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die Vorlage der päpstlichen Erlasse zu verlangen,
die Lehre von der vollkommenen Freiheit des
Apostolischen Stuhles entgegen: Quare dam-
namus ac reprobamus illorum sententias,
qui hanc supremi capitis Cum pastoribus et
Sregibus Ccommunicationem licite impediri
posse dicunt, aut eandem reddunt saeculari
potestati obnoxiam, ita ut contendant, quae
ab apostolica sede vel eius auctoritate ad
regimen ecclesiae constituuntur, vim ac
valorem non habere, nisi potestatis sae-
cularis placito confirmentur (sess. III, c. 3).
Wie der Wortlaut ergibt, bezieht sich diese Ver-
urteilung nicht nur auf jene Meinung, welche den
päpstlichen Erlassen, die, ohne das landesherrliche
Plazet erhalten zu haben, verkündigt und voll-
zogen werden, die Gültigkeit abspricht, sondern
auch auf jene mildere Ansicht, welche zur erlaubten
Veröffentlichung oder Vollziehung päpstlicher Ent-
schlüsse das landesherrliche Plazet als nötig aus-
gibt. Es findet sich auch in der Geschichte kein
Beispiel dafür, daß ein Papst das Plazetrecht
einem Fürsten zugestanden hätte. Benedikt XIV.,
der vor dem Abschluß des Konkordats mit der
Regierung Sardiniens von dieser gar sehr zum
Zugeständnis dieses Rechts gedrängt wurde, ver-
weigerte es beharrlich; er gab nur die amtliche
Mitteilung der kirchlichen Erlasse an die Re-
gierung zu mit der ausdrücklichen Verwahrung
dagegen, daß irgend ein Zeichen einer Ge-
nehmigung den mitgeteilten Erlassen beigesetzt
werde.
Literatur. Van Espen, De promulgatione
legum ecclesiasticarum (Augsburg 1782); Bi-
anchi, Della potestaà e della politia della chiesa
(Rom 1745); Phillips, Kirchenrecht §§ 112 u.
148; Hinschius, System des kath. Kirchenrechts III
§ 190; Tarquini, Dissert. de regio Placet (1852
u. ö.); A. Müller, De placito regio (1877);
v. Papius, Zur Geschichte des Plazet, im Archiv
für kath. Kirchenrecht XVIII (1867); Gebsattel,
Plazetrecht des Königs von Bayern (1892); Petri,
Geschichte des Plazets nach Zweck u. Ausdehnung,
Leipz. Diss. (1899). (Biederlack S. J.
Plato. Plato, der Sohn des Kodriden
Aristo, durch seine Mutter Periktione mit dem
Geschlecht Solons verwandt, wurde zu Athen 429
oder wahrscheinlicher 427 v. Chr. aus vornehmer
und reicher Familie geboren. Nach genossener
Jugendbildung war er mehrere Jahre Schüler
und vertrauter Freund des Sokrates, welchem er
in seinen Dialogen ein unvergängliches Denkmal
gesetzt hat. Nach dem Tod seines Lehrers verließ
er mit andern Schülern des Sokrates Athen und
begab sich über Megara nach Agypten und Cyrene,
weiter nach Großgriechenland, wo er den dort auch
politisch wieder mächtigen pythagoreischen Kreisen
näher trat, und nach Sizilien. In Syrakus wurde
er am Hof des älteren Dionys mit dessen Schwager
Dio befreundet, aber von dem Tyrannen aus
Zorn über seinen Freimut gewaltsam entfernt.
Nach Athen zurückgekehrt, eröffnete er in der „Aka-
Plato.
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demie“ innerhalb eines aufnehmenden und mit-
arbeitenden Schülerkreises eine regelmäßige, or-
ganisierte Lehrwirksamkeit, welche von einer aus-
gedehnten, den mündlichen Unterricht einleitenden
und unterstützenden schriftstellerischen Tätigkeit
begleitet wurde. Unterbrochen wurde dies bedeut-
same, doch stille Wirken nur durch zwei Reisen
nach Sizilien, wo nach dem Tod des älteren der
jüngere Dionys den Thron bestiegen hatte. Plato,
der in seiner Vaterstadt jeder Anteilnahme am po-
litischen Gemeinwesen, dessen baldige Besserung
ihm aussichtlos erschien, sich enthielt, hoffte durch
den noch bildungsfähigen jungen Herrscher sein
Ideal des philosophischen Monarchen zu verwirk-
lichen. Er folgte deshalb der Einladung Dios,
welcher auch der junge Dionys sich anschloß, ohne
daß indes der Ausgang seinen Erwartungen ent-
sprochen hätte. Ebensoerfolglos war die anscheinend
zum Zweck einer Versöhnung zwischen Dio und
Dionys unternommene dritte Reise nach Sizilien,
bei welcher Plato es nur dem Dazwischentreten
der in Tarent herrschenden pythagoreischen Freunde
verdankte, daß er glücklich in die Heimat zurück-
kehrte. Nach einem ruhigen Alter in unermüd-
licher Tätigkeit traf der Tod Plato 347 v. Chr.,
im 81. Lebensjahr.
Die Philosophie Platos ist nicht so sehr wichtig
durch ihre nicht selten befremdlich klingenden Einzel-
sätze als durch ihre Gesamtrichtung und ihre grund-
legenden Anschauungen. Durch diese stellt sie in
hoher Reinheit einen bedeutsamen Typus des
Philosophierens dar, der für sich allein zwar ein-
seitig ist und der Ergänzung durch andere Ge-
sichtspunkte bedarf, der seine Notwendigkeit als
Element philosophischer Weltanschauung aber schon
dadurch erweist, daß er im Lauf der geschichtlichen
Entwicklung stets wieder, und zwar gerade bei
führenden Geistern, zum Durchbruch gelangte.
Von seinem Lehrer Sokrates übernimmt Plato das
Problem, gegenüber der sophistischen, auf die sen-
sualistische Relativitätstheorie gestützten Skepsis
das Wissen zu sichern, indem er es auf ein festes
begriffliches Prinzip stellt. Er findet dies un-
wandelbare Prinzip in einem von der wechselnden
sinnlichen Wahrnehmung unabhängigen Vernunft-
besitz. Dieser selbständige Vernunftbesitz hat aber
seine Quelle in einem transzendenten Ideenreich,
in welchem die Idee des Guten als geistige Sonne
herrscht, die allem das Sein und die Erkennbarkeit
verleiht. So unvollkommen auch die Durchführung
dieses Grundgedankens bei Plato erscheint, indem
er einerseits die Grenzen des ursprünglichen Ver-
nunftbesitzes viel zu weit steckt und anderseits über
Ursprung und Aktuierung desselben sich nur un-
zureichend und vielfach in der Hülle mythischer
Einkleidung äußert, so ist der Grundgedanke selbst
doch von fundamentaler Bedeutung. Er besagt
nichts anderes, als was seit dem großen Plato-
niker Augustin unverrückbare Grundlage auch der
christlichen Spekulation geworden ist: daß nicht
schon die bloße Registrierung des sinnlich wahr-