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Handlung, untrennbar, begriffsmäßig das Merk-
mal innewohnt, daß sie einen Staatszweck ver-
folgen will, wenn es also eine zwecklose Politik
begrifflich nicht geben kann, so kann es auch kein
politisches Verbrechen geben, das im entgegen-
gesetzten Sinn des Zwecks entbehrte. Das zeigt
sich am deutlichsten beim Hochverrat durch Mord
des Staatsoberhaupts einer erblichen Monarchie.
Ein solcher Mord kann fraglos ohne jegliche Ab-
sicht, auf dem Gebiet der politischen Belätigung
des Staats eine Anderung herbeizuführen, er kann
in dem vollen Bewußtsein und in der Erwartung,
daß in politischer Beziehung alles beim alten
bleibe, begangen werden. Kurz, ein politischer
Beweggrund und ein politischer Zweck brauchen
gar nicht vorzuliegen; sie können vielmehr einem
ganz andern Gebiet, z. B. dem rein persönlichen,
angehören. Zahlreiche geschichtliche Beispiele be-
stätigen das. Trifft solches zu, so ist es unmög-
lich, einen solchen Mord anders als einen ge-
meinen anzusprechen, und es geht daher nicht an,
bei der Beurteilung, ob eine verbrecherische Hand-
lung als ein politisches oder als ein gemeines
(nicht politisches) Verbrechen zu betrachten sei,
Motiv und Zweck der Handlung außer acht zu
lassen. Was von dem bdeispielshalber gewählten
Hochverrat gilt, muß auch von jeder andern ver-
brecherischen Handlung gelten. Allerdings ist hier
unter Motiv der Handlung nicht der jeder frei
gewollten Handlung untrennbar innewohnende
Vorsatz, sie zu begehen, auch nicht der im Gefühls-
leben des Täters zu suchende und aus dem per-
sönlichen Empfinden und Interesse entspringende
Reiz zur Tat und unter Zweck der Handlung nicht
die Befriedigung persönlichen Interesses zu ver-
stehen, sondern gerade im direkten Gegensatz zu all
diesem der spezifische unpersönliche dem oben um-
schriebenen Gebiet der Politik angehörende und
aus ihr herausgewachsene, zugleich Richtung, Ziel
und Zweck der Handlung bestimmende Beweg-
grund, also die Motiv und Zweck gleichmäßig
umfassende Tendenz, mit der Handlung selbst
einen Akt der Politik zu setzen, einen Ersolg in
politischer Richtung zu erzielen. — Und noch ein
drittes, die Handlung selbst betreffendes Moment
muß hinzukommen. Nicht jede Handlung nämlich
kann als geeignetes Mittel zur Erreichung politi-
scher Zwecke angesehen werden und muß daher von
vornherein von der Gruppe der politischen Ver-
brechen ausgeschieden werden. Das gilt z. B. von
den Verbrechen und Vergehen wider die Sittlich-
keit. Beleidigung, Bankrott. Zu unterscheiden von
solchen Handlungen sind solche, die durch den
Gegenstand, dem sie unmittelbar gelten, als ge-
meine charakterisiert werden und nur dadurch einen
politischen Charakter annehmen, daß sie mit einem
unmittelbaren oder absoluten politischen Delikt in
Verbindung stehen, mit ihm in idealer Konkurrenz
begangen werden oder zu ihm im Verhältnis des
Mittels zum Zweck stehen (sog. konnexe politische
Delikte). Insoweit bedarf es für jeden einzelnen
Verbrechen,
politische. 712
Fall genauer Sachuntersuchung, ob wirklich eine
solche Verbindung besteht oder nicht, ob z. B. ein
bei einem Aufruhr begangener Mord ein Teil der
politischen Bewegung oder rein persönlicher Art
war, der nur unter Benutzung der günstigen Ge-
legenheit begangen wurde. — Damit ein politi-
sches Verbrechen vorliegt, müssen also diese vor-
gedachten drei Momente zusammentreffen: in
objekliver Beziehung eine gesetzwidrige Handlung,
welche der Durchführung der staatlichen Ordnung
und staatlichen Zwecke als solcher widerstrebt, in
subjektiver Beziehung, daß Motiv und Zweck des
Täters in dieser Richtung sich bewegen und in
Bezug auf die Handlung selbst, daß sie für den
Zweck geeignet ist.
Der in der vorstehenden Erörterung heraus-
gearbeitete Begriff des politischen Verbrechens
erweist sich bedeutend enger als der von der herr-
schenden Meinung angenommene. Im Gegensatz
zu dieser wäre zunächst die Beleidigung des Staats-
oberhaupts (Majestätsbeleidigung) nicht dahin zu
zählen, sondern als gemeines Verbrechen zu be-
trachten, da in ihr ein Angriff auf die staatliche
Ordnung als Bedingung für die Durchführung
der Staatszwecke nicht erkannt werden kunn. Auch
deliktische Handlungen gegen die staatsbürgerlichen
Rechte der einzelnen Staatsbürger können nicht
ohne weiteres als unmittelbare politische Ver-
brechen, sondern nur insoweit in Betracht kommen,
als nach geführter Sachuntersuchung sich heraus-
stellt, daß sie gegen die Staatsordnung selbst ver-
stoßen. Im übrigen erweist sich der Begriff des
politischen Verbrechens, soweit es sich dabei um
einen deliktischen Angriff auf die innere staatliche
Ordnung handelt, als ein sehr wandelbarer und
relativer, so daß ein und dieselbe Handlung, in
demselben Staat aber zu verschiedenen Zeiten oder
in verschiedenen Staaten aber zu derselben Zeit
begangen, eine ganz verschiedene politische Quali-
fizierung erfahren muß. War vor dem Jahr 510
v. Chr. das gewaltsame Unternehmen, in Rom
das Königtum zu beseitigen, ein politisches Ver-
brechen, so war es nach diesem Jahr ein solches
Unternehmen zum Zweck der Einführung desselben.
Zur Zeit, als in Preußen die absolute Monarchie
bestand, würde das gewaltsame Unternehmen, die
konstitutionelle Monarchie einzuführen, ein politi-
sches Verbrechen bedeutet haben; heute würde
umgekehrt ein gewaltsames Vorgehen, aus der
konstitutionellen Monarchie eine absolute zu machen,
diesen Charakter haben. Ein deliklischer Angriff
auf die republikanische Verfassung einer der Hanse-
städte zum Zweck der Einführung der Monarchie
würde zu derselben Zeit ein politisches Verbrechen
sein, zu der ein gewaltsames Unternehmen, in
einem andern deutschen Bundesstaat statt der
monarchischen die republikanische Staatsform ein-
zuführen, es ebensalls wäre.
2. Die politischen Verbrechen in der
Rechtspflege. Wenn auch nach dem unter 1
eingangs Gesagten der Ausdruck „politische Ver-