Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zwanzigster Jahrgang. 1879. (20)

Das deulsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 20—22.) 83 
genöthigt gewesen, den Sachen nhäher zu treten, ich habe meine Ueberzeugung 
inzwischen vollständig festgestellt und werde danach handeln, und wenn ich 
auch einen sofortigen rioh önicht sinden sollte, so werde ich denselben Weg von 
Neuem versuchen, ich mnte bleibe, was ich ja nicht weiß. Wenn 
aber der #t. 4 us “ m un noch bemerken kamt, mir vorgehülten hat, 
es sei mein Ideal gewesen, den Zolltarif auf ganz wenige Finanzzölle zurürkzu- 
führen, so ist das ganz richtig, das ist das sogen. englische Princip. Ich habees 
befürwortet, aber sagen Sie selbst, meine Herren, habe ich darin bei irgend Je- 
mand Gegenliebe gefunden, ist mir darin irgend Jemand nur irgend einen 
Finger breit eutgegengekommen! Ist nicht der erste Bersuch, mit dem Tabak 
(Ruf links: Monopol!) — ja, ich bin heute noch für das Tabakmonopol 
(Bewegung links, Beifau rechts) — dieses System einzuleiten, ist der nicht 
mit einer nufreundlichkeit ausfgenommen worden, die mir ganz neu war, in 
den Fraktionen, mit denen ich früher in VBeziehung gestanden habe? Der 
Minister Camphausen ist darüber zurückgetreten, wie er mir persönlich gesagt 
,aat, ich berufe mich auf sein Zeugniß, wegen der Abschlachtung — so war 
ein Ausdruck — die hier öffentlich von den Nationalliberalen und der Fori- 
schrittspartei mit ihm vorgenommen worden sei. Ich wiederhole, daß die 
Abgeordneten des Fortschriltes an einer anderen Stelle, im Landtage glaube 
ch, wiederholemlich über die Geschichte dieses Rücktrittes sich entweder nicht 
anz klar gewesen sind oder nicht das Bedürfniß gehabt haben, daß darüber Klar- 
heit im Publikum herrsche. Ich muß aliso sagen, daß dieser Versuch von mir 
gang korlich gemacht worden ist, und daß mein ganzes Bestreben rein auf 
sachlichem Gebiet eine unfreundliche Erwiderung gefunden hat, die ich mir 
gontllche nur aus politischen Gründen erklären kann. Ich weiß nicht, was 
man für Motive hat, daß man die wirthschaftlichen Gebiete so mit den po- 
litischen kombinirt. Die Herren, die genaner mit den Fraktionsgeheinmissen 
vertraut sind, werden es besser wissen, ich kann nur aus der Oeffentlichkeit 
urtheilen, und da muß ich allerdings sagen, daß die Hetzereien in der Presse 
ganz außerordentlich viel zu dieser Verstimmung beigetragen haben, und ich 
citire da mit vollem Bewußtsein Zeilungen, die ich seit langen Jahren lese 
und die eine so achtbare Haltung haben, daß ich eine objektivere Auffassung 
von ihnen erwartet hälte, die „Kölnische Zeitung“, die „National- Zeitung. “ 
Es vergeht fast kein Tag, in der Sozialistenfrage, in der jetigen Frage, wo 
ich nicht aus diesen Zeitungen stets von Neuem den Eindruck bekomme, daß 
hinter den Koulissen ein Bedürfniß ist, Feindschaft und Unfrieden zu säen. 
(Nuf: Bauernbriese!) Darf ich bitten, sich deutlich auszudrücken; ich bin 
bereit, dem Herrn, der da spricht, zu antworten, nur anonyme Unterbrech- 
ungen machen nachher immer einen eigenthümlichen Eindruck im stenogra- 
phischen Bericht; wenn der Name gleich dahinter folgte, würde es weniger 
ausmachen. (Beifall rechts.) Ich sage es auedrücklich, weil ich damit den 
Wunich verbinde, daß die Herren doch auch ihrerseits einen versöhnlicheren 
Ton auschlagen ind nicht dem Bedürfniß, jeden Tag einen seusationellen 
Zeitungsartilel zu liefern, den Frieden der Parteien opfern möchten. Für 
mich ist 8 so; wenn ich das Bedürfniß zu einer ruhigen Verhandlung 
habe, so lese ich an dem Tage die von mir gehaliene „National-Zeilung“" 
schon lieber nicht. Genuht hat das der Parlei nicht; *#n sind Maßregeln 
unter Umständen getroffen worden, wo der letzte Tropfen aus den Leitartikeln 
dieser Zeilung das Glas überlauf u machte. Vielleicht überschätzt man ihre 
Wichligleit; man darf aber glanben, daß die hervorragendsten Leute der be- 
dentendsten und zahlreichsten Fraklion ihre Meinung in diesem Blatte aus- 
drücken. Wenn Das nicht der Fall ist, wenn Das nur Bruchtheile sind, 
nur einzelne leidenschaftliche Charaktere sind, die vielleicht mit Dem, was sie 
schreiben, nicht mehr die volle Bedentung Dessen was die Anderen herans- 
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