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In der Nordamerikanischen Union soll
nach der Verfassung „die Exekutivgewalt von einem
Präsidenten der Vereinigten Staaten ausgeübt
werden“. Ein „Kabinett“ oder Ministerium kennt
die Verfassung nicht, tatsächlich hat sich aber doch
das Wort „Kabinett“ im Sprachgebrauch fest ein-
gebürgert; die Verfassung kennt nur „Exekutiv-
departements“, nämlich das „des Staats“ (Aus-
wärtiges), des Schatzamts (Finanzen), des Kriegs,
der Justiz, der Post, der Flotte und das des
Innern, deren Vorstände den Titel „Sekretär"“
führen. Als Kollegium existieren sie für die Verfas-
sung gar nicht, vielmehr liegt die Entscheidung ver-
fassungsrechtlich allein beim Präsidenten auch über
die Fragen, die er mit den Sekretären in einem
„Kabinettsrat“ besprochen und beraten hat. Die
Pflichten und Rechte der einzelnen „Sekretäre“
sind durch besondere Gesetze genau fixiert; die
Sekretäre sind Ressortminister. So ist also nach
der amerikanischen Verfassung ein parlamentarisches
Regime ausgeschlossen; Träger der Exekutiv-
gewalt ist allein der Präsident; der Senat hat nur
das Recht, die vom Präsidenten ernannten „Sekre-
täre“ zu bestätigen. Verantwortlich dem Kongreß
gegenüber ist nur der Präsident, der hinsichtlich
der Entlassung der „Sekretäre“ freie Hand hat.
III. Stellung und Bedeutung der Minister
in Monarchien und Republiken. Nicht nur die
Verfassungen der konstitutionellen Monarchien,
sondern auch die einiger Republiken bestimmen,
daß das Staatsoberhaupt unverantwortlich ist
und alle Regierungsakte des Staatsoberhaupts
durch die Minister gegenzuzeichnen sind, wodurch
diese die Verantwortlichkeit übernehmen. Dieser
Grundsatz ist für Monarchien selbstverständlich,
da ja der Monarch die höchste Gewalt im Staat
innehat und somit keine andere Gewalt im Staat
ihn zur Rechenschaft ziehen kann. Alle Ver-
fassungen der monarchischen Staaten enthalten die
Bestimmung, „daß der Herrscher unverantwortlich
ist". So die Preußische Verf.-Urk. Art. 43:
„Die Person des Königs ist unverletzlich“, ähnlich
die Verfassungen der deutschen Mittel= und Klein-
staaten: „Der König (Großherzog, Herzog, Fürst)
vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt und
übt sie unter den in dieser Verfassungsurkunde fest-
gesetzten Bestimmungen aus“, und weiterhin „seine
Person ist heilig und unverletzlich". — Dieselbe
Bestimmung enthält das österreichische Staats-
grundgesetz, die italienische Verfassung, die bel-
gische usw. Das englische Recht besagt mit seinem
Satze „Der König ist unverletzlich“ und „Der König
kann nicht Unrecht tun“ dasselbe. Selbst die Ver-
fassung der französischen Republik von 1875 hat
das Staatsoberhaupt für beschränkt verantwort-
lich erklärt, wiewohl doch das Prinzip der Volks-
souveränität eigentlich volle Verantwortlichkeit
aller Träger der öffentlichen Gewalt verlangt. Die
Verfassung stipuliert nur im Fall des Hochverrats
die Verantwortlichkeit des Präsidenten der Republik.
Unter „Hochverrat“ wird verstanden, daß der
Staatsministerium.
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Präsident die Gesetze oder die Verfassung verletzt
oder Frankreich zugunsten eines fremden Landes
verraten hat. Eventuelle Verstöße des Präsidenten
gegen das gewöhnliche Recht sind strafbar, können
aber nur vom Senat in seiner Eigenschaft als
oberster Gerichtshof auf Antrag der Deputierten-
kammer gerichtet werden. — Anders liegen die
Verhältnisse in den Vereinigten Staaten
von Amerika, deren Präsident die voll-
ziehende Gewalt in seiner Hand vereinigt, der auch
das alleinige Recht der Entscheidung hat und so-
mit dem Kongreß auch politisch verantwortlich ist.
Deshalb ist der Präsident in der Wahl seiner
Minister (Sekretäre) frei, wenn auch der Senat
das Bestätigungsrecht besitzt.
IV. Ernennung und Entlassung der Mi-
nister. In den meisten konstitutionellen Mon-
archien, so in den deutschen, ist der Monarch frei
in der Wahl seiner Minister. Nur in den parla-
mentarisch regierten Ländern muß er seine Mi-
nister aus den Reihen der Mehrheitsparteien wäh-
len (so in England, Belgien, Osterreich, Ungarn,
Italien, Rumänien, Bulgarien, Serbien, Grie-
chenland, Spanien, Dänemark, Schweden, Nor-
wegen). In der Regel enthält der Erlaß, durch
den ein Minister ernannt oder entlassen wird, die
ministerielle Gegenzeichnung. Die Frage nun, ob
diese Gegenzeichnung erforderlich ist oder nicht, ist
viel umstritten. Do, wo eine Verfassung dies aus-
drücklich ausspricht, ist die Frage natürlich ohne
weiteres zu bejahen. Anders dagegen da, wo keine
verfassungsrechtlichen Bestimmungen existieren.
Von einigen Theoretikern wird die Frage der Not-
wendigkeit der Gegenzeichnung verneint, von
andern bejaht. Allgemein anerkannt wird, daß
die Ministerernennung ein Regierungsakt sei, der
als solcher der Gegenzeichnung bedarf; die Gegen-
zeichnung hat eine doppelte Wirkung, einmal soll
sie dem Akt des Staatsoberhaupts die Rechtskraft
und Vollziehbarkeit verleihen, sodann soll sie die
Verantwortlichkeit begründen, denn zweifellos
können bei der Wahl von Ministern Lebensinter-
essen des Staats berührt und gefährdet werden;
so könnte ja z. B. das Staatsoberhaupt unter Ver-
letzung des Gesetzes bzw. der Verfassung einen von
dem Staatsgerichtshof verurteilten Minister (vgl.
unten Abschnitt IX) wiederum zum Minister er-
nennen. Füreinesolche Gesetzwidrigkeit muß zweifel-
los jemand der Volksvertretung gegenüber verant-
wortlich sein. Die Verfassungen einiger Staaten
haben dem Recht der Monarchen bezüglich der
Ministerernennung vielfach gewisse Schranken ge-
setzt. So darf in Bayern „die Führung eines
Ministeriums nur einem Staatsrat übertragen“
werden. In andern Ländern, wie z. B. in Bel-
gien, Griechenland, Serbien, sind vom Amt eines
Ministers auch die Mitglieder des regierenden
Haufes verfassungsgemäß ausgeschlossen. Gegen
das Erfordernis der ministeriellen Gegenzeichnung
bei Ministerernennungen wird nun nicht ohne jede
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