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lauben, zur tatsächlichen Intervention nur selten
verpflichtet; aber sie haben ihresgleichen gegenüber
leicht eine solche Pflicht und können zudem zu
Bündnissen vieler, selbst gegen eine große Macht,
erfolgreich mitwirken. Auch das darf nicht über-
sehen werden, daß die einzelnen Staaten, welche
einem Unrecht sich widersetzen, schon dadurch, daß
sie für das Recht eintreten, sich selbst nützen, in-
dem sie in den eignen Untertanen das Rechts-
bewußtsein stärken und dadurch ihre eigne Auto-
rität befestigen.
Literatur. Berner in Bluntschli, Staats-
wörterbuch, Art. Intervention (1860); Walter,
Naturrecht u. Politik (21871); Heffter-Geffcken,
Europäisches Völkerrecht (71881); Gareis, Insti-
tutionen des Völkerrechts (1888); Cathrein, Moral- B
philosophie (51911). [Biederlack S. J.)
Taufe, Taufzwang. I. 1. Taufen
(got. daupjan, ahd. touffan) bedeutet wie das
griechische Barrke# „ein= oder untertauchen“.
Bei den Juden gab es eine Taufe als Tauchbad
der Proselyten zum Zweck levitischer Reinigung.
Manche Mysterienkulte hatten eine Taufe als
Reinigungszeremonie für Initianden. Die Jo-
hannestaufe des Evangeliums war dagegen wesent-
lich Symbol sittlicher Reinigung und Sünden-
abwaschung. Nach der Anordnung Christi ist die
Taufe das Sakrament der Wiedergeburt, wodurch
der Täufling von der Erbsünde und allen andern
Sünden gereinigt, zum übernatürlichen Leben in
Christus „geboren“ und damit seinem mystischen
Leib, der Kirche, für immer eingegliedert wird
(ogl. Joh. 3, 5). Von wesentlicher Bedeutung für
die gültige Spendung dieses Sakraments ist, daß
der Täufling ein wirklich geborener, lebendiger
und noch nicht getaufter Mensch sei. Wenn eine
dieser Eigenschaften zweifelhaft ist, so kann nur
bedingungsweise getauft werden. Bei einem Er-
wachsenen, d. h. zum Gebrauch der Vernunft Ge-
langten, ist überdies notwendiges Erfordernis, daß
er die Tause empfangen will oder doch zum
wenigsten ihr nicht widerstrebt. Bei der Kinder-
taufe ersetzt diese Intention die Kirche selbst
durch ihren Glauben, welche zudem noch die Ein-
willigung der Bestimmungsberechtigten und die
Bürgschaft der Paten für eine religiöse Erziehung
verlangt. Spender der Taufe kann im Notfall
jeder Mensch sein. Befugter und ordentlicher
Spender der feierlichen Taufe ist der Bischof und
der Pfarrer bzw. ihre Stellvertreter. Wesentlich
ist, daß der Spender die aktuale oder virtuale
Intention habe, „zu tun, was die Kirche tut“.
Der Taufakt selbst besteht im wesentlichen darin,
daß der Täufer Wasser (bei der feierlichen Taufe
Taufwasser) auf das Haupt des Täuflings
gießt, so daß die Haut sicher benetzt wird, und
gleichzeitig selbst die Taufsformel spricht: Ich taufe
dich im Namen des Vaters und des Sohnes und
des Heiligen Geistes (ugl. Matth. 28. 19). Be-
langlos ist für die Gültigkeit, in welcher Sprache
diese Worte gesprochen werden; notwendig ist aber
Taufe usw.
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a) die Bezeichnung der Handlung — ich taufe —,
b) die Bezeichnung des Täuflings — dich —,
JP)die Nennung der drei göttlichen Personen so,
daß die Wesenseinheit Gottes zum Ausdruck kommt.
Die Taufe „im Namen Jesu“, über deren Gültig-
keit man lange Zeit verschiedener Meinung war,
ist von der Kirche als ungültig verworfen, ebenso
eine Formel „in den Namen (in nomini-
bus) ...“ Gültig ist aber die im Orient ge-
bräuchliche passive Form: baptizatur...Bei
der feierlichen Taufe gehen dem Taufakt selbst
sinnreiche Zeremonien voran, welche an das in
den ersten Jahrhunderten übliche Katechumenat
erinnern; sie sind jedoch ebenso wie die dem Tauf-
akt folgenden für die Gültigkeit der Taufe ohne
elang.
Nach katholischer Lehre ist die Taufe nach der
Promulgation des Evangeliums jedem Menschen
zur Seligkeit notwendig. Auf dieser Lehre beruht
auch die Kindertaufe, die seit der zweiten Hälfte des
2. Jahrh. sicher nachgewiesen ist. Durch die Taufe
wird der Mensch Christ, d. h. rechtsfähiges Mit-
glied der Kirche Christi. Dies ist die vornehm-
lichste Wirkung des sog. „Taufcharakters“, des
unauslöschlichen Merkmals, das die Taufe der
Seele einprägt, weshalb auch die Taufe nicht
wiederholt werden kann. Im Fall der Unmöglich-
keit der Wassertaufe kann sie ersetzt werden durch
die Bluttaufe des Martyriums und die Begierde-
taufe in Todesgefahr (cum voto sacramenti).
Wiewohl beide des Tauscharakters entbehren, so
ehrt doch die Kirche die so Verstorbenen durch
kirchliches Begräbnis und Gebet.
Durch die gültige Taufe wird der Mensch
grundsätzlich der Jurisdiktion der Kirche unter-
worfen. Die Unterwerfung erlischt nicht an sich
durch Häresie, Schisma, Apostasie oder die Strafe
der Exkommunikation; die Kirche beschränkt sich
in diesen Fällen auf die Entziehung gewisser
Rechte, besonders der Teilnahme an den heiligen
Sakramenten und dem heiligen Opfer, verzichtet
aber darauf, solche zur Wiederaufnahme der leben-
digen Gemeinschaft mit den Gläubigen zu zwingen.
Zugunsten der in einer Häresie oder im Schisma
geborenen und erzogenen Christen nimmt die Kirche
überdies generell bona fides an und trifft, um
nach Möglichkeit Gewissenskonflikte zu vermeiden,
ihretwegen auch partikuläre Ausnahmebestim-
mungen, so z. B. in der heutigen Ehegesetzgebung
für Deutschland und Ungarn. Im übrigen ver-
sagt auch ihnen die Kirche ihre Rechte und Seg-
nungen, wenn sie nicht durch Ablegung des triden-
linischen Glaubensbekenntnisses kon vertieren.
2. In den akatholischencchristlichen Bekennt-
nissen und Sekten ist die Taufe fast durchgängig
als Sakrament beibehalten. Über ihre Wirksam-
leit herrscht jedoch schon innerhalb der Religions.
gemeinschaften selbst die größte Meinungsver-
chiedenheit. Die rationalistische Theologie im
Protestantismus sucht vor allem ihre Heilsnot-
wendigkeit und ihre sakramentale Bedeutung ab-
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