1527 Staatsministerium. 1528
minister führt, während die übrigen Ressortchefs Staatsminister, soweit diese selbständig sind, in
den Titel „Minister“ führen. Die Zuständigkeit Kenntnis gesetzt zu werden. Ferner bestand oder
des Staatsministeriums erstreckt sich auf alle Ge- besteht noch in einzelnen Staaten die Bestimmung,
biete des Staatslebens, es ist aber kein den Res- daß die Vorträge der einzelnen Minister vor dem
sortministern vorgesetztes Organ. Wonarchen nur in Gegenwart des Ministerpräsi-
Ahnlich liegen die Verhältnisse in Hessen, denten stattfinden dürfen. Über die Stellung des
nur ist hier der Geschäftskreis und die Kompetenz Premierministers in den parlamentarisch
des Staatsministeriums und des Staatsministers regierten Staaten siehe oben Sp. 1520 ff.
noch umfassender; so ist diesem ein Recht der VII. Oeschäfte und Geschäftsgang im
Kenntnisnahme und Billigung in Bezug auf alle Staatsministerium. Welche Geschäfte dem
wichtigen Maßregeln der sämtlichen Ministerien Staatsministerium als solchem und nicht den
eingeräumt und es müssen ihm daher alle Anord= Staatsministern als Einzelministern obliegen,
nungen und Verordnungen der Einzelministerien richtet sich zunächst nach den Bestimmungen der
vor dem an den Landesherrn zu richtenden An= betreffenden Verfassung oder besonderer Gesetze.
trag, ebenso alle Beamtenernennungen der aka= In der Regel gehören zu diesen: die Berufung der
demisch gebildeten Beamten vorgelegt werden. Die Volksvertretung im Fall der Notwendigkeit der
Verhandlungen im Staatsministerium sind aber Einsetzung einer Regentschaft und die Führung
kollegial. der Regierung bis zum Antritt der Regentschaft
In ÖOsterreich ist das zu einem Kronrat oder durch den Regenten; die Gegenzeichnung aller Re-
Ministerrat unter Vorsitz des Monarchen vereinigte gierungsakte des Regenten bis zur Eidesleistung
Gesamtministerium keine kollegiale Behörde mit desselben; die Gegenzeichnung von Notverord-
bindenden Mehrheitsbeschlüssen. Das Handeln nungen (s. d. Art. Notrecht); in einigen Staaten
und die Gegenzeichnung des Gesamtministeriums auch die letztinstanzliche Entscheidung im Diszi-
ist notwendig, z. B. bei Erlaß von Notgesetzen, plinarverfahren gegen Verwaltungsbeamte. In
Verhängung des Belagerungszustands und bei kleineren Staaten ist auch wohl bestimmt, daß das
Suspension der Geschworenengerichte. Staatsministerium als Rekursinstanz über einem
VI. Die Stellung des Ministerpräsidenten. Ministerium tätig zu sein hat. So in Bayern,
In den vom monarchischen Prinzip beherrschten Sachsen, Württemberg, Baden u. a. Indes ist
Staaten bestimmt das Staatsoberhaupt einen der die Stelle, von der die verlangte Entscheidung aus-
Minister zum Präsidenten des Staatsministeriums geht und von welcher der eingelegte Rekurs ver-
(Ministerpräsident, Staatsminister, Premiermini= beschieden wird, immer der Landesherr. Das
stee). Derselbe hat nicht die Stellung eines Vor-Staatsministerium oder der Ministerrat oder
gesetzten der übrigen Minister; sein besonderes Amt Kronrat ohne den Landesherrn ist nur beratendes
besteht in der Leitung der Geschäfte und der Ver= Kollegium. Leitender Gesichtspunkt ist, daß im
handlungen in den Sitzungen des Staatsministe- Staatsministerium als einer einheitlichen, die ge-
riums, zu welchen die sämtlichen Minister berufen samte Staatspolitik nach außen und nach innen
werden (Ministerrat, Staatsministerialsitzung), unter dem Monarchen führenden Stelle alle Fäden
Beruft jedoch der Monarch das Staatsministerium der Staatsverwaltung zusammenlaufen müssen.
zu einer in seiner Gegenwart abzuhaltenden Sitzung 1 Vor dasselbe gehören daher alle das Verhältnis
(Konseil, Kronrat, Ministerrat), so führt er selbst zu andern Staaten betreffenden Angelegenheiten,
den Vorsitz. In größeren Staaten wird auch wohl' wie Staatsverträge, die Frage, ob Krieg oder
für den Fall der Behinderung des Präsidenten des Frieden. Ferner gehören vor dasselbe nicht nur
Staatsministeriums ein ständiger Vertreter des- # die Feststellung der der Volksvertretung vorzu-
selben (Vizepräsident des Staatsministeriums) er= legenden Budget= und derandern Gesetzentwürfeund
nannt; wo das nicht geschehen ist oder der Ver= der Regel nach der Entwürfe zu landesherrlichen
treter selbst behindert ist, findet die Vertretung des Verordnungen, sondern auch solche Verwaltungs-
Präsidenten durch den nach dem Tag der Er= angelegenheiten, welche zwar das Ressort nur ein-
nennung ältesten der nicht selbst behinderten Staats= zelner Minister betreffen, aber von allgemeiner,
minister statt. Die Stellung des Präsidenten ist prinzipieller Bedeutung sind und mit der ganzen
übrigens an sich eine besonders bedeutungsvolle. vom Staatsministerium vertretenen Richtung der
In der Regel drückt er durch seine politische Staatspolitik und dem aus dieser hervorgehenden,
Richtung dem ganzen Staatsministerium das Ge= die gesamte Staatsverwaltung beherrschenden ein-
präge auf. Im gewöhnlichen Leben und geschicht= heitlichen Geist im Einklang stehen müssen. So
lich wird das jeweilige Staatsministerium nach ist z. B. nach der badischen Verfassung das Staats-
seinem Namen bezeichnet. Er ist auch, sofern es ministerium dasjenige Organ, das die Regierung
sich um Ernennung von andern Ministern oder den Ständen gegenüber zu vertreten hat. Vor das
um die Entlassung solcher handelt, der nächste Rat= Staatsministerium gehört es weiter, wenn nach
geber des Monarchen, um die nötige Homogenität der Ressortverteilung zwei oder mehrere Minister
im Staatsministerium zu erhalten oder wieder= in einer Angelegenheit gemeinschaftlich zu ent-
herzustellen. Zu diesem Zweck kann er auch ver= scheiden haben, sich aber nicht einigen können. Auch
langen, von den Verwaltungsakten der übrigen die Vorschläge für die Besetzung der oberen Be-