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Wests unterirdisches Zimmer, und er erwacht. Er
befindet sich im Hause eines Dr Leete, der eine
Frau und eine Tochter namens Edith hat. Sie
nehmen sich freundlich seiner an; Dr Leete führt
ihn in die neuen Verhältnisse ein, belehrt ihn
über die neue Gesellschaftsordnung, die sich im
20. Jahrh. ausgebildet hat. West heiratet später
dessen Tochter Edith, nachdem sich herausgestellt
hat, daß jene Edith, mit der er früher verlobt war,
deren Urgroßmutter gewesen. In den Rahmen
dieser Fabel sind die Schilderungen jener neuen
Gesellschaftsordnung, die im Jahr 2000 besteht,
eingefügt. Das Grundprinzip, auf dem diese neue
Gesellschaftsordnung beruht, besteht darin, daß,
während bisher die Produktion nur von einer
Vielheit von einzelnen Unternehmern besorgt
worden, jetzt die Nation selbst sich zu einem großen
Geschäftsverband organisiert hat, in welchem alle
Einzelwirtschaften und Einzelverbände aufgegangen
sind. Die Nation ist nun der einzige Kapitalist
an Stelle aller andern Kapitalisten, der einzige
Unternehmer, der letzte Monopolist, der alle früheren
kleineren Monopole verschlang, ein Monopolist,
an dessen Gewinn und Ersparnis alle Bürger teil-
nehmen. Infolgedessen sind nun alle Bürger zu
Arbeitern im Dienst der Nation geworden. Sie
bilden in ihrer Gesamtheit ein großes Arbeiter-
heer. Die Arbeitsdienstzeit währt 24 Jahre; sie
beginnt für den einzelnen mit dem 21. und endet
mit dem 45. Lebensjahr. Vorher genießt der ein-
zelne die nationale Erziehung; nach dem 45. Jahr
kann er ehrenvoll ausruhen und sich beschäftigen,
wie er will. Das Prinzip, nach welchem die indu-
strielle Armee organisiert ist, ist dieses, daß eines
Menschen Anlagen, die geistigen und die körper-
lichen, darüber entscheiden, welche Arbeiten er zum
größtmöglichen Nutzen für die Nation und zu seiner
eignen größten Befriedigung übernehmen könne.
Die Berufswahl ist frei; aber alle Arbeitsrekruten
müssen zuerst drei Jahre lang gewöhnliche Arbeiter
sein; dann erst können sie ihren besondern Beruf
wählen. Ein Übergang von einem zu einem andern
Arbeitszweig ist zwar gestattet, aber nur unter
gewissen Bedingungen. Die Produkte der Arbeits-
leistung aller werden in öffentlichen Vorratshäusern
aufgestapelt. Ein Kredit, der seinem Anteil an
der jährlichen Produktion entspricht, wird jedem
Bürger am Anfang jeden Jahres in der Staats-
buchführung eingeräumt, und eine Kreditkarte
wird ihm ausgestellt, auf Grund welcher er sich
aus den öffentlichen Warenlagern das besorgt,
was er wünscht und wann er es wünscht. Die
Karte enthält eine Anzahl Quadrate, und für
das, was der einzelne bedarf, werden dann so und
so viel Quadrate durchlocht. Geld, Kauf und
Verkauf gibt es nicht. Die Warenverteilung ge-
schieht in folgender Weise: In gewissen Probe-
lagern sind Proben aller Waren aufgelegt. Der
Besteller wählt daraus, was er wünscht; die Be-
stellung wird dann durch Leitungsrohre in das
bezügliche Warenlager gesendet; von da wird die
Staatsromane.
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bestellte Ware in der nötigen Verpackung durch
weite Röhren in die verschiedenen Stadtbezirke
befördert und von dort im Haus des Bestellers
abgegeben. Es gibt verschiedene Rangstufen in
der Arbeiterarmee, analog wie in den früheren
militärischen Armeen. Den obersten Rang in den
verschiedenen Gewerbsbetrieben nehmen die Ober-
meister ein, und aus diesen wird der Präsident
der Nation gewählt, welcher als Höchstkomman-
dierender der Arbeiterarmee gilt und vom ein-
fachen Arbeiter aufwärts alle Rangstufen durch-
laufen haben muß. Die Wahl der Obermeister
sowohl als auch des Präsidenten geschieht aber
nicht durch die aktiven Arbeiter, sondern durch
diejenigen, welche, 45 Jahr alt, ihre Zeit ab-
gedient haben und nun als Ehrenmitglieder der
betreffenden Gewerbe gelten. Aus der Zahl dieser
ernennt auch der Präsident die Richter, deren
Amtsdauer fünf Jahre beträgt. Letztere haben
aber wenig zu tun, da die Zahl der Verbrechen
nur sehr gering ist, was nicht wundernehmen darf,
da in der neuen Gesellschaftsordnung die Veran-
lassungen zu den weitaus meisten Verbrechen, Geld-
gier, Not, Selbstsucht usw., weggefallen sind und
die Bildung allgemein ist. Daher gibt es auch
keine Polizei. Nahezu die einzige Aufgabe der
Regierung ist die Reglung des Gewerbebetriebs.
Militär und Marine kennt man nicht. Auch die
Frauen gehören zur Arbeiterarmee und dienen
ihre Dienstzeit bis zum 45. Jahr ab, stehen aber
unter dem Oberbefehl einer Frau und auch sonst
ausschließlich unter weiblicher Leitung. Die Wahl
dieser Vorsteherinnen vollzieht sich in der gleichen
Weise wie bei den Männern.
Bellamys vielgelesene Schrift wurde Veran-
lassung zu einer ganzen Reihe neuer Staatsromane,
die jedoch die Beachtung ihres Vorbilds nicht er-
reichten. Das anonyme Buch „Im Reiche der
Frauen“ schildert den Staat Uremah, in dem die
Frauen herrschen. Der ungarische Bodenreformer
Theodor Hertzka macht in der Schrift „Frei-
land, ein soziales Zukunftsbild“ (1890, 101897)
und in den sozialpolitischen Erzählungen „Eine
Reise nach Freiland“ (1893 u. ö., auch in Reclams
Universalbibliothek) und „Entrückt in die Zukunft"
(1895 u. ö.) Propaganda für eine neue Boden-
verteilung auf sozialistischer Grundlage, die jedem
den vollen Ertrag seiner Arbeit sichert. Der Schotte
Makay proklamiert in seiner Schrift „Die Anar-
chisten, ein Kulturgemälde aus dem Ende des
19. Jahrh.“ die Anarchie geradezu als höchstes
Ideal. Ferner seien erwähnt: Berta v. Suttner,
„Das Maschinenzeitalter“ (1889 u. ö.); Don-
nelly, Caesar's Column (Lond. 1891; deutsch in
Reclams Universalbibliothek); Otto, „Der Um-
sturz“ (1896); Mantegazza, „Das Jahr 3000“"
(deutsch 1897). — Die meisten auch der neuzeit-
lichen Staatsromane sind sozialistisch; denn mag
die praktische Durchführbarkeit des Kommunismus
sich auch immer von neuem als unmöglich er-
weisen, so scheint doch die menschliche Phantasie