Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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gütung wurde zwar erheblich erniedrigt; infolge 
weiterer technischer Verbesserungen aber entstand aus 
der Ausfuhrvergütung wieder eine Ausfuhrprämie. 
Darum wurde 1891 die Materialsteuer ab- 
geschafft und eine reine Verbrauchsabgabe 
eingeführt. Der Steuersatz wurde nun mit 18 M 
pro Doppelzentner fertigen Zuckers festgelegt. Um 
die landwirtschaftliche Rübenproduktion nicht zu 
schädigen, wurden nun offene Ausfuhr- 
prämien gewährt, die nach dem Ablauf von 
drei Jahren vermindert werden sollten. Da die 
andern Staaten, besonders Frankreich und Oster- 
reich, durch ihre Ausfuhrprämienpolitik den Export 
des deutschen Zuckers stark erschwerten, so wurde 
durch Gesetz von 1895 die Prämie in der gleichen 
Höhe beibehalten, bis zum Schluß der Ubergangs- 
periode, die mit 1897 eintreten sollte. 
Die Ausfuhrprämienpolitik der verschiedenen 
Länder hatte schon in früheren Jahren zu mancher- 
lei Versuchen geführt, durch internationale Ver- 
träge diese Fragen zu regeln; immer aber ohne prak- 
tischen Erfolg. Im Kampf um den Weltmarkt 
überboten sich Ende der 1890er Jahre die ein- 
zelnen Länder an versteckten und offenen Aus- 
fuhrprämien. 
Zu den gesetzlichen Ausfuhrprämien kamen 
noch private Ausfuhrprämien hinzu, welche 
durch das damals entstandene Zuckersyndikat ge- 
leistet wurden. Die Bestrebungen des deutschen 
Zuckersyndikats aber führten zu einer Verteurung 
der Inlandpreise. Den Nutzen von dem ganzen 
Kampf der Zuckerindustrie der einzelnen Länder 
auf dem Weltmarkt hatte das zuckerimportierende 
Ausland, besonders England, das infolge dieser 
preisdrückenden Konkurrenz den Zucker zu sehr 
billigen Preisen erhielt. Freilich litten darunter 
die englischen Kolonien, deren Rohrzucker die 
Konkurrenz mit dem Rübenzucker auf dem eng- 
lischen Markt auf die Dauer nicht auszuhalten 
vermochte. 
Um diesen Mißstand auf dem Auslandsmarkt 
zu beseitigen, entschlossen sich die meisten Staaten, 
eine internationale Zuckerkonferenz in Brüssel zu 
beschicken, auf welcher die Frage der Ausfuhr- 
prämien gelöst werden sollte. 1898 trat die Kon- 
ferenz zusammen. Erst nach vier Jahren (1902) 
kam die sog. Brüsseler Zuckerkonvention 
zustande. Ihr Hauptinhalt war folgender: Pro- 
duktions= und Ausfuhrprämien aller Art sollten 
verbolen sein. Die Zollsätze für den eingeführten 
Zucker dürfen nicht mehr als 6 Franken bei raffi- 
niertem Zucker und 5.50 Franken bei anderem 
Zucker über der Inlandsteuer stehen. Der Zucker 
aus Ländern, welche eine Ausfuhrprämie oder 
Produktionsprämie gewähren, soll mit einem Zu- 
schlag belegt werden, der wenigstens ebensohoch 
ist als die gewährten Prämien. Auch kann die 
Einfuhr solchen Zuckers gänzlich verboten werden. 
Infolge dieser Konvention wurde die deutsche 
Zuckerbesteuerung einer neuen Umänderung unter- 
worfen im Jahr 1903, die Zuckersteuer wurde 
  
Steuern. 
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auf 14 M pro Doppelzentner ermäßigt. Einfuhr- 
zölle wurden festgesetzt zu den böchsten nach der 
Brüsseler Konvention zulässigen Sätzen. 
Die Verhandlungen des Jahrs 1907 betreffs 
der Beibehaltung der Brüsseler Konvention hatten 
nach manchen Scheiterungsgefahren einen gün- 
stigen Erfolg: die Konvention wurde für weitere 
fünf Jahre, beginnend mit 1. Sept. 1908, auf- 
rechterhalten mit einer nicht sehr wesentlichen An- 
derung bezüglich Englands. Rußland ist der Kon- 
vention beigetreten; seine Ausfuhrpolitik darf es 
in dem Umfang wie bisher beibehalten, jedoch 
wurde sein Zuckerexport kontingentiert auf 1 Mill. 
Doppelzentner für sämtliche fünf Geltungsjahre. 
Eine Herabsetzung der Zuckersteuer, welche ge- 
legentlich der letzten Steuerreform erfolgen sollte, 
wurde bis 1. April 1914 verschoben. 
Außer den genannten Verbrauchssteuern sind 
im Deutschen Reich 1909 noch zwei andere ein- 
geführt worden: die Zündwarensteuer und 
die Leuchtmittelsteuer. Die Zündhölzer sind 
in einer Reihe von Staaten steuerlich belastet 
teils durch eine eigne Steuer teils durch das Mo- 
nopol, so in Frankreich, Spanien, Portugal, Ru- 
mänien, Serbien, Griechenland, Rußland und 
Italien. 
In Deutschland beträgt die Zündwarensteuer für 
Zündhölzer in Schachteln oder andern Behältnissen 
mit einem Inhalt von weniger als 30 Stück 1 Pf. 
und mit einem Inhalt von 30 bis 60 Stück 1 ½/ Pf. 
für jede Schachtel oder jedes Behältnis; in Schach- 
teln oder andern Behältnissen mit einem Inhalt 
von mehr als 60 Stück 1½ Pf. für 60 Stück oder 
einen Bruchteil davon; für Zündkerzchen aus 
Stearin, Wachs oder ähnlichen Stoffen in Schach- 
teln oder andern Behältnissen mit 20 oder weniger 
Zündkerzchen 5 Pf. für jede Schachtel oder jedes 
Behältnis; in größeren Packungen für je 20 Zünd- 
kerzchen oder einen Bruchteil davon 5 Pf. Die 
höheren Steuersätze treten nicht ein, wenn die vor- 
stehend angegebenen Stückzahlen um nicht mehr als 
100 % überschritten werden. 
Neu entstehende oder ihren Produktionsumfang 
überschreitende Fabriken müssen 20% Zuschlag 
bezahlen. Die Steuer ist eine Fabrikatsteuer. 
Vom sozialen Standpunkt aus ist diese Steuer 
nicht sonderlich angenehm, da sie ein notwendiges 
Gebrauchemittel belastet. Sie wurde auch nur 
unter dem Druck der Not gewählt. 
Von der Liuchtmittelsteuer dagegen kann man 
sagen, daß sie die unteren Volksklassen so gut wie 
nicht trifft. Sie bezweckt die Besteuerung des 
elektrischen und des Gaslichts, und zwar in der 
Form, daß nicht Elektrizität und Gas, sondern 
die Leuchtkörper der Versteuerung unterliegen. Die 
Steuer beträgt für elektrische Glühlampen und 
Brenner zu solchen bei Kohlenfadenlampen 
bis zu 15 Watt 5 
von über 13 bis 25 Watt. 10 „ 
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60 ,,100» 30» 
100 „ 200 „ 50 „
	        
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