Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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haus zwei, für den Senat vier Jahre. Wie im 
Bund, so findet bei den Repräsentantenhäusern 
stets eine Integralerneuerung, bei den Senaten 
meist eine hälftige Erneuerung alle zwei Jahre 
statt. In manchen Staatsverfassungen ist die 
Dauer der Session streng begrenzt (40/90 Tage), 
doch kann unter bestimmten Voraussetzungen eine 
Verlängerung stattfinden; in den einen Staaten 
werden Sessionen alle Jahre, in andern nur alle 
zwei Jahre abgehalten. Die Gesetzesinitiative 
steht ausschließlich den Legislaturen zu, und zwar 
beiden Kammern in gleicher Weise; in einigen 
Staaten müssen allerdings die Geldbills vom Re- 
präsentantenhaus ausgehen. Verfassungsände- 
rungen in den Einzelstaaten werden, falls eine 
Generalrevision beabsichtigt ist, fast ausschließlich 
durch eine ad hoc erwählte verfassunggebende 
Konvention (Constitutional Convention) be- 
wirkt; in der Regel ist es der Legislatur über- 
lassen, die Frage nach einer Generalrevision auf- 
zuwerfen, in einigen Staatsverfassungen jedoch 
besteht die Anordnung, daß das Volk in bestimm- 
ten Zwischenräumen befragt wird, ob eine Er- 
neuerung der Verfassung vorgenommen werden 
soll oder nicht. Die Initiative zu einzelnen Ab- 
änderungsartikeln aber steht immer der Legislative 
zu; stets müssen beide Häuser über die Abänderung 
übereinstimmen und meist wird eine Zweidrittel- 
oder Dreifünftelmehrheit der beiden gesetzgebenden 
Kammern, in mehreren Staaten außerdem Vor- 
lage an das Volk gefordert. — Über die Ver- 
waltung der einzelnen Staaten s. unten Sp.748 f. 
Rechtsstellung der Bürger. Ver- 
fassungsänderungen. Die Verfassung ver- 
bürgt Schutz der persönlichen Freiheit, Schutz vor 
willkürlicher Verhaftung (durch Übernahme der 
englischen Habeascorpusakte in die Verfassung), 
vor Strafgesetzen mit rückwirkender Kraft oder Ge- 
setzen, die eine strafgerichtliche Verurteilung ent- 
halten (Bills of attender), Gleichheit aller vor 
dem Gesetz usw.; sie verbietet die Auflegung von 
Kopfsteuern oder andern direkten Steuern, die 
nicht im Verhältnis zu der Volkszählung oder son- 
stigen Aufzählungen stehen, von Ausfuhrzöllen und 
Zöllen beim Ubergang von einem Unionsstaat in 
einen andern, Beschränkungen des Küstenhandels 
und Ungleichheiten in der handelspolitischen Ge- 
setzgebung, die Verleihung von Adelsprädikaten 
und die Führung von Adelstiteln durch Bürger 
der Union, die Annahme von Tileln und Orden 
seitens der Unionsbeamten ohne Zustimmung des 
Kongresses usw. Die Bürger eines jeden Unions- 
staats genießen alle Privilegien und Freiheiten 
der Bürger in allen andern Staaten. Ameri- 
kanischer Bürger ist vor allem jeder, der als Kind 
eines Amerikaners geboren ist, auch wenn die 
Geburt im Ausland erfolgte, sowie jeder, der in 
der Union geboren ist und ihrer Hoheit unter- 
steht. Ein volljähriger Ausländer kann das Bürger- 
recht erwerben nach mindestens fünfjährigem Auf- 
enthalt in der Union, wenn er vor dem zuständigen 
Vereinigte Staaten. 
  
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County= oder Bundeskreisgericht auf Eid erklärt, 
daß es seine ehrliche Absicht ist, amerikanischer 
Bürger zu werden und seinem bisherigen Staats- 
wesen abzuschwören; den noch nicht 18 Jahre 
alten Eingewanderten wird diese eidliche Erklä- 
rung erlassen. 
Verfassungsänderungen können nur durch das 
Volk selbst geschehen, der Anstoß dazu aber kann 
vom Kongreß oder von den Legislaturen der 
Einzelstaaten ausgehen. Wenn zwei Drittel beider 
Häuser des Kongresses es für notwendig halten, 
Verfassungsänderungen vorzuschlagen, oder wenn 
zwei Drittel der gesetzgebenden Versammlungen der 
einzelnen Staaten es beantragen, muß der Kon- 
greß einen besondern Verfassungskonvent berufen, 
der Abänderungsvorschläge zu machen hat. Diese 
Abänderungen erlangen als Teile der Verfassung 
erst dann Rechtswirksamkeit, wenn von den gesetz- 
gebenden Versammlungen von drei Vierteln der ein- 
zelnen Staaten oder von den Verfassungskonventen 
von drei Vierteln der Staaten angenommen sind 
(welche Form der Annahme stattzufinden hat, be- 
stimmt der Kongreß). 
IV. Verwaltung. Die vollziehende Gewalt 
in der Union ist einem Präsidenten der Ver- 
einigten Staaten übertragen; er ist der alleinige 
verantwortliche Träger der vollziehenden Macht; 
alle Regierungsabteilungen sind einzig von den 
Weisungen des Präsidenten abhängig und alle 
Anordnungen der Regierungsbehörden geschehen 
in seinem Namen. Er bekleidet sein Amt auf die 
Dauer von vier Jahren (Amtsantritt am 4. März); 
seine Wahl erfolgt indirekt durch das Volk selbst 
nach folgenden Bestimmungen: Jeder Staat er- 
nennt in der Weise, die jede gesetzgebende Ver- 
sammlung der Einzelstaaten selbst zu bestimmen 
hat, eine Anzahl von Wahlmännern, und zwar so 
viel, als der Staat Senatoren und Repräsentanten 
im Kongreß hat;z jedoch darf kein Senator oder 
Repräsentant noch irgend eine Person, die ein be- 
zahltes oder unbezahlles Unionsamt inne hat, zum 
Wahlmann ernannt werden (obwohl es jedem 
Staat überlassen ist, die Wahlmänner direkt oder 
indirekt, geheim oder öffentlich wählen zu lassen, 
so werden in der Regel die der Zahl der Re- 
präsentanten entsprechenden Wahlmänner in den 
betreffenden Kongreßwahlkreisen direkt vom Volk, 
die der Zahl der Senatoren entsprechenden zwei 
Wahlmänner verschieden gewählt). Die Wahl 
dieser „Elektoren“ findet nach einem Unionsgesetz 
in jedem vierten Jahr am Dienstag nach dem 
ersten Montag im November statt. Die Wahl- 
männer versammeln sich am ersten Mittwoch im 
Dezember in den betreffenden Staaten (regelmäßig 
in der Hauptstadt) und geben zwei getrennte 
Stimmzettel für den Präsidenten und Bizepräsl- 
denten ab. Über alle Personen, für die als Präsi- 
dent und für die als Vizepräsident Stimmen ab- 
gegeben sind, und über die Zahl der Stimmen für 
einen jeden werden besondere Listen angelegt. Diese 
Listen werden, unterzeichnet und mit einer Be- 
 
	        
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