Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Literatur. A. Oncken, Euvres économiques et 
philosophiques de F. Quesnay (Frankf. u. Par. 
1888, vollständige Ausgabe seiner Werke); ders., 
Die Maxime laissez faire et laissez passer, ihr 
Ursprung, ihr Werden (1886); ders., Geschichte der 
Nationalökonomie I, 2 (1902; Oncken, der die 
Forschung in unserer Frage wesentlich gefördert 
hat, bietet hier auch S. 511 ff ein ausführliches 
Literaturverzeichnis); St. Bauer, Zur Entstehung 
der Physiokratie, in Jahrb. für Nationalökon. u. 
Statistik, Neue Folge XXI (1890) 113ff; W. Has- 
bach, Die allgemeinen philosoph. Grundlagen der 
von Francois Quesnay u. Ad. Smith begründeten 
polit. Okonomie, in G. Schmollers Staats= u. so- 
zialwissenschaftl. Forschungen X (1890); G. Schelle, 
Dupont de Nemours et I’école physiocratique 
(Par. 1888); L. Cossa, Introduzione allo studio 
dell’ economia politica (Mail. 31892) 278 ff; 
Güntzberg, Die Gesellschafts= u. Staatslehre der 
Physiokraten (1907). [O. Schilling.] 
Placetum regium, landesherrliches Plazet. 
lBegriff. Geschichtliches. Kritik.) 
1. Begriff. Unter dem landesherrlichen Plazet- 
rechtversteht man die Befugnis der Landesregierung, 
zu verlangen, daß von kirchlichen Behörden aus- 
gehende kirchliche Erlasse nicht eher veröffentlicht 
oder mitgeteilt werden, bis diese Veröffentlichung 
von der staatlichen Behörde gestattet ist. Diese 
Gestattung wurde durch das Wort placet aus- 
gedrückt, daher der Name. Das Plazetrecht wurde 
in den letzten Jahrhunderten von den Regierungen 
in verschiedenster Weise und aus verschiedenen 
Rechtsgründen beansprucht. In Spanien und 
Frankreich berief man sich zugunsten desselben 
zumeist auf hergebrachte Gewohnheit und das 
durch sie erlangte Recht oder auch darauf, daß 
dem Landesherrn bezüglich der päpstlichen Erlasse 
dasselbe Recht zukomme wie bezüglich solcher von 
auswärtigen Mächten. Unter dem Einfluß pro- 
testantischer Anschauungen wird das Plazetrecht 
als eine der Landesregierung aus sich zukommende 
Vollmacht hingestellt und unter den jura circa 
sacra aufgezählt, während die iura in sacra 
dem Staat abgesprochen werden. Der moderne 
Staat faßt es gleichfalls als ein in der Gebiets- 
hoheit liegendes Recht auf, da der Staat absolute 
und ausschließliche Souveränität in seinem Terri- 
torium besitze. 
Der Umfang, in welchem es beansprucht und 
gehandhabt wurde, ist gleichfalls sehr verschieden. 
Gar nicht selten wurde es bezüglich aller Erlasse 
der römischen Kurie in Anspruch genommen, also 
nicht etwa bloß der Gesetze und allgemeinen Ver- 
ordnungen, sondern auch der Verleihungen von 
Pfründen, der Ablaßbreven, Dispense usw., so 
nicht nur in Osterreich nach den Hofdekreten vom 
12. Sept. 1767, 20. März 1781 und 7. Nov. 
1794, sondern auch im ersten der Organischen 
Artikel, welche Napoleon I. dem Konkordat von 
1801 beifügte; dasselbe verlangte auch § 118 des 
T1 II, Tit. 11 des preuß. Allg. Landrechts. Auch 
im 17. und 18. Jahrh. wurde in Belgien, Spanien, 
Frankreich das noch neue Plazet durchgehends für 
Placetum regium. 
  
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die päpstlichen Aktenstücke jedweder Art verlangt. 
Von den Gesetzen nahm man allerdings die dogma- 
tischen Definitionen manchmal aus. Ebenso waren 
die von der römischen Pönitentiarie erwirkten 
Dispense und Absolutionen dem Plazet nicht 
unterworfen. Wie für die päpstlichen, so sollte 
auch für die bischöflichen Erlasse von größerer 
Bedeutung vor ihrer Veröffentlichung die Ge- 
nehmigung der Regierungen eingeholt werden. 
So verlangten in Spanien während der zweiten 
Hälfte des 17. Jahrh. mehrere königliche Ver- 
ordnungen das königliche Plazet für die Ver- 
kündigung der Beschlüsse der Diöbzesansynoden. 
In Österreich sollte unter Kaiser Joseph II. das 
Plazet auch für die bischöflichen Hirtenschreiben 
erbeten werden; bereits Maria Theresia hatte 
dies verlangt, und frühere Herrscher hatten den 
Bischöfen die Verkündigung von Exkommuni- 
kationssentenzen ohne vorherige staatliche Geneh- 
migung derselben verboten. — In neuerer Zeit 
begegnet man einer viel milderen, aber doch noch 
bedenklichen Anwendung des Plazet, indem es 
nur für jene Erlasse gefordert wird, welche in 
staatliche oder bürgerliche Verhältnisse eingreifen. 
Die staatlichen oder bürgerlichen Verhältnisse 
werden nämlich in der Gegenüberstellung zu 
den rein kirchlichen Verhältnissen viel zu weit 
ausgedehnt, und dadurch wird die Freiheit der 
Kirche auf ihrem eignen Gebiet doch wieder be- 
einträchtigt. Während in früheren Zeiten die 
vorherige Einholung des Plazet verlangt wurde, 
besteht in neuerer Zeit in einzelnen Staaten die 
mildere Praxis, daß nur eine mit der Veröffent- 
lichung des Erlasses gleichzeitige offizielle Vor- 
lage zu geschehen hat. 
2. Geschichtliches. Bereits in den mittel- 
alterlichen Kämpfen zwischen einzelnen Staats- 
gewalten und den Päpsten hatten die ersteren sich 
des Verbots der Veröffentlichung oder Exequierung 
von päpstlichen Erlassen als eines Kampfwittels 
gegen die letzteren bedient; so verboten Heinrich IV. 
und Friedrich II. die Verkündigung des über sie 
ausgesprochenen Bannes in den ihrem Machtbereich 
unterworfenen Ländern; ebenso untersagte z. B. 
Ludwig der Bayer dem Kapitel der Bartholomäus= 
kirche zu Frankfurt (1343), irgendwelche vom Rö- 
mischen Stuhl oder dessen Legaten kommenden 
Briefe contra clericos nobis adhaerentes an- 
zunehmen oder ihnen Folge zu leisten. Doch kann 
man solche Verbote kaum als die ersten Ansänge 
des Plazet ansehen, da sie lediglich für die Zeit 
des Kampfs gegeben wurden und als Waffen in 
dem bereits ausgebrochenen Kampf dienen sollten. 
Als Ursprungszeit des landesherrlichen Plazet 
gibt man gewöhnlich das 15. Jahrh. an; es 
soll in der Befugnis, welche zur Zeit des okziden- 
talischen Schismas den Bischöfen gegeben wurde, 
die in ihre Sprengel gelangenden pöpstlichen 
Schreiben vorerst zu untersuchen, ob sie von 
dem rechtmäßigen Papst ausgegangen seien, sein 
Vorbild haben. Wie dem immer sei, sicher hat
	        
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