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eine andere Gestalt. Der wesentliche Inhalt der
nunmehr geltenden Reichsbrausteuer ist folgender:
Zur Bereitung von untergärigem Bier darf
nur Malz, Hopfen, Hefe und Wasser verwandt
werden (Surrogatverbot). Bei obergärigem Bier
ist außerdem die Verwendung von technisch reinem
Zucker und aus Zucker hergestellten Farbmitteln
zulässig. Nur auf die so hergestellten Biersorten
darf die Bezeichnung Bier angewandt werden.
Die Bezeichnung Malzbier darf für solche Bier-
sorten, zu deren Herstellung Zucker verwandt wird,
nur dann gebraucht werden, wenn die Verwendung
von Zucker in einer dem Verbraucher kennbaren
Weise kundgemacht wird.
Die Biersteuer wird erhoben von dem beim
Brauen verwendeten Malzund Zucker; dabei
ist 1 Doppelzentner Weizenmalz / Doppelzentner
Gerstenmalz, 1 Doppelzentner Zucker 1½/8 Doppel-
zentner Gerstenmalz gleichzurechnen. Es wird je-
doch insoweit, als zur Herstellung obergärigen
Biers auf 100 Doppelzentner Malz nicht mehr
als 25 Doppelzentner Zucker verwandt werden,
der Zucker, welcher auf die Herstellung der ersten
150 Doppelzentner des Jahresverbrauchs entfällt,
außer Ansatz gelassen, der auf die folgenden 100
Doppelzentner Malz entfallende Zucker wird nur
mit der Hälfte und der auf die weiteren 100 Dop-
pelzentner Malz entfallende Zucker nur mit dem
Einfachen seines Gewichts in Rechnung gestellt.
Die Brausteuer erstreckt sich auch auf bierähn-
liche Getränke. Ferner ist sie zu zahlen dann, wenn
mit der Bierbereitung zugleich die Essigherstellung
verbunden oder aus den obengenannten Stoffen
Essig gewonnen wird.
Die Steuer beträgt für jeden Doppelzentner
des nach den obengenannten Grundsätzen zu be-
rechnenden Gesamtgewichts der innerhalb eines
Jahrs steuerpflichtig gewordenen Braustoffe:
von den ersten 250 Doppelzentnern 14 I
„ „ folgenden 1250 „ 15 „
1 11 t 1500 11 16 77
2000 » 18»
von dem Reste 20 „
Für diejenigen Brauereien, welche am 1. Okt.
1908 betriebsfähig hergerichtet waren und im
Durchschnitt der Jahre 1906/08 nicht mehr als
150 Doppelzentner Malz verbrauchten, tritt eine
Ermäßigung der Steuer dergestalt ein, daß
für die ersten 150 Doppelzentner nur 12 AM pro
Doppelzentner zu bezahlen sind, solange der Malz-
verbrauch dieser Brauereien 150 Doppelzentner
nicht übersteigt.
Bei obergärigem Bier, das ausschließlich zum
Haustrunk bereitet wird, werden die steuerpflich-
tigen Braustoffe mit 4 M belastet. Diese Vergün-
stigung erlischt jedoch, sobald in einem Rechnungs-
jahr mehr als 5 Doppelzentner Malz und Malz-
stoffe zu diesem Zweck verwandt werden. Ein
Verkauf von Bier, das für den Haustrunk gebraut
worden, ist nicht statthaft.
Steuern.
242
Für Malz, das zur Essigbereitung verwendet
wird, beträgt die Steuer drei Zehntel der oben-
genannten Sätze.
Um den jetzt bestehenden Brauereien ihren Pro-
duktionsumfang nach Möglichkeit zu sichern, ist
bestimmt, daß neuentstehende Brauereien
sowie solche, welche mehr als zwei Jahre außer
Betrieb waren und nun den Betrieb wieder auf-
nehmen, für die Zeit bis 31. März 1915 das
1 ½ fache, für die Zeit vom 1. April 1915 bis
31. März 1918 das 1 ¼ ache der obigen Steuer-
sätze bezahlen müssen.
Der Zoll für Bier wird mit 9,65 M fest-
gesetzt.
Die Einzelstaaten sind in dem Recht der Er-
höhung der Steuersätze unbeschränkt. Die Kom-
munen dürfen das Bier nur bis 65 Pf. pro Hekto-
liter, obergäriges nur bis 30 Pf. pro Hektoliter
belasten. Eine Abänderung des Schankgefäßgesetzes
sollte die Uberwälzung der Steuer auf die Kon-
sumenten erleichtern.
Die Weinsteuer. Soweit der Wein ein Luxus-
getränk darstellt wie im Norden und Osten von
Deutschland, wäre eine kräftige Besteuerung wohl
zu rechtfertigen. In den Weinbaugebieten stellen
die billigeren Sorten aber ein Volksgetränk dar,
weshalb die Besteuerung dieser Sorten wesentlich
anders beurteilt werden muß. Dazu kommt die
Rücksichtnahme auf den Winzerstand, der unter
gewaltigen Ertragsschwankungen ohnehin vielfach
sehr zu leiden hat. Darum ist es bis jetzt, trotz
verschiedener Versuche, noch zu keiner Reichswein-
steuer gekommen. Auch eine 1908/09 geplante
Flaschenweinsteuer fand aus den genannten Grün-
den nicht die Billigung des Reichstags. Von den
Einzelstaaten haben zurzeit Württemberg, Baden
und Elsaß-Lothringen eine Weinsteuer. Die würt-
tembergische Weinsteuer (Umgeld) ist eine Steuer
auf den Ausschank und Kleinverkauf. Wein und
Obstmost, der in Mengen unter 20 Liter ausge-
schenkt oder verkauft wird, unterliegt einer Abgabe.
Die Weineinlagen werden kontrolliert und von Zeit
zu Zeit der vorhandene Vorrat festgestellt (Abstichs-
verfahren). Auch Pauschalierung (von 3 zu 3 Jah-
ren) kommt vor, bei Wein 11%, bei Obstmost
8% des mutmaßlichen Erlöses. In Baden ist Wein
jeder Art beim Einleger steuerpflichtig. Die Steuer
besteht aus der Weinakzise (3 Pf., Obstwein
0,9 Pf. pro Liter) und — in besondern Fällen —
dem Weinohmgeld (2 bzw. 0,6 Pf. pro Liter).
In Elsaß-Lothringen galt bis 1873 die franzö-
sische Weinsteuer, die sich aus vier Teilen zu-
sammensetzte: Umlaussteuer (droit de circulation),
Kleinverkaufssteuer (droit de détail), Eingangs-
steuer (droit d’entree) und vereinigte Steuer
(droit de taxe unique). Die geltende Steuer ist
eine Versandtsteuer, d. h. sie wird erhoben, sobald
Wein an Konsumenten oder Kleinverkäufer ver-
sandt wird, und beträgt für 1 Hektoliter Trauben=
wein 1,50 M, für Obstwein 80 Pf., wozu noch
10 Pf. für jeden Steuerschein hinzutreten.