Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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seine Geschäftsniederlassung oder seinen Wohnsitz 
hat. Das Konsulat hat die Richtigkeit der Rech- 
nungen durch Einsichtnahme der Geschäftsbücher 
zu prüfen. Wenn der Wertanmeldung eine Rech- 
nung nicht beigelegt ist, so wird der Zollzuschlag 
noch um 50 % erhöht. Zum Zweck der Kontrolle 
ist Betriebsanmeldung vorgeschrieben und Buch- 
führungszwang eingeführt; auch müssen die schrift- 
lichen Belege drei Jahre lang aufbewahrt werden. 
In Fällen, in denen Zweifel über die Richtigkeit 
des deklarierten Werts entstehen, entscheidet ein 
besonderes Prüfungsamt. Auf Hinterziehungen 
stehen scharfe Strafen, die bei unrichtiger Aus- 
stellung der Wertanmeldung bis 100 000 M oder 
bis 2 Jahre Gefängnis gehen. 
Die Inlandsteuer ist eine Gewichtsteuer vom 
fabrikationsreifen Tabak; sie beträgt 57 M pro 
Doppelzentner, bei Grumpen 45 M. Für kleine 
Flächen (bis 4 Ar Gesamtanbaufläche) wird eine 
Flächensteuer von 5,7 Pf. für den Quadratmeter 
erhoben. - 
Die Zigarettensteuer beträgt 
1) für Zigaretten im Kleinverkaufspreise für 
1000 Stück: 
a) bis zu 1½ Pf. das Stück 
b) von über 1½ bis 2½ Pf. das Stück 
c) 7 » 272 » 3½ » « « 
d) » » 3½ » 5 » « » 
e) 11 77 7 7 77 7# 77 
2,00 M 
3,00 „ 
4,50 
6,.50 „ 
9,50 „ 
f) « « » » « 15,00 1 
2 für Zigarettentabak im Kleinverkaufspreise 
ro kg: 
iber 3,50 bis 5,00 M das kg 0,80 M 
) 
) „ 10,00 „ 20,00,,„ „ 3,00 „ 
4) » 20,00 « 30,00 « » » 4,80 7. 
e) » 0,00 1 7 « - « 
3) für Zigarettenpapier, mit Ausnahme des zur 
gewerblichen Verarbeitung bestimmten, 1 M für 
1000 Zigarettenhüllen. 
Der gleichen Besteuerung unterliegen neben dem 
Eingangszoll auch die aus dem Ausland eingeführ- 
lun Erzeugnisse der in Ziffer 1 bis 3 bezeichneten 
rt. 
Damit ist die deutsche Tabakbesteuerung ertrag- 
reicher und gerechter gestaltet worden; denn der 
Wertzoll trifft die hochwertigen Tabake und damit 
die teuern Zigarrensorten in viel schärferer Weise 
als die geringwertigen, während bei der Gewichts- 
steuer ein Unterschied nicht gemacht wird. 
Die Zuckersteuer (Rübenzuckersteuer) kam auf, 
als die Rübenzuckerfabrikation im 18. Jahrh. 
Eingang und rasche Verbreitung fand und so den 
mit Zoll belasteten Kolonialzucker immer mehr 
verdrängte. Dadurch mußten die Zollerträge für 
Kolonialzucker zurückgehen. So lag der Gedanke 
nahe, den Rübenzucker einer Inlandsteuer zu 
unterwerfen; erstmalig geschah das in Deutschland 
1841. Die Steuer war eine Rohmaterial- 
steuer, d. h. sie wurde bemessen nach der Menge 
der zur Verwendung gelangenden Rüben. Der 
Steuersatz betrug anfangs 10 Pf. pro Doppel- 
zentner Rüben, wurde dann aber immer mehr ge- 
Steuern. 
  
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steigert, bis er im Jahr 1869 auf 1,60 M erhöht 
wurde. Die Gesetzgebung ging dabei von der An- 
nahme aus, daß zur Herstellung eines Doppelzent= 
ners Zucker 12,5 Doppelzentner Rüben notwendig 
seien. Es war also beabsichtigt, den fertigen 
Zucker mit 20 M pro Doppelzentner steuerlich zu 
belasten. Die Technik bemühte sich nun, aus der 
gleichen Menge Rüben eine immer größere Aus- 
beute zu erzielen; denn je größer die Ausbeute, 
desto geringer war die wirklich entrichtete Steuer. 
Schon 1882 wares möglich, aus 10 ½ Doppelzent= 
ner Rüben 1 Doppelzentner Zucker zugewinnen. In 
der zweiten Hälfte der 1880er Jahre erzielte man 
bereitsaus 8 Doppelzentner Rohmaterial 1 Doppel- 
zentner fertige Ware. Soweit die letztere hohe Aus- 
beute gelang, lastete also aufdem Doppelzentner fer- 
tigen Zuckers nur eine Inlandsteuer von 1,670/8— 
12,80 M. Das hatte für die Produzenten nicht 
nur den großen Vorteil, daß sie nur eine erheblich 
niedrigere Inlandsteuer zahlen mußten, sondern 
führte auch zu direktem Gewinn bei der Aus- 
uhr. 
Die Verhältnisse in der Zuckerindustrie hatten 
sich um diese Zeit schon gründlich gewandelt: 
Deutschland, das zu Beginn des Jahrhunderts 
gänzlich auf die Einfuhr fremden Zuckers an- 
gewiesen war, konnte dank des gewaltigen Fort- 
schreitens der Technik nicht nur seinen eignen Be- 
darf decken, sondern auch noch einen erheblichen 
Teil der Produktion ans Ausland abgeben. Wie 
aber bei allen mit einer Verbrauchssteuer belasteten 
Waren bei der Ausfuhr im Prinzip die Steuer 
rückvergütet wird, so auch beim Zucker. Die Rück- 
vergütung der Steuer betrug 16,50 MI für 
Rohzucker, 20 M für Raffinade. Soweit es nun 
gelungen war, eine so hohe Ausbeute zu erzielen, 
daß tatsächlich nur 12,80 M an Steuern für den 
fertigen Zucker bezahlt werden mußten, pro- 
fitierte man durchschnittlich Ende der 1880er 
4/5 M bei der Ausfuhr an einem einzigen Doppel- 
zentner Zucker. 
Daher kam es, daß die Erträge aus der Zucker- 
steuer trotz des stark wachsenden Inlandverbrauchs 
immer mehr zurückgingen. Die Reineinnahmen 
aus dieser Steuer sanken von 70 Mill. M des 
Jahrs 1881 auf rund 9 Mill. M des Jahrs 1888. 
Auch eine Erhöhung des Satzes von 1,60 XM auf 
1,70 M im Jahr 1886 hatte keinen Erfolg gehabt. 
Aus dieser Tatsache leuchtete die Reformbedürf- 
tigkeit der Zuckerbesteuerung sofort ein. Eine gute 
Wirkung hatte ja die Rohstoffbesteuerung mit sich 
gebracht: sie hatte zur denkbar nachhaltigsten 
Ausgestaltung der Technik geführt. Nun 
mußten auch die Interessen der Reichskasse ge- 
wahrt werden. - 
Die Besteuerung des Zuckers wurde deshalb 
im Jahr 1887 abgeändert; neben der Besteuerung 
der Rohstoffe wurde eine Verbrauchsabgabe ein- 
geführt. Die Materialsteuer wurde auf 0,80 Mpro 
Doppelzentner, die Verbrauchsabgabe auf 12 Jx 
für die gleiche Menge festgesetzt. Die Ausfuhrver-
	        
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