755
satz von Analphabeten (10,70/, von der 10 und
mehr Jahre alten Bevölkerung, im Süden 25%;
die Gegensätze sind die Staaten Jowa mit 2,3%
und Louisiana mit 38.5%). Der Schulzwang
beginnt zwischen dem 6. und 8. Jahr und dauert
in der Regel 8 Jahre, in einigen Staaten bis
zum 18. Lebensjahr. Schulgeld wird in den öffent-
lichen Volksschulen nicht erhoben, die Lehrmittel
werden in zahlreichen Gemeinden den Kindern
kostenlos geliefert; die Mittel für die öffentlichen
Schulen werden aus Fonds und Grundpachten,
aus den Steuern, die Staat und Gemeinde er-
heben, aus Strafgeldern usw. aufgebracht. Die
Elementarschulen zerfallen in die Primary Schools,
gewöhnlich die vier unteren Klassen, und die Gram-
mar Schools, meist die vier oberen Klassen, in
denen zu den Fächern der ersten Abteilung (Lesen,
Schreiben, Rechnen, Erdkunde, Naturgeschichte
usw.) noch Geschichte, Arithmetik, Physik, Bürger-
kunde usw. treten. Den im Lehrplan fehlenden
Religionsunterricht suchen die Sonntagsschulen zu
ersetzen, die von den Religionsgemeinschaften unter-
halten und geleitet werden (1906 insgesamt
178214). Neben den öffentlichen Volksschulen
gibt es zahlreiche private, von denen etwa die
Hälfte kirchliche Schulen (Pfarrschulen) sind (an
drei Fünftel davon sind katholisch, an zwei Fünftel
protestantisch, ein kleiner Teil mormonisch). Für
die Heranbildung von Lehrkräften für die Volks-
schule bestehen staatliche und private Normalschulen,
Normalcolleges und pädagogische Abteilungen an
den privaten und öffentlichen Colleges und Uni-
versitäten; eine Anzahl von Normalschulen be-
reitet auch für den Unterricht an höheren Schulen
vor. Die Normalschule dient vielfach auch als
Ersatz für die High School und wird daher auch
von solchen Schülern besucht, die nicht Lehrer
werden wollen. Die Mehrzahl der Lehrkräfte an
den Volksschulen ist weiblich.
Die Fortsetzung der oberen Klassen der Ele-
mentarschulen bilden die High Schools, die eine
allgemeine Bildung vermitteln wollen und eine
Vorbereitungsstufe für die Colleges und Universi-
täten sind; der Lehrkurs dauert in der Regel vier
Jahre. Oft bestehen mehrere Parallelkurse (für
klassische Sprachen, Englisch, Deutsch, Handels-
kurse usw.) und den Schülern ist, namentlich in
den letzten Klassen, bedeutende Freiheit in der
Wahl der Unterrichtssächer gelassen. Auch hier
sind die Frauen als Lehrkräfte zugelassen; zur
Heranbildung von Lehrkräften bestehen besondere
Normalschulen und Normalcolleges. Von den
High Schools ist in der Regel der Übergang zu
den Colleges und Universitäten möglich, wenig-
stens streben die Stadtgemeinden danach, ihre
High Schools auf eine solche Stufe zu bringen,
daß ihre Graduierten zu den Universitäten zuge-
lassen werden. Die meisten High Schools sind
öffentlich.
Die Colleges und Universitäten werden nur
zum kleineren Teil vom Staat unterhalten, na-
Vereinigte Staaten.
756
mentlich in den mitlleren und westlichen Staaten,
zum größeren Teil sind sie privat. Die Bedingungen
zum Eintritt gestalten sie nach Belieben und sie
unterwerfen jeden Schüler der Mittelschulen, der
Aufnahme begehrt, einem Eintrittsexamen nach
ganz verschiedenen Prinzipien, was eine völlige
Zerfahrenheit des Prüfungswesens zur Folge hatte.
Zur Besserung dieses Zustands wurde auf Be-
treiben von Neuyorker Schulmännern in den letzten
Jahren eine gemeinsame Prüfungskommission (der
College Entrance Examination Board) ins
Leben gerufen, der sich nach und nach die meisten
Colleges und Universitäten angeschlossen haben;
das Resultat der Kommission wird von jedem an-
geschlossenen College unbedingt angenommen.
Eine strenge Scheidung zwischen den Collegefakul-
täten und den Universitätsfakultäten gibt es nicht,
und der Übergang vom College zur Universität ist
in der Regel ein allmählicher, da die oberen Col-
legekurse teilweise oder ganz einem speziellen Fach-
studium gewidmet sind und so in die Fakultätskurse
hineinwachsen. Fast alle größeren Universitäten sind
mit einem oder mehreren Colleges verbunden (die
oft sogar an verschiedenen Orten sich befinden)
und bei mehreren spielt dieses sogar die Haupt-
rolle. Besonders die größeren Staatsuniversitäten
(wie die von Michigan, Wisconsin, Nebraska,
Kalifornien) und einige der älteren privaten Uni-
versitäten (wie die Harvard in Cambridge, Mass.,
Yale in New Haven und Princeton-Universität)
widmen dem Collegeihre Hauptkraft, während dieses
an den modernen privaten Universitäten (wie Co-
lumbia in Neuyork, John Hopkins in Baltimore,
Leland Stanford zu Palo Alto in Kalifornien)
sehr zurücktritt. Die Verbindung des College mit
der Universität hat zur Folge, daß fast jeder Pro-
fessor einen großen Teil seiner Zeit dem Gymna-
sialunterricht und der Aufrechterhaltung der Diszi-
plin zu opfern hat, daß der gelehrte Universitäts-
unterricht mit dem Schulunterricht verquickt wird
und viele Kräfte der eigentlichen Universilätstätig-
keit entzogen werden; anderseits müssen die Uni-
versitätsfakultäten ihren Lehrkörper durch billige
Lehrkräfte vermehren, die zwar dem Schulunter-
richt und den rein schulmäßigen Ansprüchen des
College, nicht aber den Anforderungen eines wirk-
lichen Universitätsunterrichis (in unserem Sinn)
genügen, so daß akademische Lehrstühle mit rein
pädagogisch beanlagten Naturen ausgefüllt werden
müssen. Seit etwa einem Dezennium besteht daher
in den Vereinigten Staalen eine Bewegung, das
College zu beseitigen, die High School um zwei
Jahre zu erhöhen und die Universität um zwei
Jahre nach unten zu verlängern, wodurch das
Unterrichtssystem mehr dem deutschen angeglichen
würde; es gibt auch an manchen Orten bereits
sechsklassige High Schools, doch ist das College-
system als traditionelle höhere Schule zu sehr im
amerikanischen Volksleben festgewurzelt, als daß
seine Beseitigung zu erwarten wäre. Die Colleges
sind meist mit Internaten verbunden. An manchen