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vorgelegt wurde, an das Haus zurücksenden, in
dem er entstanden war; wenn aber der Entwurf
von beiden Häusern wiederum mit Zweidrittel-
mehrheit angenommen wird, so ist er Gesetz auch
ohne die Zustimmung des Präsidenten. Ebenso
wird ein Entwurf ohne seine Zustimmung Gesetz,
wenn der Präsident einen vom Kongreß ange-
nommenen und ihm zugestellten Entwurf inner-
halb zehn Tagen nicht unterzeichnet, aber auch
nicht zurückschickt. Analog wird bei jeder Anord-
nung, jedem Beschluß oder jeder Abstimmung, zu
der die Mitwirkung des Repräsentantenhauses und
Senats erforderlich ist, bezüglich der Genehmi-
gung des Präsidenten verfahren.
Zur Vollziehung der Gesetze und Handhabung
der Zentralverwaltung stehen dem Präsi-
denten die einzelnen Regierungsabteilungen und
unabhängige Amter, deren Vorstände nach seiner
Weisung zu handeln haben, zur Seite. Welche
Amter geschaffen werden sollen, bestimmt der Kon-
greß durch Gesetz, die Personen werden vom
Präsidenten mit Zustimmung des Senats ernannt.
Die einzelnen Regierungsabteilungen sind die
Staatsabteilung (Abteilung für die auswärtigen
Angelegenheiten) mit einem Staatssekretär an der
Spitze, das Schatzamt (Schatzsekretär), die Ab-
teilung für das Kriegswesen (Kriegssekretär), das
Generalpostamt (Generalpostmeister), die Abtei-
lung für das Justizwesen (Attorney General),
das Marineamt (Marinesekretär), die Abteilungen
des Innern, für Ackerbau und für Handel und
Arbeit (Sekretär für Inneres usw.). Außerdem
gibt es den Hauptabteilungen nicht untergeordnete
Kommissionen, deren Vorstände unmittelbar unter
dem Präsidenten die Verwaltung führen: die
Smithsonian Institution (die wissenschaftliche
Aufsätze in eignen Zeitschriften veröffentlicht), die
Iaterstate Coemmerce Commission, bie Staats-
druckerei, das Nationalheim für Freiwillige, das
Internationale Bureau der amerikanischen Frei-
staaten, die Isthmuskanalkommission, die Kom-
missare für den District of Columbia. Die neun
Sekretäre bilden zusammen den Kabinettsrat des
Präsidenten; das Kabinett versammelt sich auf
Ersuchen des Präsidenten, um über wichtigere
Angelegenheiten zu beraten und dem Präsidenten
Vorschläge zu machen, doch ist dieser dadurch nicht
gebunden, da die Sekretäre nur Ralgeber und
Gehilfen sind, der Präsident aber der allein Ver-
antwortliche und Entscheidende ist; die vom Präsi-
denten unterzeichneten Aktenstücke bedürfen einer
Gegenzeichnung durch einen Sekretär nicht. Da
die Sekretäre die politischen Vertrauensmänner
des Präsidenten sind, so steht ihm das (in der
Versassung allerdings nicht ausdrücklich bezeichnete)
Recht zu, sie nach Belieben zu entlassen. — Der
Präsident, der Vizepräsident und alle andern
bürgerlichen Beamten der Union können aus ihrem
Amt entfernt werden, wenn sie wegen Hochverrats,
Bestechung und anderer schwerer Verbrechen und
Vergehen von dem Repräsentantenhaus angeklagt
Vereinigte Staaten.
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und vom Senat mit Zweidrittelmehrheit verurteilt
werden (das sog. impeachment); ist das Ver-
fahren gegen den Präsidenten der Union gerichtet,
so führt den Vorsitz im urteilenden Senat nicht
der Vizepräsident, sondern der Präsident des Ober-
bundesgerichts. Das Urteil des Senats ist sofort
rechtskräftig.
Die innere Verwaltung ist im allgemeinen
Sache der Einzelstaaten; zur Zuständigkeit des
Sekretärs des Innern jedoch gehört die Verwaltung
der Territorien und der Angelegenheiten der
Indianer.
An der Spitze der Verwaltung der Ein-
zelstaaten steht überall ein Gouverneur, der
direkt vom Volk gewählt wird, und zwar nach dem
Wahlgesetz des betreffenden Staats. Das Recht
der Wiederwahl ist in den einen Staaten un-
beschränkt, in andern darf die gleiche Person das
Amt nur eine gewisse Zahl von Jahren bekleiden
oder nicht unmittelbar wieder gewählt werden.
Wenn bei der Volkswahl kein Kandidat die Mehr-
heit erhalten hat, so hat die Staatslegislatur den
Gouverneur aus denjenigen Kandidaten zu wählen,
auf welche die meisten Stimmen gefallen sind. Die
Amtsdauer ist in den Staaten verschieden (1 bis
4 Jahre), die Besoldung schwankt zwischen 1000
und 10 000 Dollar. Den Gouverneur vertritt im
Behinderungsfall, bei Tod, Unfähigkeit u. dgl. in
den meisten Staaten ein Lieutenant-Governor,
der in gleicher Weise und auf die gleiche Zeit wie
der Gouverneur gewählt wird; in andern Staaten
vertritt ihn der Senatspräsident oder Staats-
sekretär. Die Rechte und Pflichten des Staats-
gouverneurs entsprechen im allgemeinen denen des
Präsidenten der Union, doch ist seine Kompetenz
erheblich geringer: das Recht, die Beamten zu er-
nennen, ist meist unbedeutend, das Begnadigungs-
recht eingeschränkter; die Beamten, die dem Gou-
verneur in der Staatsverwaltung zur Seite stehen
und die Minister vertreten (Sekretäre, Auditoren,
Schatzmeister u. dgl.), werden in der Regel nicht
von ihm ernannt, sondern bei den allgemeinen
Wahlen zur Staatslegislatur gewählt, hie und da
auch von der gesetzgebenden Körperschaft ernannt
und haben vielfach einen selbständigen Anteil an
der höchsten Exekutivgewalt. Der Gesetzgebung
gegenüber haben die Gouverneure der Einzel-
staaten ähnliche Befugnisse wie der Unionspräsi-
dent: sie können den Legislaturen in ihren Bot-
schaften gesetzgeberische Maßnahmen empfehlen,
aber keine Gesetzesvorschläge machen; in allen
Staaten (außer zwei) hat der Gouverneur ein
suspensives Velo, das aber oußer Kraft tritt, wenn
ein von ihm nicht genehmigter Gesetzentwurf wie-
derum von beiden Häusern angenommen wird (in
den einen Staaten mit einfacher, in andern mit
Zweidrittel- oder Dreifünftelmehrheit).
Territorien. Zurzeit bestehen noch vier
Territorien; Arizona und Neumexiko sind je-
doch bereits prinzipiell als Staaten zugelassen, nur
müssen ihre von den gesetzgebenden Konventionen