Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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stische Person oder eine Gesellschaft in Frage 
kommen. Jedoch ist für juristische Personen des 
öffentlichen Rechts (Staat, Gemeinde usw.) die 
Vermutung aufgestellt, daß sie, falls sie als 
Herausgeber ein Werk veröffentlichen, dessen Ver- 
fasser nicht genannt wird, als Urheber des Werks 
angesehen werden, wenn nichts anderes vereinbart 
ist. Für andere juristische Personen und für Ge- 
sellschaften ist diese Vermutung nicht aufgestellt; 
sie können also nur in den Fällen der Vererbung 
und Übertragung (s. unten) in die Rechte des Ur- 
bebers einrücken. Der Besteller eines Werks, 
z. B. ein Verleger, wird nicht kraft dieser Be- 
stellung Urheber des Werks; er erhält nicht das 
Urheberrecht daran, es sei denn auf Grund der 
Übertragung bzw. Vererbung. Da das Urheber- 
recht einfach durch den geistigen Schöpfungsakt 
begründet wird, so ist zu dessen Begründung nicht 
erforderlich, daß der Verfasser geschäftsfähig im 
juristischen Sinn ist. Auch Kinder, Geisteskranke 
und Entmündigte können daher für sich ein Ur- 
heberrecht originär begründen, während sie in An- 
sehung vertragsmäßiger Erwerbung den allgemei- 
nen Beschränkungen des bürgerlichen Rechts unter- 
liegen. Für sie nimmt der gesetzliche Vertreter die 
Ausübung des Rechts wahr. 
Das Recht des Urhebers geht auf die Erben 
über und kann unbeschränkt wie beschränkt, und 
zwar zeitlich, räumlich und inhaltlich beschränkt, 
durch formfreien Vertrag oder letztwillige Ver- 
fügung auf andere übertragen werden. Ist der 
Fiskus oder eine andere juristische Person gesetz- 
licher Erbe, so erlischt das Recht, soweit es dem 
Erblasser zusteht, mit dessen Tod. Im Fall der 
Übertragung des Urheberrechts hat der Erwerber, 
soweit nicht ein anderes vereinbart ist, nicht das 
Recht, irgend welche Anderungen vorzunehmen, 
ausgenommen solche, für die der Berechtigte seine 
Einwilligung nach Treu und Glauben nicht ver- 
sagen kann. 
Die Zwangsvollstreckung in das Recht des Ur- 
hebers oder in sein Werk findet gegen den Urheber 
selbst ohne dessen Einwilligung nicht statt; die 
Einwilligung kann nicht durch den gesetzlichen 
Vertreter erteilt werden. Gegen den Erben des 
Urhebers ist ohne seine Einwilligung die Zwangs- 
vollstreckung nur zulässig, wenn das Werk er- 
schienen ist. Das schließt nicht aus. daß die ein- 
zelnen Forderungen, die dem Verfasser aus seinem 
Urheberrecht erwachsen, wie Honorar= und Scha- 
denersatzfjorderung, dem Zugriff der Gläubiger 
unterworfen sind. Jene Sätze sind auch entschei- 
dend dafür, ob das Urheberrecht, wenn der Be- 
rechtigte in Konkurs gerät, zur Konkursmasse 
gehört oder nicht. 
4. Inhalt des Rechts. Nach der oben er- 
wähnten Konstruktion ist der Urheber ausschließ- 
lich berechtigt, uber das Werk zu verfügen. Statt 
diesen Satz allgemein auszusprechen, löst das 
Gesetz diese allgemeine Befugnis in die einzelnen 
Bestandteile nach Maßgabe der Verfügungsmög- 
Urheberrecht. 
  
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lichkeiten auf und bestimmt, daß der Urheber die 
ausschließliche Befugnis habe, das Werk zu ver- 
vielfältigen und gewerbsmäßig zu verbreiten. So- 
weit dieses letztere durch Verleihen statthaben kann, 
z. B. durch Leihbibliotheken, besteht diese aus- 
schließliche Verbreitungsbefugnis nicht. Solange 
der wesentliche Inhalt des Werks noch nicht öffent- 
lich mitgeteilt ist, z. B. durch eine öffentliche An- 
kündigung, hat der Urheber auch die ausschließliche 
Befugnis zu einer solchen Mitteilung. Das Ur- 
heberrecht an einem Bühnenwerk oder an einem 
Werk der Tonkunst enthält auch die ausschließliche 
Befugnis, das Werk öffentlich aufzuführen, und 
der Urheber eines Schriftwerks oder eines Vor- 
trags hat, solange nicht das Werk erschienen ist. 
die ausschließliche Befugnis, das Werk öffentlich 
vorzutragen. Alle diese Befugnisse erstrecken sich 
auch auf die Bearbeitungen des Werks, namentlich 
auf Ubersetzungen, Wiedergabe einer Erzählung 
in dramatischer Form oder umgekehrt eines Bühnen- 
werks in Form einer Erzählung, Herstellung von 
Auszügen aus Werken der Tonkunst sowie von 
Einrichtungen solcher Werke für einzelne oder 
mehrere Instrumente oder Stimmen, auf Über- 
tragung der Werke auf Vorrichtungen für Instru- 
mente, die der mechanischen Wiedergabe für das 
Gehör dienen, auf die Benützung zum Zweck der 
Kinematographie. — Eine Vervielfältigung ohne 
Einwilligung des Berechtigten ist unzulässig, gleich- 
viel durch welches Verfahren sie bewirkt wird oder 
ob das Werk in einem Exemplar oder mehreren 
vervielfältigt wird. 
Von dieser ausschließlichen Befugnis des Ur- 
hebers sind weitgehende Ausnahmen gemocht. Auf 
die Gemeinfreiheit der Gesetzbücher usw. ist be- 
reits hingewiesen. Zulässig ist vor allem sodann 
die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch, 
wenn sie nicht den Zweck hat, aus dem Werk eine 
Einnahme zu erzielen. Die Verbreitung wieder 
ist, wie bereits angedeutet, erlaubt, sofern sie nicht 
gewerbsmäßig geschieht. Zulässig ist serner die 
Wiedergabe eines Vortrags oder einer Rede in 
Zeitungen oder Zeitschriften, sofern der Vortrag 
oder die Rede Bestandteil einer öffentlichen Ver- 
handlung ist, ganz allgemein die Vervielfältigung 
von Vorträgen und Reden, die bei den Verhand- 
lungen der Gerichte, der politischen, kommunalen, 
kirchlichen Vertretungen gehalten werden. — Be- 
sondere Vorschriften stellen fest die erweiterte Zu- 
lässigkeit des Abdrucks einzelner Artikel aus Zei- 
tungen in andere Zeitungen, also nicht allgemein. 
Ein solcher Abdruck ist zulässig, soweit nicht die 
Artikel mit einem Vorbehalt der Rechte versehen 
sind; es darf indessen nicht der Sinn entstellt und 
es muß die Quelle deutlich angegeben werden. 
Der Addruck von Ausarbeitungen wissenschaft- 
lichen, technischen oder unterhaltenden Inhalts ist, 
auch wenn ein Vorbehalt des Rechts fehll, unzu- 
lassig. Sog. vermischte Nachrichten und Tages- 
neuigkeiten dagegen dürfen wieder aus Zeitungen 
oder Zeilschriften stets abgedruckt werden. —
	        
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