Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Theaterkonzession abhängig machte, b) durch die 
Theaterzensur der Aufführung schädlicher Stücke 
zuvorzukommen suchte. In Frankreich, England, 
Osterreich und Deutschland hat sich nach beiden 
Seiten hin eine vielfach ähnliche Gesetzgebung 
herausgebildet, während in der Handhabung der 
Zensur in den verschiedenen Ländern je unter ver- 
schiedenem Regime bald mehr Strenge bald mehr 
Milde zutage trat. 
Die Theaterkonzession wurde in Deutsch- 
land schon durch § 32 der Gewerbeordnung vom 
21. Juni 1869 geregelt, dieser Paragraph jedoch 
durch Reichsgesetz vom 15. Juli 1880 abgeändert 
und in dieser Fassung als § 32 in die Gewerbe- 
ordnung vom 1. Juli 1883 ausgenommen. Einer 
solchen Konzession bedürfen weder die fürstlichen 
Hoftheater noch die unter städtischer Verwaltung 
stehenden Stadttheater, sondern nur Theater, 
deren Betrieb von Privatunternehmern gewerbs- 
mäßig geführt wird. Die Konzession ist zu ver- 
weigern, wenn der Nachsuchende die zu dem Unter- 
nehmen nötigen Mittel nicht nachzuweisen vermag, 
oder wenn die Behörde auf Grund von Tatsachen 
die Uberzeugung gewinnt, daß derselbe die zu dem 
beabsichtigten Gewerbebetrieb erforderliche Zuver- 
lässigkeit, insbesondere in sittlicher, artistischer und 
finanzieller Hinsicht nichl besitzt. Der Zusammen- 
bruch mehrerer Theaterunternehmungen führte in- 
des eine abermalige Verschärfung des § 32 herbei 
durch ein Gesetz vom 6. Aug. 1896, wonach die 
Konzession sich nur auf das Unternehmen erstreckt, 
welches dabei ausdrücklich genannt wird, und bloß 
für die eigens hervorgehobenen Darstellungs- 
kategorien gilt; auch wird die Erlaubnis nicht 
auf Zeit erteilt, so daß der Unternehmer den Be- 
ginn auf unbestimmte Zeit hinaus verschieben 
dürfte. Die konzessionierende Behörde wird durch 
das Landrecht bestimmt (in Preußen ist es der 
Bezirksausschuß); ihr Entscheid erstreckt sich nicht 
über das ihr zustehende Territorium hinaus und 
hindert die Behörde nicht, auch einzelne Theater- 
stücke zu beanstanden. 
Die Theaterzensur ist bis jetzt in Deutsch- 
land nicht gesetzlich geregelt, besteht aber allge- 
mein, auch den Hof- und Stadttheatern gegen- 
über zu Recht, indem der Polizei kraft ihrer 
Rechtsstellung die Befugnis zugesprochen wird, 
die aufzuführenden Stücke vorher einzusehen und 
die Aufführung derselben oder einzelner Stellen 
aus Gründen der öffentlichen Siltlichkeit oder 
Sicherheit zu untersagen. Die Notwendigkeit einer 
solchen Zensur, früher (1869) stark angefochten, 
wurde 1881 ziemlich allgemein anerkannt. Nähere 
Bestimmungen sind lokalen Charakters. Für Preu- 
ßen gilt rücksichtlich der Theaterzenfur der Mini- 
sterialerlaß vom 28. Juli 1884 (Ministerialblatt 
ür die innere Verwaltung 210) rücksichtlich der 
Überwachung der Schauspielunternehmer der Mi- 
nisterialerlaß vom 5. März 1893 (ebd. 104). 
Für gewerbsmäßige Aufführung von Theater- 
vorstellungen, die kein höheres Kunst- 
  
Theokratie. 
  
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interesse haben, gelten eigne Bestimmungen, 
so ist z. B. eine besondere Konzession erforderlich 
auch für solche, die für künstlerische Schauspiel- 
unternehmungen bereits die erforderliche Kon- 
zession besitzen. Auf Theateragenten, welche 
übertriebene Vermittlungsgebühren fordern, ist 
§ 35, Abs. 3 der Reichsgewerbeordnung anwend- 
bar, wonach Stellenvermittlern, die sich unzuver- 
lässig erwiesen haben, der Geschäftsbetrieb unter- 
sagt werden kann. 
Das Recht der Aufführung war früher 
durch das Reichsgesetz vom 11. Juni 1870 über 
das Urheberrecht (§ 50/56) bestimmt; an Stelle 
desselben ist seit 19. Juni 1901 das neue Gesetz 
über Urheberrecht getreten. Danach ist zur öffent- 
lichen Aufführung von Bühnenwerken, wie Werken 
der Tonkunst ausschließlich der Urheber und dessen 
Rechtsnachfolger befugt. Diese ausschließliche Be- 
fugnis erstreckt sich auch auf die Bearbeitungen 
des Werkes, insbesondere auf Ubersetzungen, Dra- 
matisierungen, Einrichtungen von Tonwerken usw. 
Bei vorsätzlicher und fahrlässiger Verletzung des 
Urheberrechts ist der Aufführende zu einem Ersatz 
an den Urheber verpflichtet, bei vorsätzlicher Ver- 
letzung tritt noch eine Geldstrafe (bis zu 3000 M) 
hinzu. 
b) Das private Theaterrecht. Dieses 
wird in Deutschland durch das Reichsgesetz vom 
19. Juni 1901 betr. das Urheberrecht an Werken 
der Literatur und Tonkunst, durch die Vorschriften 
des B.G.B. über den Dienst- und Werkvertrag 
sowie durch das gemeine Theatergewohnheitsrecht 
beherrscht. Verschiedene Versuche, die privatrecht- 
liche Stellung der Schauspieler (in Bezug auf 
Engagement, Kündigung, Rücktritt, Schiedsgericht, 
Vertrags= und Ordnungsstrafen usw.) günstiger 
zu gestalten, wurden von der 1871 gegründeten 
„Genossenschaft deutscher Böhnenangehöriger“ und 
von dem „Deutschen Bühnenverein“ unternommen, 
führten aber lange Zeit keine durchgreifenden Er- 
gebnisse herbei. Erst in den letzten Jahren ent- 
stand eine allgemeinere Bewegung zum Zweck 
eines einheitlichen rechtlichen Schutzes für die 
dramatische Kunst und zugunsten des Erlasses 
eines Reichstheatergesetzes, das sich auf soziale und 
künstlerische Grundsätze stützen soll. Im Jahr 
1911 ist die Ausarbeitung eines deutschen Theater- 
gesetzes in die Wege geleitet. 
Literatur G. Moyer, Lehrbuch des deutschen 
Verwaltungsrechts 71 266 f; M. Burckhard, Das 
Recht der Schauspieler (1896); Deutsche Bühnen- 
genossenschaft (1872 ff); Felisch, Bühne u. Welt 
(1901 ff0; O. Opet, Deutsches T.recht (1897); K. 
Heinzmann, Deutsches Tirecht (1907); Pfeifer, 
Das Teelend (1909, Broschüre). 
[Baumgartner S. J.) 
Theokratie. II. Begriff und Arten. II. Die 
päpstliche Theokralie in moderner Beleuchtung. 
III. Übersicht über Inhalt und Umfang der päpst- 
lichen Theokratie oder Hierokratie. IV. Das Für- 
stenabsetzungsrecht. V. Kassation weltlicher Ge- 
setze. VI. Hierokratische Herrschaftsansprüche über 
 
	        
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