Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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für solche von höherem Verbrauch je 25 Pf. für jedes 
weitere angefangene Hundert Watt. Bei Metall- 
fadenlampen, Nernstlampenbrenner usw. verdoppeln 
sich die Sätze. Für Glühkörper zu Gasglühlicht- 
und ähnlichen Lampen stellt sich der Steuersatz auf 
10 Pf. für das Stück. Für Brennstifte zu elektri- 
schen Bogenlampen: aus Reinkohle 60 Pf. für das 
Kilogramm; aus Kohle mit Leuchtzusätzen und für 
alle übrigen Brennstifte 1 M für das Kilogramm. 
Für Brenner zu Quecksilberdampf= und ähnlichen 
Lampen bis 100 Watt 1 f für das Stück, für solche 
von höherem Verbrauch je 1 M mehr für jedes wei- 
tere angefangene Hundert Watt. 
In andern Ländern findet sich noch eine Reihe 
anderer Verbrauchssteuern, so z. B. auf Petroleum 
(in Frankreich, Osterreich, Ungarn), Baumöl 
(Italien), Zichorie (Italien), Mineralwasser, 
Stearin und Kerzen (Frankreich), Pulver (Ita- 
lien), Kalender (Frankreich und England), Gas, 
Elektrizität, Inserate usw. 
Von größerer Bedeutung ist die Mietssteuer. 
Sie wird amtlich (und auch in den meisten 
Lehrbüchern) zu den direkten Steuern gezählt. 
Ihrem Wesen nach aber ist sie eine indirekte 
Steuer, da man bei derselben aus dem Miet- 
aufwand auf die allgemeine Leistungsfähigkeit 
schließt. Dieser Schluß ist freilich nur in be- 
schränktem Umfang richtig. Denn der Wohnungs- 
aufwand steht nicht im direkten Verhältnis zum 
Einkommen. Reiche Leute wenden meist einen 
geringeren Prozentsatz ihres Einkommens auf als 
arme; kinderreiche Familien brauchen größere 
Wohnungen wie kinderlose usw. Durch eine ent- 
sprechende Progression, Berücksichtigung der ört- 
lichen Verhältnisse, der Kinderzahl und Frei- 
lassung der kleinen Wohnungen kann man diesen 
Mißständen begegnen. Als Landessteuern abereignet 
sich die Wohnungsaufwandsteuer nicht, da die Ver- 
hältnisse von Gemeinde zu Gemeinde sehr ver- 
schieden sind. Auch ist bei der hohen sozial-hygie- 
nischen Bedeutung guter Wohnungen eine Woh- 
nungsaufwandsteuer an sich bedenklich, da sie der 
Besserung der Wohnungsverhältnisse hindernd ent- 
gegenwirken könnte. In Deutschland kommt die 
Wohnungsaufwandsteuer nur als Gemeindesteuer 
in Betracht, verliert aber mehr und mehr an 
Boden. Frankreich hat Staatssteuern aufzuwei- 
sen, welche tatsächlich wie Mietssteuern wirken: 
die contribution personnelle, eine Art Familien= 
steuer, und die contribution mobiliere, welche 
nach der Wohnung bemessen wird. 
IV. Stenerstatistik. Es ist im allgemeinen 
sehr schwer, eine umfassende und genaue Steuer- 
statistik zu erhalten. Das hängt vor allem damit 
zusammen, daß nicht nur das Reich und der Staat, 
sondern auch Kommunalverbände und sonstige 
öffentlich-rechtliche Körperschaften steuerfordernd 
auftreten, eine zusammenfassende, regelmäßige 
Statistik über die Leistungen dieser Verbände aber 
nicht besteht. Zum erstenmal ist für Deutschland 
eine zusammenfassende Übersicht gegeben worden 
in der Denkschrift zur Reichsfinanzreform 1 138. 
Steuern. 
  
250 
Die Angaben beziehen sich auf das Jahr 1907, 
für die Bundesstaaten sind die Voranschläge für 
1908 eingesetzt. Danach ergibt sich folgende Sta- 
tistik der deutschen Besteuerung (s. Tabelle auf 
Sp. 251/252). 
Aufden Kopfder Bevölkerung trafen in Deutsch- 
land 1907/08 an Steuern 48,17 M. Die Steuer- 
last einiger anderer wichtiger Länder wirft folgende 
Zahlen auf: 
  
Gesamt. 
  
Länder steuerertrag pro Kopf 
Mill. A M 
Vereinigte Staaten (1906) 6119 80,80 
England (19077) 4107 95,80 
Frankreich (1908). 3249 82,70 
Italien (1907) 1647 48,40 
Bei den übrigen Staaten sind Vergleiche mit 
Deutschland nicht möglich, weil die Kommunal= 
abgaben nicht statistisch erfaßt sind. Uberhaupt 
sind die Vergleiche hinsichtlich der Steuerbelastung 
in den einzelnen Ländern stets mit der nötigen 
Vorsicht zu ziehen. Es gilt dabei immer mit zu 
berücksichtigen den jeweiligen Stand der wirt- 
chaftlichen Entwicklung, der nationalen Wohl- 
standsentfaltung. Doch ist es wieder verkehrt, 
wenn man den Gesamtwohlstand in Beziehung 
setzt mit der Steuerbelastung. Denn es ist sehr 
wohl denkbar, daß der Gesamtreichtum eines Lan- 
des rasch ansteigt, ohne daß die unteren Klassen 
wesentlich davon profitieren. Des weiteren sind 
die einzelnen Steuern genau zu betrachten. Es ist 
nicht nur theoretisch möglich, sondern auch durch 
die Praxis bestätigt, daß manche direkten Steuern 
einzelner Länder keine Besitzsteuern sind, sondern 
auf die weniger leistungsfähigen Schultern ab- 
gewälzt werden, wie bei den Lokalsteuern in Eng- 
land. Auch muß berücksichtigt werden, ob die 
bestehenden direkten Steuern wirklich den Forde- 
rungen der modernen Steuerlehre gerecht werden. 
In dieser Hinsicht erweisen sich beispielsweise die 
direkten Steuern Frankreichs als sehr mangelhaft. 
Die Zahlen allein geben noch keinen richtigen 
Aufschluß über die wirkliche Belastung, noch keinen 
Aufschluß über den Druck, der durch steuerliche 
Abgaben besonders auf die unteren Volksklassen 
ausgeübt wird. Sie fallen verschieden schwer in 
die Wagschale und sind nicht unmittelbar kom- 
mensurabel. Erst wenn die eben genannten Mo- 
mente mit berücksichtigt werden, ist ein einiger- 
maßen brauchbarer Vergleich zu erstellen. Solange 
die Kenntnis der ausländischen Steuerverhältnisse 
nach der sozialen Seite nicht umfassender sich ge- 
staltet, muß man aber mit den rohen Zahlen sich 
bescheiden. 
Ein Rückblick auf die kurz skizzierten Steuer- 
verhältnisse zeigt, daß die Besteuerung reichlich 
mannigfaltig ist. Das hängt einmal damit zu- 
sammen, daß wir es in Deutschland nicht mit 
einem Einheitsstaat, sondern mit einem Bundes- 
staat zu tun haben. Die einzelnen Gliedstaaten 
— 
 
	        
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