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belgischen Rechts (s. unter 2), sich ausdrückt, „alle
vorsätzlichen, gegen Bestand und Sicherheit des
(eignen oder eines fremden) Staats sowie gegen
das Staatsoberhaupt und die politischen Rechte
der Staatsbürger (nicht gegen die Staatsverwal-
tung) gerichteten Verbrechen“. Gemäß anderer
Ansichten sind es „die gegen den Staat“" oder „die
gegen den Staat und seine Institutionen gerich-
teten, auch wenn die Handlungen in die Form des
Widerstands gekleidet sind“, oder auch „die gegen
den Staat als politische Organisation und jede
seiner Gewalten gerichteten“, so daß in diesem
Sinn die politischen Verbrechen auch als Staats-
verbrechen bezeichnet werden. Andere Schriftsteller
schränken den Begriff noch mehr ein, als es bereits
mit der letzteren Erklärung geschieht, indem sie
nur „die Verfassung und Regierung des Staats“
als Angriffsobjekte des politischen Verbrechens an-
sehen, wieder andere, indem sie ganz konkret nur
Hochverrat und Landesverrat als politische Delikte
gelten lassen wollen. Andere dagegen erweitern
den Begriff, indem sie nicht nur die Angriffe auf
die sog. politische, sondern auch auf die soziale
Ordnung als politische Delikte auffassen, ja die
Angriffe auf „die sozialen Einrichtungen und die
daraus entstehenden Rechte und Pflichten“ hier-
herzählen.
Nicht genug mit diesem negativen Ergebnis, es
gibt auch, wie schon die oben mitgeteilte Auße-
rung v. Holtzendorffs erwarten läßt, eine Ansicht,
welche politische Delikte als eine besondere Klasse
der verbrecherischen Handlungen überhaupt nicht
anerkennen will, weil eine solche Unterscheidung
zu treffen zu den Unmöglichkeiten gehöre. Allein
wohl oder übel wird man über diese Ansicht zur
Tagesordnung übergehen müssen und zu einem
Versuch einer Begriffsbestimmung sich gezwungen
sehen, schon weil sie für die Anwendung der posi-
tiven oben erwähnten Bestimmungen unserer Aus-
lieferungsverträge wie auch des gleichfalls er-
wähnten § 3 des Wahlgesetzes die Voraussetzung
bildet (s. unter 2 gegen Ende).
Hierbei wird man davon auszugehen haben,
daß es sich um eine verbrecherische Handlung im
Gebiet der Politik handeln muß. Begriffsmäßig
muß ein politisches Verbrechen das verbrecherische
Widerspiel der legalen Politik sein. Die Politik
als Staatskunst hat nach dem gleichnamigen Ar-
tikel dieses Staatslexikons die Aufgabe, durch
richtige Wahl der Mittel die jeweiligen Zwecke
eines konkreten Staats zu realisieren (ugl. Bd IV,
Sp. 193). Akzeptiert man diese Begriffsbestim-
mung — und es liegt nicht die mindeste Veranlas-
sung vor, dagegen Bedenken zu erheben —, so
wäre es Aufgabe der praktischen Politik, diese
Mittel zur Durchführung zu bringen. Jede ver-
brecherische Handlung demnach, welche sich hier-
mit in Widerspruch setzte, würde ein politisches
Delikt bedeuten. Das bedarf natürlich noch einer
näheren Erläuterung, und zwar sowohl in ob-
jektiver als auch in subjektiver Richtung. — Zu-
Verbrechen,
politische. 710
nächst in objektiver Beziehung. Sollen die Zwecke
eines Staatswesens realisiert werden können, so
darf sich vor allem dieser Aufgabe keine Handlung
entgegenstellen, die das Staatswesen als solches,
seine Existenz und mit ihr die Erfüllung der
Staatszwecke überhaupt in Frage stellt. In erster
Linie käme demnach als Objekt politischer Delikte
die äußere Sicherheit des Staats in Betracht.
Landesverrat und jede Gefährdung der äußern
Sicherheit durch Beeinträchtigung der internatio-
nalen staatlichen Beziehungen stellten sich also zu-
nächst als politische Delikte heraus. Entsprechende
Bedeutung würde sodann der innere Bestand des
Staats beanspruchen, sein verfassungsmäßiger
Zustand. Die Realisierung der Staatszwecke, wie
sie ein konkreter Staat versteht, soll ihm durch seine
Gesamtordnung, seine Verfassung, gewährleistet
werden. Jeder gesetzwidrige Angriff und Eingriff
auf und in diese Gesamtordnung würde demnach
ein politisches Verbrechen bedeuten. Der Staats-
streich auf der einen und der Hochverrat auf der
andern Seite würde gleichmäßig getroffen. Weiter-
hin verlangt aber jedes geordnete Staatswesen,
daß seine von ihm selbst gesetzten Zwecke auf
dem für es verfassungsmäßig festgestellten Weg
durch die dafür bestellten Organe angestrebt und
verwirklicht werden. Der Staatsorganismus und
die für seine Betätigung gesetzlich festgelegten For-
men sind daher weitere Objekte politisch-verbreche-
rischer Angriffe. Dahin gehören z. B. das Staats-
oberhaupt, soweit es nicht schon mit der vorauf-
gehenden Bemerkung getroffen ist, die gesetzgebenden
Körperschaften, der Beamtenorganismus, das ge-
setzlich geregelte Wahlrecht, die verfassungsmäßig
festgestellte Unabhängigkeit der richterlichen Gewalt.
Jede gesetzwidrige Handlung, die sich diesen Or-
ganen und ihrer legalen Betätigung entgegenstellte,
könnte demnach ein politisches Delikt bedeuten.
Hier dürfte indessen eine nicht unerhebliche Ein-
schränkung am Platz sein. Es wäre nämlich ver-
kehrt, jeden einzelnen amtlichen rechtmäßigen Akt
eines staatlichen Organs als staatliche Zweck-
betätigung, also als politischen Akt anzusprechen.
In den weitaus meisten zahllosen Fällen des täg-
lichen Lebens sind solche amtlichen Akte nichts
weiter als Ausführungshandlungen einer solchen
Betätigung, die aber nicht mit der politischen
Aktion, die dahinter steht, identifiziert werden
dürfen. Nur eine allgemeine behördliche Maß-
regel, die zwar nicht notwendig von der staatlichen
Zentrale auszugehen braucht, ließe sich in letzterem
Sinn identifizieren. Und nicht deren Ausführung,
sondern ihre Anordnung wäre als das mögliche
Objekt politisch-deliktischer Angriffe zu charak-
terisieren. Hier werden allerdings die Grenzen
zwischen politischen und gemeinen (unpolitischen)
Verbrechen höchst unsicher, und nicht selten wird es
schwer sein, im einzelnen festzustellen, ob ein solches
dieser oder jener Art vorliegt. — In subjektiver
Beziehung ist sodann folgendes zu bemerken. Wenn
der praktischen Politik, der legalen politischen
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