Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Friedensrichter in den Townships und der Polizei- 
richter in den Städten; in den Counties bestehen 
Countygerichte (Courts of Record), an denen 
teils lokale Countybeamte teils Bezirks= oder 
Kreisrichter, die von County zu County gehen, 
die richterlichen Befugnisse ausiüben; an diesen 
Gerichten gibt es in der Regel eine große und 
kleine Jury. In jedem Staat gibt es ferner einen 
höchsten Gerichtshof oder Appellhof mit einem 
Oberrichter und Beirichtern. In jedem Terri- 
torium besteht ein Unionsgericht mit je einem 
Oberrichter und zwei oder mehreren Beirichtern. 
Die Urteile, Beschlüsse und Verfügungen der Ge- 
richte werden von besondern Vollstreckungsbeamten, 
den Marschällen, vollstreckt. 
VI. Heer und Flotte; Aßbzeichen. Die Ver- 
teidigung der Union zu Wasser und zu Land ist 
Pflicht der Bundesgewalten; es gibt nur ein Heer 
und eine Marine der Union. Davon ist die Miliz 
zu unterscheiden, die in der Regel dem Kommando 
der einzelnen Staaten untersteht und in gewissen 
Fällen von der Union zur Hilfeleistung heran- 
gezogen werden kann; jeder Staat hat im Innern 
selbst für Ruhe und Ordnung zu sorgen und ist 
bei der Organisation und Verwendung der Miliz 
von den Bundesgewalten unabhängig. — Die 
Bestimmungen über Organisation und Ausbildung 
des Heeres und der Marine, über Lage und Art 
der Befestigungen werden vom Kongref erlassen; 
den Oberbefehl führt der Unionspräsident, der 
auch über die Höhe der Friedenspräsenzstärke 
innerhalb bestimmter Grenzen (von 76900 Mann 
bis zum Höchstbetrag von 100 000 Mann), über 
die Stärke der Truppenteile und die Garnisonen 
Bestimmungen trifft; für die Leitung und Ver- 
waltung steht ihm die Kriegsabteilung (mit dem 
Kriegssekretär) zur Seite. Die Ergänzung des 
stehenden Heers und der Marine geschieht durch 
Werbung auf 3 Jahre; außerdem gehören alle 
waffenfähigen Männer vom 18. bis 45. Jahr 
den Milizen der Einzelstaaten an. Das stehende 
Heer zählte Juli 1910: 4430 Offiziere und 
76901 Mann; dazu kamen das Hospitalkorps 
mit 3500 Mann, die Militärakademie mit 533 
Kadetten und die eingebornen Schützen auf den 
Philippinen mit 5731 Mann. Die organisierte 
Miliz der Staaten und Territorien zählt an 
111 000 Mann. — Eine neue Gliederung des 
Heers ist seit Mai 1910 in Angriff genommen. 
Das ganze Gebiet der Vereinigten Staaten wird 
in acht Militärdepartements geteilt und in jedem 
Jedes 
soll ein Armeekorps ausgestellt werden. 
Armeekorps soll aus drei Infanteriedivisionen zu 
je drei Infanteriebrigaden zu je drei Regimentern, 
einem Kavallerieregiment zu neun Schwadronen, 
einem Feldartillerieregiment zu zwei Abteilungen 
zu je drei Batterien, einem Geniebataillon, zwei 
Kompagnien Signaltruppen und den dazu ge- 
hörigen Trains und Hilfsdiensten zusammengesetzt 
sein. Die neue Organisation bezweckt zugleich, 
schon im Frieden eine enge Verschmelzung der 
Vereinigte Staaten. 
  
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Truppen der regulären Armee mit den Milizen 
herbeizuführen. 
Die Flotte der Vereinigten Staaten zählte 
Anfang 1910 einschließlich der für die Küsten- 
verteidigung bestimmten (63) Fahrzeuge 152 
Schiffe (29 Schlachtschiffe erster Klasse, 10 Panzer- 
kreuzer, 5 Kreuzer erster, 7 zweiter, 17 dritter 
Klasse, 21 Torpedojäger) mit 745.019 Tonnen, 
1 433 098 indizierten Pferdekräften, 1416 Ge- 
schützen, 228 Lancierrohren und einem Etat von 
49651 Offizieren und Mann; außerdem für den 
Hilfsdienst 149 Fahrzeuge. Im Bau waren 4 
Schlachtschiffe erster Klasse, 2 Flottenkohlenschiffe, 
10 Unterseeboote und 15 Torpedojäger, 18 wei- 
tere Schiffe bewilligt. 
Das Wappen der Vereinigten Staaten zeigt 
einen Adler, über dessen Kopf ein Band mit 
der Devise E pluribus unum schwebt; auf der 
Brust des Adlers befindet sich ein weiß und rot 
gestreifter Schild, in dessen oberer linker Ecke auf 
blauem Grund so viel silberne Sterne sichtbar sind, 
als die Union Staaten enthält (zurzeit 46). Die 
Flagge ist von Rot und Weiß (mit Rot beginnend 
und schließend) 13mal horizontal gestreift; in der 
blauen sechs Streifen einnehmenden oberen Ecke 
am Flaggstock sind soviel weiße Sterne, als die 
Union Staaten hat. 
VII. Ankerricht. Das Unterrichtswesen ist in 
den Vereinigten Staaten Sache der Einzelstaaten, 
Gemeinden und Privaten und daher nicht einheitlich 
organisiert. Die Union als solche unterhältein natio- 
nales Erziehungsbureau in Washington (National 
Board of Education), das aber fast nur statisti- 
sche Aufgaben zu erfüllen hat. Der Bund hat 
ferner im Lauf der Jahrzehnte außer einigen Geld- 
bewilligungen den einzelnen Staaten für die 
Schulfonds den 18. bis 36. Teil der öffentlichen 
Ländereien sowie seit 1890 jährlich je 25.000 
Dollar überwiesen. In jedem Einzelstaat leitet 
das Unterrichtswesen ein Unterrichtsaufsichtsamt 
(State Boardof Education, Superintendent of 
Education usw.), dessen Rechte und Pflichten 
ziemlich verschieden sind; überall hat es schulstati- 
stische und andere für das Erziehungswesen inter- 
essante und wertvolle Daten zu sammeln, die 
staatlichen Schulfonds zu verwalten und den ein- 
zelnen Schulbezirken die daraus zufließenden 
Gelder (meist auf Grund des Schulbesuchs) zu- 
zuteilen. Ihr Aussichtsrecht ist in der Regel auf 
die Elementar= und Mittelschulen beschränkt. 
Die Schulen stufen sich ab in Kindergärten, 
Elementarschulen, High Schools, Normalschulen, 
Colleges und Universitäten. Die Kindergärten 
sind seit 1868 nach Fröbelschem Muster eingeführt 
worden und haben weite Verbreitung erlangt 
(über 8000),. Für die Elementarschulen be- 
steht noch nicht in allen Staaten der staatliche 
Schulzwang, namentlich nicht in denen des Sü- 
dens; aus diesem Grund und infolge der ge- 
ringen Bildung vieler Einwanderer ergab die 
Zählung von 1900 einen ziemlich hohen Prozent-
	        
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