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Schaumweinsteuer. Hat man bisher keine
Reichsweinsteuer eingeführt mit Rücksicht auf den
Winzerstand und den Konsum der „kleinen Leute“,
so fiel dieses Bedenken gegenüber der Schaumwein-
steuer weg. Darum führte man eine solche im
Jahr 1902 als Reichssteuer ein. Dieselbe betrug
für Obstschaumwein 10 Pf., für Traubenschaum-
wein 50 Pf. für die Flasche. 1909 wurde die
Steuer auf Traubenschaumwein erheblich erhöht.
Sie beträgt gegenwärtig bei einem Preis von nicht
mehr als 4 II 1 X., bei einem Preis von 4 bis
5 M 2 J und bei einem solchen über 5 M 3 M
pro Flasche. Für Fruchtschaumwein bleibt der
frühere niedere Satz von 10 Pf. bestehen.
Die Tabaksteuer. Neben dem Alkohol ist der
Tabak wegen seiner Entbehrlichkeit ein beliebtes
Steuerobjekt. In einer Reihe von Kulturländern
ist er sehr scharf besteuert und wirft hohe Erträge
ab. Die Einnahmen aus dem Tabak, die Erträg-
nisse pro Kopf und die Belastung des Tabaks
durch Steuern (resp. Monopol) in Prozenten des
Kleinverkaufspreises stellen sich im Jahr 1906, in
Deutschland und England im Jahr 1907 fol-
gendermaßen:
Gesamt. pro Pro-
Lönder ertrag Kopf zemuale
l
lmtimziszrlsituvg
Frankreich....... 801 7,68 82
Osterreiggg I 135 4.95 65
Ungen 64 3.21 67
Italien 148 4.37 79
Vereinigte Staaten .. 327 3.87 22.5
Großbritannten 282 0.43 59
Deutschlaond . 98. 1,56 14
Nach der Reform von 1909 beträgt die Wert-
belastung in Deutschland nicht ganz 21% des Klein-
verkaufspreises. Der Grund, weshalb Deutschland
diese Steuer nicht ertragreicher gestaltet, ist in der
herrschenden Zersplitterung des Gewerbes und der
großen Zahl der darin beschäftigten Arbeiter zu
sehen.
Die Besteuerungsart kann verschieden sein.
Bei der Flächensteuer wird die Steuer berechnet
nach der mit Tabak angebauten Ackerfläche, bei
der Materialsteuer wird das Gewicht der Tabak-
blätter ermittelt, während die Fabrikatsteuer ver-
schiedene Formen annehmen kann. Daher gehört
die Fakturensteuer, Erhebung nach den schriftlichen
Aufzeichnungen der Fabrikanten über ihren Pro-
duktionsumfang, die Stemplung der verkaufs-
sertigen Pakete und das Banderolensystem. Das
letztere ist von der Zigarettensteuer her bekannt.
Die Verpackungen sind mit einem Papierstreifen
(Banderole) umklebt, der beim Offnen zerstört
wird. Da viele Länder einen großen Teil ihres
Rohtabakbedarfs von tropischen Gegenden ein-
führen, so ist eine weitere Möglichkeit der Be-
lastung durch entsprechende Gestaltung des Zolles
gegeben. Schließlich kommt das Monopol in An-
wendung (Osterreich-Ungarn, Frankreich, Italien,
Rumänien, Serbien, Portugal, Spanien, Türkei).
Steuern.
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Die Tabaksteuer des Deutschen Reichs war an-
fänglich eine Flächensteuer. Nach verschiedenen
mißlungenen Versuchen, dieselbe durch ein besseres
System zu ersetzen, kam 1879 eine Gewichtssteuer
zustande (45 M pro Doppelzentner Inlandstabak,
85 M Zoll pro Doppelzentner Auslandstabak).
Weitere Versuche (1882, 1893, 1894, 1905/00),
die eine zweckmäßigere Gestaltung der Steuer resp.
die Einführung des Tabakmonopols bezweckten,
mißlangen. 1906 wurde aber eine eigne Zigaretten-
steuer eingeführt in Form einer Banderolesteuer.
Die guten Erfahrungen mit der letzteren veran-
laßten die Regierung, 1908/09 einen Entwurf be-
züglich der Einführung einer Tabaksteuerbanderole
neben der alten Besteuerungsart dem Reichstag vor-
zulegen, wobei 77 Mill. 7 Mehrertrag erwartet
wurden. Der Regierungsentwurf fand jedoch keine
Annahme. Statt dessen wurde eine Erhöhung der
Inlandssteuer um 12 M pro Doppelzentner, eine
kleine Abänderung der Zigarettensteuer und ein
Wertzoll in der Höhe von 40% des Wertes des
eingeführten Rohtabaks angenommen.
Nach dem neuen Gesetz wird der Tabak in
Deutschland auf folgende Weise steuerlich erfaßt:
a) durch den Zoll; b) durch den Zollzuschlag für
Tabakblätter und fertige Zigarren; c) durch die
etwas erhöhte Inlandsteuer; d) durch die Ziga-
rettensteuer.
An Zoll ist zu erheben von einem Doppel-
zentner Tabakblätter und -stengel 85 M, Tabak-
laugen 100 M, bearbeiteter Tabakblätter 180 M,
Karotten usw. 210 M, Schnupf-, Kau= und Pfeifen-
tabak 300 M, Zigarren 270 J, geschnittenen
Rauchtabals 700 AMl, Zigaretten 1000 M..
Der Zollzuschlag auf ausländische Ware
richtet sich nach dem Preis, den der Verarbeiter
(Fabrikant) dem Tabakhändler bezahlen muß. Ein
Kleinhändler, der die Tabake selbst von demselben
Händler kauft wie der Fabrikant, wird dem Ver-
arbeiter gleichgeachtet. Der Zuschlag beträgt 40%
des Wertes sowohl für Rohtabake wie auch für
Zigarren. Diejenigen Tabakblätter, die zur Her-
stellung von Zigaretten und Zigarettentabak dienen,
bleiben vom Zuschlag frei. Zur Ermittlung des
Wertes ist vorgeschrieben, daß der Käufer von
ausländischem Tabak denselben anmelden muß.
Dieser Anmeldung ist eine Erklärung beizufügen
über den Wert der Tabake. Im normalen Fall
erfolgt diese Werterklärung durch die vom Ver-
käufer (Händler) ausgestellte Rechnung (Faktura).
Die Wertanmeldung muß den Namen und Wohn-
ort des Fabrikanten und des Verkäufers enthalten,
den zu zahlenden Preis, den Tag des Kaufes und
das Ursprungsland. Für besondere Fälle — z. B.
Eigenbetrieb von Tabakpflonzungen inländischer
Fabrikanten im Ausland, Durchschnittspreis für
verschiedene Sorten usw. — sind eigne Bestim-
mungen vorgesehen. Ist der Verkäufer ein Aus-
länder, so muß eine Rechnung beigebracht wer-
den, die vom deutschen Konsulat des Bezirks
beglaubigt ist, in welchem der betreffende Händler