Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Str. G. B., soweit es sich um Strafrecht handelt, 
als subsidiäre Rechtsquellen in Betracht kommen. 
Für einzelne Urheberrechte ergibt sich je nach 
ihrem Gegenstand oder ihrer besondern Zweck- 
bestimmung eine mehr oder minder große Ver- 
wandtschaft, die zu verschiedenen Zusammenfas- 
sungen in besondere Gruppen Veranlassung ge- 
geben hat. Im Hinblick auf das internationale 
Urheberrecht (vgl. d. Art. Patentrecht unter IV 
und VI 5, sowie unten unter V) empfiehlt es sich, 
das Patentrecht, das Geschmacksmuster-, das Ge- 
brauchsmuster= und das Warenzeichenrecht unter 
der Bezeichnung „gewerbliches Eigentum“ zu- 
sammenzufassen und dem Urheberrecht an Werken 
der Literatur und der Tonkunst, an Werken der 
Kunst und der Photographie gegenüberzustellen. 
Anderseits steht das Geschmacksmuster in naher 
Beziehung zum kunstgewerblichen Erzeugnis einer- 
seits (val. d. Art. Patentrecht unter VI 3 und 
unten III 2) und zum Gebrauchsmuster ander- 
seits, so daß zuweilen recht schwierig ist, zu unter- 
scheiden, ob ein Erzeugnis den Schutz des einen 
oder andern Rechts zu beanspruchen hat. 
II. Das Arheberrecht an Werken der Ti- 
teratur und der Tonkunst. 1. Geschicht- 
liches. Dieses Urheberrecht im besondern wie 
das Urheberrecht im allgemeinen ist eine durchaus 
moderne Rechtsbildung. Weder das römische 
Recht noch das deutsche Recht des Mittelalters 
haben das Autorrecht als ein besonderes durch 
Klage geschütztes Recht anerkannt. Aber unrichtig 
ist es, wenn behauptet wird, daß im Altertum ein 
Bedürfnis nach Schutz gegen unbefugte Verviel- 
fältigung literarischer Erzeugnisse nicht empfunden 
worden sei. Im Gegenteil, Klagen über unbe- 
fugte Nachschrift werden sehr häufig angetroffen. 
Die Autoren selbst hatten allerdings nach der 
Art, wie damals die Verwertung ihrer Manuskripte 
erfolgte — sie wurden verkauft und waren Träger 
des Vermögenswerts; mit der Übergabe galten 
alle Befugnisse der vermögensrechtlichen Ausbeute 
für mit übertragen —, kein besonderes Interesse 
an der Verhinderung solcher Unrechtmäßigkeiten, 
wohl aber die Verleger. Diese bewerkstelligten die 
Veröffentlichung im Großbetrieb. Mittels gleich- 
zeitigen Diktats der einzelnen Abschnitte eines 
Werks an verschiedene größere Gruppen von 
Sklaven wurde die gleichzeitige Herstellung einer 
größeren Anzahl von Exemplaren eines Werks zu 
billigen Preisen ermöglicht, und das erklärt uns 
die großartige Blüte des Bücherwesens und des 
in Rom konzentrierten Buchhandels während einer 
langen Periode des Altertums einerseits, wie die 
Klagen über unbefugte Vervielfältigung ander- 
seits. Die durchaus verschiedenen wirtschaftlichen 
und sozialen Verhältnisse des Mittelalters mußten 
die Entwicklung des Bücherwesens dieser Zeit 
naturgemäß stark beeinflussen. Nach dem Nieder- 
bruch des weströmischen Reichs und den Jahr- 
hunderte andauernden Wirren mußte sich erst in 
langsamer Arbeit eine neue Kultur aufbauen. 
Urheberrecht. 
  
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Von Buchhandel daher zunächst keine Spur. Die 
Autoren vertrieben ihre Werke selbst; auf Be- 
stellung wurde das Werk abgeschrieben. Wer ein 
Buch besaß, verlieh es behufs Abschriftnahme, und 
es galt als unziemlich, ein Buch zu diesem Zweck 
zu verweigern. Die Bücherherstellung im großen 
hatte sich in die Klöster zurückgezogen, wurde hier 
aber hauptsächlich zur Deckung des eignen Bedarfs 
betrieben. Eine gewerbsmäßige Bücherherstellung 
entwickelte sich erst später im Anschluß an das 
Aufblühen der Universitäten im 12. und 13. Jahrh. 
Nun fehlten aber die Sklavenscharen des alten 
Rom. Der Buchhändler verlieh seine Bücher gegen 
Entgelt zum Abschreiben oder ließ selbst die Ab- 
schrift durch Lohnschreiber besorgen. Wo Schulen 
und Universitäten waren, gab es Kopisten, an 
manchen Orten sogar in sehr großer Zahl. Aber 
die Lohnschreiber waren teuer und daher auch die 
Bücher teuer und selten. Das Verleihen von 
Büchern zum Zweck der Abschriftnahme war ge- 
radezu Sitte; es galt als ein löbliches Unter- 
nehmen, Bücher abschreiben und verbreiten zu 
lassen. Und als die Buchdruckerkunst erfunden 
war, da geschah das Eigentümliche, daß man diese 
Anschauungen zunächst beibehielt und auch auf den 
Druck von Büchern übertrug, und es ist interessant, 
berichtet zu sehen, daß die Miterfinder der Buch- 
druckerkunst Scheffer und Fust diesem Grundsatz 
ebenfalls huldigten. Je mehr aber der Nachdruck 
auch die schriftstellerischen Neuschöpfungen nicht 
schonte und damit die vermögensrechtlichen Schä- 
digungen greifbar vor Augen traten, begannen 
auch die heftigsten Klagen über diesen Unfug. 
Diesmal ließ aber der Schutz nicht lange auf sich 
warten. Schon im Jahr 1469 verlieh der Senat 
von Venedig ein Druckprivileg für Ciceros Briefe, 
allerdings nur auf fünf Jahre. Auch in Deutsch- 
land soll bereits unter Kaiser Friedrich III. (1440 
bis 1493) der Versuch der Abwehr durch Erteilung 
von Privilegien gemacht worden sein. Wenigstens 
ist aus dem Jahr 1501 ein solches zugunsten des 
Humanisten Konrad Pickel (Celtes) für die Heraus- 
gabe der von ihm im Kloster St Emmeram in 
Regensburg aufgefundenen lateinischen Dichtungen 
der Gandersheimer Nonne Hroswitha erteiltes 
Privileg festgestellt. Jedenfalls wurde die Privile- 
gienerteilung vom 16. Jahrh. ab die regelmäßige 
Form des Schutzes und ist es bis ins 19. Jahrh. 
hinein geblieben. Der Schutz des Privilegs be- 
stand darin, daß dem Drucker das alleinige Recht 
des Drucks eines Werks verliehen und daß der un- 
befugte Nachdruck unter Strafe gestellt wurde. Die 
Dauer betrug gewöhnlich zehn Jahre, dann konnte 
das Privileg erneuert werden. Es gab kaiserliche, 
landesherrliche, städtische, Meß- und Marktprivi- 
legien. Aber alle reichten nur so weit, als die po- 
litische Macht des Privilegienerteilers reichte, und 
es ist demnach erklärlich, daß die Klagen über un- 
befugten Nachdruck nicht verstummten, wenn auch 
unter Einwirkung der Druckerinnungen, solange 
das Innungswesen noch in Blüte stand, ein einiger- 
 
	        
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