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arch als der Träger der Staatsgewalt bezeichnet,
neben dem die Volksvertretung allerdings auch
einen Teil der Staatsgewalt inne haben kann.
Damit ist zugunsten des Monarchen die Vermutung
begründet, daß ihm alle Hoheitsrechte zustehen, die
nicht ausdrücklich der Volksvertretung vordehalten
sind. Bei Einführung einer Regentschaft bleibt
der Monarch der Träger, der Regent ist nur sein
Stellvertreter. Einzelne Verfassungen gehen von
der Allgewalt des Volks aus, von dem auch der
Herrscher seine Befugnisse nur übertragen erhalten
hat, so daß er lediglich als Organ des Volks er-
scheint. So in Belgien, wo das Königtum aus
einem Volksaufstand hervorgegangen ist. Diese Auf-
fassung widerspricht der in der deutschen Geschichte
begründeten, welche die deutsche Kaiserwürde als
ein von Gott verliehenes Amt erscheinen ließ. Das
sog. Gottesgnadentum des Herrschers hat in Frank-
reich Anklang gefunden; wenn auch dort sich früh-
zeitig die Theorie einer Volkssouveränität geltend
machte, die in Rousseau ihren Hauptvertreter fand.
Es ist erklärlich, daß der Souveränitätsbegriff als
Ausfluß eben des Gottesgnadentums leicht in
Deutschland Anerkennung fand. Der üble Bei-
geschmack der Herrschersouveränität ist im Ver-
fassungsstaat beseitigt, der Souverän des modernen
Staats ist nicht mehr souverän. Die Frage, ob
ein Staat überhaupt ohne Souveränität bestehen
könne, hat die Geschichte durch die Entwicklung der
Bundesstaaten längst in bejahendem Sinn gelöst;
trotz ihrer bundesstaatlichen Verfassungen haben
die Einzelstaaten der nordamerikanischen Union,
die Kantone der Schweiz, die Einzelstaaten des
Deutschen Reichs nicht aufgehört, selbständige
Staaten zu sein.
Ob ein Staat zu Recht besteht, ist nicht eine
Frage des Staatsrechts. Für dieses besteht die
oberste Frage darin, ob die Staatsgewalt des be-
stehenden Staats zu Recht ausgeübt wird; die
Lösung ergibt sich aus den obersten Staatsgrund-
gesetzen, der Verfassung. Dieser dem englischen
Staat unbekannte Rechtsbegriff hat seine Aus-
bildung in Nordamerika gefunden und ist von dort
hierher übernommen.
Die Tätigkeit des Staats zerfällt in Gesetz-
gebung und Verwaltung, letztere in Rechtspflege
und innere Verwaltung. Ein Staat, in dem die
Befugnisse der Verwaltung fest begrenzt sind und
nur in Ubereinstimmung mit den Gesetzen ausge-
übt werden können, wird als Rechtsstaat bezeichnet.
Die früher verbreitete Lehre von der Teilung der
Gewalten in Gesetzgebung, Justiz und Verwaltung
ist jetzt überwunden; sie ordnete die Gesetzgebung
neben statt über die Justiz und Verwaltung. Die
dußere Erscheinung der obersten Staatsgewalt
kann eine verschiedene sein — je nach ihrer Form
wird zwischen Monarchien und Republiken unter-
schieden; letztere hat bereits Arisloteles in Aristo-
kratien und Demokratien eingeteilt.
Doe die oberste Staatsgewalt nicht alle ihre Auf-
Staatsrecht.
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führung weiteren Organen übertragen und dazu
das Staatsgebiet in räumlich abgegrenzte Bezirke
einteilen. Nach dem Umfang der Übertragung der
Gewalt auf die nachgeordneten Behörden wird
zwischen zentralisierten und dezentralisierten Staa-
ten unterschieden. Die Herrschaft des Staats über
die ihm untergeordneten Verbände ist im Grund-
satz eine unbeschränkte, der Staat bestimmt allein
über die ihnen zu übertragenden Rechte und Pflichten
sowie über ihre Einrichtung.
Die Staatsorgane üben die Herrschergewalt
kraft ihrer Vertretungsbefugnisse als Rechte des
Staats aus. Neben diesen öffentlichen Staats-
rechten bestehen noch andere öffentliche Rechte des
Staats, der andern öffentlich-rechtlichen Verbände,
von Personenklassen und von Einzelpersonen; dem
Privatmann kommen sie nicht als einem Menschen,
sondern als Glied des Gemeinwesens zu. Die
öffentlichen Rechte umfassen ein Tun oder ein
Dulden des Staats oder die Mitwirkung bei den
Aufgaben des Staats (sog. politische Rechte). Den
Gegensatz zu ihnen bilden die Privatrechte. Da
Staat und Einzelperson auf dem Gebiet des öffent-
lichen Rechts nicht als gleichberechtigt angesehen
werden, ist eine Rechtsbegründung durch Vertrag
ausgeschlossen. Offentliche Rechte werden begründet:
1. durch Rechtssatz, 2. durch Verfügung staatlicher
Organe (z. B. Anstellung) und 3. durch Wahlen
(3. B. zum Abgeordneten). Sie gehen unter:
1. durch Staatsakt, der Grundsatz der Unverletz-
lichkeit eines erworbenen Rechts gilt nur im Zivil-
recht; 2. durch Tod des Berechtigten; 3. durch
geletiich anerkannten Verzicht; 4. durch Verlust
der Voraussetzungen des Rechts und 5. durch Zeit-
ablauf bei zeitlich beschränkten Rechten.
Besondere Staatsrechte entstehen durch die Ver-
bindungen von Staaten, die in folgenden Formen
vorkommen:
1. Staatenverbindungen im weiteren Sinn:
völkerrechtliche Vereine, Allianzen, Unionen (Per-
sonal= oder Realunionen);
2. im weiteren Sinn: Vereinigungen zu einem
größeren Gemeinwesen mit einer einzigen höheren
Gewalt, die allerdings den Gliedstaaten nicht
ganz ihre Selbständigkeit nimmt:
a) Ubertragung der Herrschaft auf einen Staat:
Suzeränitätsverhältnis,
b) deren Übertragung auf eine von allen ge-
bildete besondere Gewalt: Bund. Dieser ist ent-
weder
a) ein Staatenbund mit nur Herrschaftsrechten
über die Staaten oder
3) ein Bundesstaat mit solchen über die Unter-
tanen.
Das Recht der Verbindungen zu 1) gehört dem
Völkerrecht, dasjenige zu 2) dem Staatsrecht an;
im letzteren Fall besteht neben dem Landes= ein
besonderes Bundesstaatsrecht. Quellen des Staats-
rechts, soweit es Rechtsdisziplin ist, sind die all-
gemeinen Quellen aller Rechtsbildung, nämlich
gaben selbst erfüllen kann, muß sie deren Aus- Gesetz und Staatsvertrag, Herkommen und Ge-