Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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den Konventionen der Einzelstaaten genehmigt 
werden sollen. Der Kongreß allein hat das Recht, 
über die öffentlichen Gelder der Union zu ver- 
sügen, und Geld darf aus der Kasse der Union 
nur auf Grund eines Gesetzes, einer sog. Appro- 
priationsbill, entnommen werden; die Budget- 
periode ist einjährig (für Heeressachen können die 
Mittel auf zwei Jahre bewilligt werden). 
Das Repräsentantenhaus setzt sich aus 
Mitgliedern zusammen, die alle zwei Jahre vom 
Volk der Einzelstaaten in direkter, geheimer, durch 
Stimmzettel erfolgender Wahl gewählt werden; 
eine Auflösung des Repräsentantenhauses gibt es 
nicht. Das aktive Wahlrecht wird von den Wahl- 
gesetzen der Einzelstaaten abhängig gemacht, die 
sehr verschieden sind; die Verfassung der Union 
bestimmt nur, 1. daß die Wähler in jedem Staat 
nur diejenigen Eigenschaften zu haben brauchen, 
die für die Wähler der zahlreicheren Kammer der 
gesetzgebenden Versammlung des Staats erforder- 
lich sind, und 2. daß, falls ein Einzelstaat das 
Wahlrecht zum Repräsentantenhaus einem männ- 
lichen 21 Jahre alten Bürger der Vereinigten 
Staaten entzieht oder verkürzt, die Grundlage 
der Vertretung des Staats im Kongreß auf das- 
jenige Verhältnis zurückgeführt werde, in dem die 
Zahl solcher männlicher Bürger zu der ganzen 
Zahl männlicher 21 Jahre alter Bürger dieses 
Staats steht (Zusatzartikel 14; d. h. ein Staat, 
der das Wahlrecht seiner Angehörigen in irgend 
einer Weise zugunsten von reichen Leuten oder 
Grundbesitzern oder Weißen verkürzt, wird im 
gleichen Verhältnis an der Zahl seiner Vertreter 
verkürzt). Wählbar zum Repräsentantenhaus ist 
jede männliche Person, die zur Zeit des Zusammen- 
tritts des Kongresses das 25. Lebensjahr erreicht 
hat, seit sieben Jahren das amerikanische Bürger- 
recht besitzt, zur Zeit der Wahl in dem Staat 
seinen Wohnsitz hat, in dessen Gebiet er gewählt 
ist und nicht Beamter der Union ist. Die Zahl 
der Repräsentanten darf nicht einen auf 30 000 
Wahlberechtigte übersteigen, in jedem Staat ist 
aber wenigstens ein Vertreter zu wählen; sie richtet 
sich demnach lediglich nach der Gesamtzahl der 
Einwohner (mit Ausnahme der nicht besteuerten 
Indianer), die alle zehn Jahre durch eine Zählung 
festgestellt wird. Das Repräsentantenhaus des im 
November 1910 gewählten 62. Kongresses zählt 
391 Abgeordnete (228 Demokraten, 162 Repu- 
blikaner, 1 Sozialisten; der vorherige Kongreß 
hatte 219 Republikaner und 172 Demokraten):t 
im Repräsentantenhaus wurde April 1911 eine 
Bill angenommen, daß auf Grund der Zählung 
von 1910 die Zahl der Mitglieder des Hauses 
auf 433 erhöht werden solle, und eine neue Fest- 
stellung der auf die Einzelstaaten treffenden Ver- 
treterzahl nach Maßgabe des Zensus angeordnet; 
die Neueinteilung der Wahlkreise („Kongreß= 
distrikte") bleibt den Staatslegislaturen überlassen. 
Die einzelnen Staaten werden in so viel Wahl- 
kreise eingeteilt, als sie Vertreter zu wählen haben, 
Staatslexikon. V. 3. u. 4. Anfl. 
Vereinigte Staaten. 
  
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und die Kreise sollen an Einwohnerzahl möglichst 
gleich sein. Hat bei Erledigung eines Mandats 
eine neue Wahl zu erfolgen, so wird diese von der 
Regierung des Staats angeordnet, in dem der 
betreffende Repräsentant gewählt war. Als Wahl- 
tag für die allgemeinen Wahlen zum Kongreß 
wurde der Dienstag nach dem ersten Montag im 
November eines jeden zweiten Jahrs festgesetzt. 
Den Vorsitz im Repräsentantenhaus führt der 
Sprecher, eine der einflußreichsten Personen in den 
Vereinigten Staaten, der wie die übrigen Beamten 
des Hauses (der dem Sprecher in der Herstellung 
der Ordnung zur Seite stehende Stabträger, die 
Kapläne, Pförtner und der Postmeister) von 
diesem selbst gewählt wird; er hat den Mitgliedern 
des Hauses den Verfassungseid abzunehmen, er 
hat das Recht, die ständigen Kommissionen, in 
denen die Gesetzes= und Beschlußentwürfe vor- 
beraten werden, nach Gutdünken zu besetzen; an 
der Abstimmung muß er sich beteiligen, wenn 
durch Stimmzettel abgestimmt wird und seine 
Stimme den Ausschlag gibt. 
Der Senat besteht aus zwei Senatoren von 
einem jeden Staat, die von der gesetzgebenden 
Versammlung der einzelnen Staaten auf sechs 
Jahre gewählt werden. Wahlmodus und Wahl- 
ort sind der Gesetzgebung der Einzelstaaten über- 
lassen; über die Wahlzeit bestimmt ein Unions= 
gesetz von 1866, daß die Senatoren am zweiten 
Dienstag nach dem Zusammentritt der gesetz- 
gebenden Versammlung des Staats gewählt wer- 
den. Jeder Senator ist Vertreter des ganzen 
Volks und an irgend welche Aufträge nicht ge- 
bunden. Alle zwei Jahre scheidet ein Drittel der 
Senatoren aus. Wird ein Mandat erledigt, wäh- 
rend die gesetzgebende Versammlung des Staats 
nicht tagt, so hat bis zu deren Zusammentreten 
die oberste Verwaltungsbehörde eine wahlfähige 
Person zum Senator zu ernennen, die so lange 
Mitglied des Senats bleibt, bis die ordnungs- 
gemäße Wahl zustande kommt. Wählbar zum 
Senat ist, wer das 30. Lebensjahr vollendet hat, 
seit neun Jahren amerikanischer Bürger ist, zur 
Zeit der Wahl seinen Wohnsitz in dem Staat 
hat, für den die Wahl erfolgt, und nicht Unions= 
beamter ist. Durch Beschluß einer Zweidrittel- 
mehrheit kann ein Senator ausgestoßen werden. 
Präsident des Senats ist der Vizepräsident der 
Vereinigten Staaten, der aber nur im Fall der 
Stimmengleichheit Stimmrecht hat; bei seiner 
Verhinderung führt den Vorsitz ein Präsident pro 
tempore, der wie die übrigen Beamten des Senats 
von diesem selbst gewählt wird. Die Senats- 
kommissionen werden durch Vereinbarung der 
Parteien besetzt. An der Exekutivgewalt hat der 
Senat insofern einen großen Anteil, als der 
Unionspräsident bei der Ernennung einer großen 
Zahl von Beamten und beim Abschluß von Ver- 
trägen an die Zustimmung des Senats gebunden 
ist . unten Sp. 746). Im 62. Kongreß zählt der 
Senat 92 Mitglieder (51 Republikaner, 41 De- 
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