschen 
Staatsuniversität vorlegt (Ges. vom 23. April 
1875, Art. 1 u. 2). Die kirchliche Behörde ist 
verpflichtet, den Pfarramtskandidaten dem Mini- 
sterium des Innern und der Justiz anzuzeigen, 
unter Bezeichnung der Pfarrei, für welche er in 
Frage kommt. Das Ministerium ist berechtigt, 
innerhalb vier Wochen nach der Anzeige gegen 
die beabsichtigte Anstellung Einspruch zu erheben, 
wenn der Anzustellende aus einem auf Tatsachen 
beruhenden Grund, welcher dem bürgerlichen oder 
staatsbürgerlichen Gebiet angehört, für die Stelle 
nicht geeignet ist. Die Tatsachen, welche den Ein- 
spruch begründen, sind anzugeben (Ges. vom 
5. Juli 1887, Art. 9). In Preußen muß der 
Pfarramtskandidat ein Deutscher sein, die Ent- 
lassungsprüfung auf einem deutschen Gymnasium 
bestanden und drei Jahre Theologie auf einer 
deutschen Staatsuniversität oder auf den staatlich 
anerkannten theologischen Diözesanlehranstalten 
gehört haben. Die geistlichen Obern sind ver- 
pflichtet, den Bewerber dem Oberpräsidenten zu 
benennen. Innerhalb 30 Tagen nach der Be- 
nennung kann Einspruch gegen die Anstellung er- 
hoben werden. Die Erhebung des Einspruchs 
steht dem Oberpräsidenten zu. Der Einspruch ist 
zulässig, wenn dem Anzustellenden die gesetzlichen 
Erfordernisse zur Bekleidung des geistlichen Amts 
fehlen, und wenn der Anzustellende aus einem auf 
Tatsachen beruhenden Grund, welcher dem bür- 
gerlichen und staatsbürgerlichen Gebiet angehört, 
für die Stelle nicht geeignet ist. Die Tatsachen, 
welche den Einspruch begründen, sind anzugeben 
(Ges. vom 11. Mai 1873, 8 1, 4; Ges. vom 
11. Juli 1883, Art. 1, und vom 29. April 1887, 
§ 2). In Württemberg wird außer dem Be- 
sitz des württembergischen Staatsbürgerrechts auch 
der Nachweis einer vom Staat für entsprechend 
erkannten wissenschaftlichen Vorbildung verlangt. 
Ausgeschlossen bleiben diejenigen, welche von der 
Regierung unter Anführung von Tatsachen als 
ihr in bürgerlicher oder politischer Beziehung miß- 
fällig erklärt wurden (Ges. vom 30. Jan. 1862, 
Art. 3, 4). In Osterreich wird von Staats 
wegen erfordert: die österreichische Staatsbürger- 
schaft, ein in sittlicher und staatsbürgerlicher Hin- 
sicht vorwurfsfreies Verhalten, diejenige besondere 
Befähigung, welche speziell durch Staatsgesetze 
vorgeschrieben ist. Der Bischof hat in Fällen der 
freien Verleihung oder einer nicht vom Kaiser 
oder von den landesfürstlichen Behörden aus- 
gehenden Präsentation den Bewerber der Landes- 
behörde anzuzeigen. Dieser steht zu, dem Bischof 
ihre Einwendungen unter Angabe der Gründe 
mitzuteilen. Wird von der Landesbehörde binnen 
30 Tagen nach geschehener Anzeige keine Ein- 
wendung erhoben, so steht der Instituierung des 
betreffenden Geistlichen nichts im Weg. Gegen eine 
von der Landesbehörde erhobene Einwendung steht 
die Berufung an den Kultusminister offen. Wird 
der Berufung nicht Folge gegeben, so darf die In- 
 
	        
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