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litäten gestaffelte Besteuerung einzuführen, so
wächst damit die Brauchbarkeit dieser Steuern.
Vom sozialen Standpunkt aus sind sehr steuer-
fähig die Luxusgegenstände. Allerdings kann diese
tatsächliche Tragfähigkeit vielfach mit Rücksicht auf
die Konsumbeschränkung, mit Rücksicht auf die
Volkswirtschaft nicht voll ausgenutzt werden. Auch
wendet man gegen die Luxusbesteuerung ein, sie
bringe nur wenig und verursache relativ hohe Er-
hebungskosten. Diese Einwände verlieren aber an
Beweiskraft, je weiter die Wohlstandsentwicklung
und die Steuertechnik fortschreitet. Gerade die
jüngste Zeit hat gezeigt, daß der Luxusaufwand
durch Steuern sich nicht so leicht hemmen läßt,
wie beispielsweise der Aufwand für entbehrliche
Genußgüter des Massenkonsums. Nur istes schwer,
wegen der Vielgestaltigkeit und Variabilität des
Luxusaufwands dem Prinzip der Gleichmäßigkeit
gerecht zu werden.
Für die Aufwandsteuern lassen sich im ein-
zelnen folgende Punkte geltend machen. a) Die
Verbrauchssteuern gestatten eine Zerlegung der
Jahresleistung in eine Menge so kleiner Teil-
beträge, daß dieselben im Einzelfall gar nicht be-
wußt empfunden werden. b) Ein Eindringen in
persönliche Verhältnisse ist nicht nötig. c) Bei
den meisten Aufwandsteuern besteht die Möglich-
keit der Selbstbesteuerung; der Sparsame wird
weniger getroffen wie der Verschwender usw.
d) Es lassen sich manchmal volkswirtschaftliche,
moralische und sozialhygienische Nebenwirkungen
erzielen. s) Die Verbrauchssteuern bringen mei-
stens gute Erträge. f) Die Erträge steigen nor-
malerweise mit wachsender Volkszahl und zu-
nehmendem Wohlstand. g) Auch die Ausländer
werden erfaßt. h) Hin und wieder werden die
Aufwandsteuern Veranlassung zu wirtschaftstechni-
schen Betriebsfortschritten, indem statt der Über-
wälzung die Abwälzung eintritt.
An Mängeln, welche der Aufwandbesteuerung
anhaften, sind besonders zu bemerken: a) Die in-
dividuelle Leistungsfähigkeit wird nicht direkt er-
mittelt. b) Bei Belastung von notwendigen
Lebensmitteln sind die unteren Volksschichten re-
lativ viel zu stark belastet. c) So angenehm
einerseits die Möglichkeit der Selbstbesteuerung
durch Konsumbeschränkung und Konsumausdeh-
nung ist, so kann sie der Staatskasse Enttäuschun-
gen bringen. d) Hohe Steuersätze mit folgendem
starken Konsumrückgang können volkswirtschaftlich
schädlich wirken. e) Steuerbelastungskämpfe
können die Folge sein, besonders dann, wenn die
jeweils in Frage kommende Industrie erhebliche
UÜberbelastungen versucht. f) In einzelnen Fällen
kann es vorkommen, daß die Erhebungskosten re-
lativ zu hoch sind. 8) Vielfach sind die Schwierig-
keiten, Defraudationen zu verhüten, sehr groß.
h) Die Erträge hängen wesentlich von der Kon-
junktur ab und können darum nicht mit Sicher-
heit veranschlagt werden; sie sind schwankend und
erschweren darum die Etataufstellung. Gewiß eine
Steuern.
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erhebliche Summe von Bedenken. Doch können
sie zum guten Teil durch eine entsprechende Ge-
staltung der Steuerpraxis abgeschwächt oder di-
rekt beseitigt werden.
Im einzelnen sind folgende Aufwandsteuern zu
erwähnen.
a) Verbrauchssteuern auf notwendige Le-
bensmittel (Mahlsteuer, Schlachtsteuer, Salz-
steuer). Die Besteuerung des Mehls bzw. des
Brots und des Fleisches ist sozial bedenklich,
weil es sich um notwendige Lebensmittel handelt,
die zudem in erheblichem Maß konsumiert werden.
Dadurch wird die Belastung viel stärker empfun-
den wie etwa bei der Salzsteuer. Die Besteuerung
von Mehl und Fleisch war früher sehr verbreitet.
In Preußen war die Mahl= und Schlachtsteuer
von 1820 bis 1873 (bzw. 1875) Staatssteuer;
bis in die jüngste Zeit spielten diese Steuern als
Kommunalabgaben noch eine wichtige Rolle. Vom-
1. April 1910 ab sind sie auch als Kommunal=
steuern in Deutschland abgeschafft. In Frankreich
dagegen spielen die Oktrois auch gegenwärtig noch
eine sehr wichtige Rolle.
Die Salzsteuer wird gleichfalls vom sozial-
ethischen Gesichtspunkt aus stark angegriffen, weil
sie ein unentbehrliches Genußmittel trifft und die
unvermögenderen Klassen mehr wie die vermögen-
den belastet. In den Haushalten der wohlhaben-
deren Klassen wird zwar durchschnittlich mehr Salz
verbraucht wie in denen der unbemittelten Stände
(Dienstboten, Art der Zubereitung der Speisen);
aber während in einem wohlhabenden Haushalt
der Anteil an der Salzsteuer gegenüber dem Ge-
samtkonsum und auch anderseits gegenüber dem
Einkommen einen relativ sehr unbedeutenden Be-
trag darstellt, fällt die Steuer bei den Haushalten
der Unbemittelten verhältnismäßig viel mehr ins
Gewicht. Die Erhebung der Salzsteuer, sei es
auf dem Weg des Monopols, sei es auf dem der
Konsumsteuer, ist wegen der wenigen Stellen, an
welchen es gewonnen wird, einfach und billig.
Preußen hatte früher ein Salzmonopol.
1867 wurde eine einheitliche Fabrikatsteuer
eingeführt, welche dann auch vom neuen Deutschen
Reich übernommen wurde. Sie ist bis heute gleich
geblieben und beträgt 12 M für 1 Doppelzentner;
der Zoll beträgt 80 Pf., so daß das Auslandssalz
mit 80 Pf. mehr belastet ist. Auf den Kopf der
Bevölkerung treffen rund 90 Pf. Salzsteuer pro
Jahr.
b) Getränkesteuern. Die Branntweinsteuer.
Die Berechtigung der Branntweinsteuer wird nicht
nur aus finanziellen, sondern noch mehr aus so-
zialhygienischen Gründen anerkannt. Gerade der
Branntwein ist sehr gesundsheitsschädlich einmal
wegen des hohen Alkoholgehalts, sodann wegen
des darin enthaltenen Fuselöls, das auch durch
Raffination nicht völlig ausgeschieden werden
kann. Besonders durch den Schnapsgenuß wird
die Gesundheit angegriffen, die Nachkommen-
schaft degeneriert körperlich und geistig; ganz ab-