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Tüchtigkeit zu diesem Geschäft nachweisen und
seinen Plan sowohl in Stellung der Erziehung
als des Unterrichts zur Genehmigung vorlegen.
Auch sind solche Privatschulen und Erziehungs-
anstalten der Aussicht der Ortsschulbehörde unter-
worfen. Die Aufsicht erstreckt sich auch auf die Ver-
pflegung ebenso wie auf die physische und moralische
Erziehung und den Unterricht (Allgem. Landrecht
TI II, Tit. 12, § 3 f). Nach einer Staats-
ministerialinstruktion vom 19. Okt. 1880 hängt
die Konzessionserteilung von der Bedürfnisfrage
ab und kann widerrufen werden. Die Privat-
schulen unterliegen in allen Beziehungen genau
denselben Aufsichtsbedingungen wie die entsprechen-
den öffentlichen. Die Vorsteher sind verpflichtet,
auch die allgemeinen Vorschriften über das Schul-
wesen zu beachten, insbesondere rücksichtlich der
Anstellung und Anderung der Lehrkräfte. Sogar
Kleinkinderbewahranstalten und Warte-
schulen unterstehen nach dieser Instruktion der
Ortsschulbehörde, welche auch die Erlaubnis er-
teilt. Auch Schulen für weibliche Handarbeiten,
gleichviel ob sie von schulpflichtigen oder nicht mehr
schulpflichtigen Mädchen besucht werden, unter-
tehen ebenfalls der Ortsschulbehörde. Selbst der
Privatunterricht, der nicht in Schulen erfolgt,
ist der Ortsschulbehörde nach dem Allgem. Land-
recht unterstellt (d. a. O. 8 8). Der § 14 der ge-
nannten Instruktion bestimmt: Personen, welche
ein Gewerbe daraus machen, in solchen Lehr-
gegenständen die zum Kreis der verschiedenen
öffentlichen Schulen gehören, Privatunterricht in
Familien oder in Privatanstalten zu erteilen,
müssen ein wissenschaftliches Prüfungszeugnis und
ein Zeugnis über ihre sittliche Tüchtigkeit bei-
bringen; für den Privatunterricht in andern
Gegenständen als denen der öffentlichen Schulen
brauchen sie indes nur ihre sittliche Tüchtigkeit
nachzuweisen. Dies bezieht sich jedoch nur auf
den Unterricht an jugendliche Personen; Unter-
richt an Erwachsene zu erteilen, steht jedem frei.
Die Art, in welcher die wissenschaftliche Tüchtig-
keit der Privatlehrer nachzuweisen ist, ist im all-
gemeinen dieselbe wie für die entsprechenden öffent-
lichen Lehrer. Es wird ein wissenschaftlicher Er-
laubnisschein für ein Jahr unentgeltlich erteilt.
Geistliche und Lehrer bedürfen keiner Erlaubnis
für den Privatunterricht. Die Privatlehrer unter-
stehen in allen Beziehungen der Aussicht der Orts-
schulbehörde. Hauslehrer ist derjenige, der
als Mitglied des Hausstands aufgenommen ist.
Hauslehrer und Erzieher oder Erzieherinnen haben
sich mit einem Erlaubnisschein der Königl. Re-
gierung zu versehen, der für den Regierungsbezirk
erteilt wird. Bei Beurteilung der Befähigung
eines Hauslehrers ist der Nachweis der Befähigung
für ein Lehramt nicht erforderlich; nur die not-
wendige Elementarbildung muß der Betreffende
besitzen. So ist in Preußen das ganze Unterrichts-
wesen bis zum Privat= und Hauslehrer ein staat-
liches Monopol, und in ähnlicher Weise ist es in
Staatslexikon. V. 3. u. 4. Aufl.
Unterrichtswesen.
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den andern Staaten geregelt (vgl. Petersilie, Das
öffentliche Unterrichtswesen 1 432 ff).
Die Unterhaltung der Elementarschule
liegt in erster Linie den Eltern ob, und in der
Vergangenheit haben ja die Eltern durch das
Schulgeld die Schulen ganz oder wenigstens zum
größten Teil unterhalten. Die Armenschulen
galten als ein Werk der Barmherzigkeit, als ein
Almosen, das aus freiem Willen von den einzelnen
oder im Bedürfnisfall von der Gemeinde oder
Kirche oder dem Staat geleistet wurde. Seitdem
man jedoch zu der Überzeugung kam, daß die
Schulen eine für das Bestehen der Gemeinde, der
ganzen Gesellschaft und des Staats notwendige
Einrichtung seien, wurde mehr und mehr den
Eltern die Last abgenommen und der Gemeinde
und dem Staat übertragen. So kam in Preußen
die Erhebung von Schulgeld durch das Gesetz
vom 14. Juni 1888 bei den Volksschulen allge-
mein in Fortfall. Wo Lern= bzw. Schulzwang
besteht, und soweit er mit Recht besteht, ist diese
Entwicklung wohl gerechtfertigt. Wo die Ent-
wicklung staatlicher Schulen die Gründung freier
Schulen zu einem Bedürfnis macht, ist der Staat
verpflichtet, entweder die Kosten der Schulen wieder
den Eltern aufzuerlegen, soweit sie dazu fähig
sind, oder den freien Schulen, welche den not-
wendigen Forderungen entsprechen, dieselbe Geld-
unterstützung zukommen zu lassen wie den staat-
lichen Anstalten.
In Preußen sollen die Mittel zur Errich-
tung, Unterhaltung oder Erweiterung der öffent-
lichen Volksschule nach Art. 25 der Verfassung
von der Gemeinde und im Fall des nachgewiesenen
Unvermögens ergänzungsweise vom Staat auf-
gebracht werden. Unter den Gemeinden sind ge-
wöhnlich die Schulsozietäten zu verstehen, d. h.
die sämtlichen „Hausväter“ (wirtschaftlich selbstän-
dige Personen) jedes Orts ohne Unterschied, ob
sie Kinder haben oder nicht. Die Beiträge müssen
vom Schulvorstand unter die „Hausväter“ nach
Verhältnis ihrer Besitzungen billig verteilt werden.
Da die hierbei in Frage kommenden Rechts-
verhältnisse oft recht verwickelt und unklar sind,
werden in neuerer Zeit die Schullasten vielfach
freiwillig von der bürgerlichen Gemeinde über-
nommen, besonders in Städten, wozu allerdings
die Genehmigung der Aufsichtsbehörde erforderlich
ist. Auf Grund des am 1. April 1908 in Kraft
getretenen neuen preußischen Schulunterhaltungs-
gesetzes werden in den Gemeinden die Schullasten
als Gemeindelast aufgebracht, in den Gutsbezirken
vom Gutsbesitzer getragen, in den Gesamtschul-
verbänden aber auf die den Verband bildenden
Kommunalverbände verteilt. — In Bayern hat
nach dem Schulbedarfsgesetz vom 28. Juli 1902
die politische Gemeinde den gesamten Schulbedarf
festzusetzen und aufzubringen. Auch in Olden-
burg ist durch das neue Schulgesetz vom 4. Febr.
1910 die Volksschule im Gegensatz zu dem bis-
herigen Brauch ganz auf die politische Gemeinde
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