Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Plato hat sich mittlerweile überzeugt, daß der massen seitens eines einzigen Unternehmers wird 
vollkommene Staat nur unter „Göttern oder durch das Verbot verhindert, Arbeiter in einem 
Göttersöhnen“ möglich sei; deshalb bietet er nun= andern Gewerbe zu beschäftigen als in dem, 
mehr in den „Gesetzen“ den Plan eines zweitbesten welches jeder selbst gelernt hat. Die gleiche anti- 
Staats, der das Beste darstellen soll, was nach kapitalistische Tendenz zeigt sich im Zinsverbot, 
den Verhältnissen von Land und Volk erreichbar in der Aufhebung des Rechtsschutzes für Kredit- 
ist. Vor allem werden die sozialen und wirtschaft= und Vorschußgeschäfte, in der Beschränkung auch 
lichen Verhältnisse auch hier ins Auge gefaßt. des mobilen Besitzes der Bürger auf ein nicht 
Während die „Politeia“ die Idee des Staats sehr hohes Maximum und in den Bestimmungen, 
und der Gerechtigkeit durch eine umfassende Ge= welche über die Dauer der Aufenthaltsberechtigung 
meinschaft zu verwirklichen sucht, in der Beamte, für die Handel und Gewerbe treibenden fremden 
Militär und die erwerbende Klasse ihre besondern Einsassen getroffen werden. Klassenkämpfe würden 
Aufgaben haben, aber doch als „Brüder“ sämtlich in einem derartig beschränkten Bauernstaat aus- 
Bürger sind, ist das Ideal der „Gesetze“ ein weit geschlossen sein; daß auch sonst die Zwistigkeiten 
engeres. Nicht nur wird die Bestellung des Ackers auf ein möglichst geringes Maß hinabgedrückt 
durch Sklaven ausgeübt, sondern auch Gewerbe werden, dazu sollen vor allem die strengen Be- 
und Handel werden den Einsassen überlassen. stimmungen über den Kontraktbruch beitragen. 
Anderseits fallen der erste und zweite Stand der So wenig wie das Privateigentum ist die Fa- 
„Republik“ zusammen. Für die so verbleibenden milie im Staat der „Gesetze“ aufgehoben. Im 
Bürger wird die Gütergemeinschaft nicht mehr Gegenteil wird hier die Familie und der unter 
gesordert. Jeder Bürger wird Land= und Haus= patriarchalischer Herrschaft stehende Familienver= 
inhaber, wenn auch das Eigentum dem Staat band auch historisch als Vorstufe des Staats be- 
vorbehalten bleibt und dem Inhaber nur ein trachtet, der aus der Familie durch Ausbreitung 
Nutzungsrecht zusteht. So stellt sich der Staat entstanden sei (680 f). Die aristotelische Gliederung 
der „Gesetze“ als kleinbürgerlicher Agrarstaat dar von Familie, Gemeinde, Polis konntehier anknüpfen. 
Bei der Empfehlung desselben geht Plato von der — Sittlichkeit und Religion stehen unter dem 
Überzeugung aus, daß im Gegensatz zu der kapi= Schutz des Staats. Die Konzessionen in sexueller 
talistischen Industrie und zu dem Gewerbe der Beziehung, welche Plato in der „Politeia“ trotz 
Ackerbau — d. h. nicht die Bearbeitung des Ackers, alles sittlichen Ernstes den griechischen Anschau- 
die den Sklaven zufällt, sondern die Gutswirtschaft ungen immerhin noch gemacht hatte, werden in 
— am besten geeignet sei zu einer harmonischen den „Gesetzen“ aufgehoben. Strenge Beausfsich- 
Ausbildung von Leib und Seele und den Bürger tigung soll jeder Ausschweifung wehren. Ebenso 
am wenigsten an der ihm obliegenden Pflege der soll die Religiosität durch Strafandrohungen vor 
Tugend hindere. Die zugleich agrarische und anti= freidenkerischer Untergrabung sichergestellt wer- 
kapitalistische Tendenz des Staats der „Gesetze“ den. Leugner der Gottheit, der Vorsehung und 
bedingt die sozialen und wirtschaftlichen Einrich= der unbestechlichen Gerechtigkeit der Götter sollen 
tungen desselben. Der Grundbesitz ist in 5040 durch Haft zur Einsicht gebracht und bei beharr- 
ertragsgleiche, unveräußerliche Landlose geteilt. 1 lichem Widerstreben mit dem Tod bestraft werden. 
Durch Bestimmungen des Erbrechts über Mini- — Die Erziehung ist auch in den „Gesetzen“ auf 
mal= und Maximalbesitz (das Maximum darf den # das genaueste geregelt. Da von der Ideenlehre in 
fünffachen Betrag des Minimums nicht übersteigen) Platos Alterswerk nicht mehr die Rede ist, so tritt 
und durch Reglung der Bevölkerungszahl vermit= im „zweitbesten Staat“ an die Stelle der auf die 
tels der Aufnahme von Fremden bei Volksmangel Ideenlehre gegründeten Philosophie die praktische 
und der Auswanderung bei Bevölkerungsüber= Einsicht, an die Stelle der Bildung durch die 
schuß wird sowohl ein landloses Proletariat wie Dialektik eine solche durch Mathematik, Musik 
der Latifundienbesitz ferngehalten. Anordnungen und einen gereinigten Götterglauben. Als Gegner 
über die Verwendung der landwirtschaftlichen Er= des kriegerischen Erobererstaats räumt Plato der 
zeugnisse zu den gemeinschaftlichen Mahlzeiten usw., Tapferkeit nicht den Rang ein, den sie im kampfes- 
behördliche Reglung der Lebensmittelpreise, das frohen Lakedämon hatte; ihre Wertung ist in den 
Verbot der Getreideausfuhr entziehen die land= „Gesetzen“ eine weit niederere als noch in der 
wirtschaftliche Produktion der Macht der Kapitals= „Politeia“, sie ist der „kleinste Teil der Tugend“. 
bewegungen. Auf den Gebieten des Handels und Nicht kriegerische Tüchtigkeit in erster Linie soll 
des Gewerbs, die dem Bürger untersagt sind, die Erziehung bewirken, sondern die gleichmäßige 
werden nur Kleinbetriebe zugelassen, dazu be= höchste Ausbildung des Geistes und Körpers. 
stimmt, der Landwirtschaft die nötigen Werkzeuge Die rechtliche Natur des Staats und der 
und sonstigen Bedürfnisse zu liefern. Der kapita= Staatsordnung (néo, 751 A) findet keine nähere 
listische Großhandel wird durch die Einführung Bestimmung. Der Staat, das Gemeinwesen (75 
einer nur im Inland kursfähigen Münze unmög= Lot##% 767 E) ist rechtlich nichts anderes als die 
lich gemacht; die damals beliebte Weise industriellen Gesamtheit der Bürger (rpres, 768 A). Die auch 
Großbetriebs in Form der Beschäftigung größerer, in den „Gesetzen“ (828D) erhobene Forderung, 
in verschiedemnen Techniken ausgebildeter Sklaven= der Staat müsse wie ein Mensch (nahne eig 
  
 
	        
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