Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Staaten bestehen daher besondere Vorschriften über 
die Verwendung solcher, die sich den Spezial- 
zweigen der Verwaltung widmen wollen. 
IV. Die Arten der Prüfungen. 1. Die 
Reifeprüfung. Sie gewährleistet eine gewisse 
Durchschnittsbildung der im öffentlichen Dienst 
stehenden Personen. Ihr Bestehen gibt nämlich 
die Berechtigung zum fachmäßigen Universitäts- 
und Hochschulstudium und zur Ablegung der die- 
sem entsprechenden Prüfungen, ferner unmittelbar 
zum Eintritt in den Offiziersdienst und einer 
ganzen Reihe von mittleren Dienststellen der ver- 
schiedenen Staatsverwaltungszweige. 
Seit Beginn des Jahrs 1910 ist die Verein- 
barung der Landesregierungen über die gegenseitige 
Anerkennung der Reifezeugnisse in Kraft für 
die deutschen öffentlichen Gymnasien, Realgym- 
nasien und Oberrealschulen, wobei verlangt wird 
eine Lehrdauer von mindestens neun Jahren, Auf- 
nahme in die unterste Klasse in der Regel nicht 
vor Vollendung des 9. Lebensjahrs. Allgemein 
verbindliche Lehrfächer sind in der obersten Klasse 
aller drei Schularten: Religionslehre, Deutsch, 
Geschichte, Erdkunde, Mathematik und Natur- 
kunde, ferner bei den Gymnasien: Latein, Grie- 
chisch und Französisch oder Englisch; bei den 
Realgymnasien und Oberrealschulen: Französisch, 
Englisch und Zeichnen, außerdem bei den Real- 
gymnasien: Latein. Die Erlangung des Reife- 
zeugnisses am Schluß des ganzen Lehrgangs ist 
bedingt durch das Bestehen der Reifeprüfung vor 
einer Kommission (Direktor und Lehrer der An- 
stalt und ein Regierungskommissar). 
2. Die akademischen Prüfungen. 
Durch diese Prüfungen werden die alten akade- 
mischen Würden erlangt; sie haben jedoch nur 
für die akademische Laufbahn (die allerdings auch 
eine staatliche ist) praktische Bedeutung, außerdem 
nur die Bedeutung einer Empfehlung, denn die 
Doktorwürde gibt für den Staatsdienst keine Be- 
rechtigung, seit 1894 auch in Osterreich nicht. Bei 
Besetzung erledigter Professuren ist nach dem deut- 
schen System Anwartschaft seitens unbesoldeter 
Privatdozenten und Fakultätsvorschlag, in 
romanischen Ländern der sog. Konkurs, d. h. Be- 
werbung durch Einsendung von Probeleistungen 
und mündliche Prüfung durch eine in einem Ort 
versammelte Kommission von Fachprofessoren ver- 
schiedener Universitäten, üblich. Ein Seitenstück 
zum Verhältnis der Universitäts= und Staats- 
prüfungen bildet an den Technischen Hochschulen 
das Verhältnis der Diplom= zu den Staats- 
prüfungen in den betreffenden Zweigen. Die Tech- 
nischen Hochschulen erteilen auf Grund von 
Prüfungen Diplom-oder Fachprüfungszeugnisse. 
Auf Grund der Diplomprüfungerteilen sie den Grad 
eines Diplomingenieurs (dipl. Ing.); Diplom- 
ingenieure können auf Grund einer weiteren 
Prüfung zu Doktoringenieuren promovieren. Die 
Würde eines Doktoringenieurs kann auch Ehren 
halber verliehen werden. 
Staatsprüfungen. 
  
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3. Die Staatsprüfungen stehen in vieler 
Hinsicht im Zusammenhang mit den Universitäten. 
Die Innigkeit des Zusammenhangs ist, wie nach 
Staaten, so auch nach Berufen verschieden. Die 
Staatsprüfungen werden von Prüfungsbehörden 
abgehalten, welche die Regierung auf kürzere oder 
längere Zeit ernennt, ihre Ablegung ist Bedingung 
für den Eintritt in den praktischen Beruf. Die 
Theologen haben ihre Ordinariatsprüfungen. Die 
Voraussetzungen, unter denen jemand sich 
als Arzt (Wundarzt, Augenarzt, Geburtsarzt, 
Zahnarzt) praktisch im Gewerbe sich betätigen darf, 
sind reichsgesetzlich geregelt, und zwar für 
Arzte in der Bekanntmachung des Reichskanzlers 
vom 28. Mai 1901, vom 8. Nov. 1903, vom 
12. Febr. 1907 und 9. Dez. 1907, ergänzt durch 
Vorschrift vom 21. Juni 1908. Danach haben 
die Kandidaten der Medizin nach mindestens fünf 
Studiensemestern vor dem Fakultätsdekan und den 
Fachlehrern eine Vorprüfung, das sog. tentamen 
physicum, abzulegen, sodann bis zur Staats- 
prüfung klinisch zu arbeiten. Die Staatsprüfung, 
von deren Bestehen die Approbation abhängt, 
wird vor einer bei jeder Universität bestehenden 
Prüfungskommission abgelegt. Nach Bestehen 
dieser Prüfung hat der Medizinalpraktikant ein 
weiteres Jahr praktisch an einer Klinik zu arbeiten 
(Vorschrift vom 21. Juni 1908). Die Anstalten, 
in denen dieses praktische Jahr abgeleistet wird, 
werden alljährlich im „Zentralblatt für das Deutsche 
Reich“ aufgezählt. Für diejenigen Arzte, welche 
im staatlichen Dienst als Arzt (Bezirks- 
arzt usw.) eine Anstellung erhalten wollen, ist in 
den meisten Staaten eine weitere Prüfung vor- 
geschrieben. Ebenso ist durch Bekanntmachung 
des Bundesrats vom 15. März 1909 die zahn- 
ärztliche Prüfung von neuem geregelt 
worden; danach sind zur Erteilung der Appro- 
bation als Zahnarzt für das Reichsgebiet folgende 
Behörden befugt: 1. die Zentralbehörden der- 
jenigen Bundesstaaten, welche eine oder mehrere 
Landesuniversitäten haben, mithin die zuständigen 
Ministerien des Königreichs Preußen, Bayerns, 
Sachsens, Württembergs, des Großherzogtums 
Baden, Hessens, Mecklenburg-Schwerins, und in 
Gemeinschaft die Ministerien des Großherzogtums 
Sachsen-Weimar und der sächsischen Herzogtümer; 
2. das Ministerium für Elsaß-Lothringen. Die 
Approbation wird erteilt demjenigen, welcher die 
zahnärztliche Prüfung vollständig bestanden hat. 
Dieser Prüfung hat die zahnärztliche Vorprüfung 
vorherzugehen. Für Tierärzte sind die Appro- 
bationsbedingungen geregeltin der Bekanntmachung 
des Reichskanzlers vom 13. Juli 1889, 26. Juli 
1902 und 24. Dezember 1905. 
Die persönliche Befähigung zum Betrieb einer 
Apotheke ist nach § 29 der Gew.O. bedingt 
durch eine Approbation auf Grund des Nachweises 
der Befähigung durch eine Prüfung (Bekannt- 
machung des Reichskanzlers vom 18. Mai 1904). 
Die Approbation erfolgt durch die zuständigen
	        
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