Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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lösen, wenn sich in ihr gesetzwidrige Vorgänge er- 
eignen, Gegenstände verhandelt werden, welche 
außerhalb des statutenmäßigen Zwecks des Ver- 
eins liegen, oder wenn die Versammlung einen die 
öffentliche Ordnung bedrohenden Charakter an- 
nimmt. Auch kann jeder Verein aufgelöst werden, 
wenn er Beschlüsse faßt, die den Strafgesetzen zu- 
widerlaufen, wenn er seinen Wirkungskreis über- 
schreitet oder „überhaupt den Bedingungen seines 
rechtlichen Bestands nicht mehr entspricht“. Gegen 
den die Bildung eines Vereins untersagenden Be- 
schluß sowie gegen den Auflösungsbeschluß ist Re- 
kurs an das Reichsgericht zulässig. Alle erlaubten 
Vereine haben aber in Osterreich nach dem Bürger- 
lichen Gesetzbuch juristische Persönlichkeit. Offent- 
liche Versammlungen, welche drei Tage vorher 
unter Angabe des Zwecks, der Zeit und des Orts 
angemeldet werden müssen, sind zu untersagen, 
wenn ihr Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft 
oder ihre Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder 
das öffentliche Wohl gefährdet, und aufzulösen, 
wenn sich in ihnen gesetzwidrige Vorgänge ereignen 
oder wenn sie einen die öffentliche Ordnung be- 
drohenden Charakter annehmen. Die Verfassung 
von Ungarn enthält keinerlei Bestimmung über 
Vereins= und Versammlungsfreiheit. Selbst die 
Statuten von Vereinen zur Gründung von An- 
stalten behufs Förderung der Kunst, der Wissen- 
schaft, der Landwirtschaft, des Handels bedürfen 
der staatlichen Genehmigung. In Italien unter- 
liegt die Bildung und die Tätigkeit der Vereine 
keiner besondern Beschränkung. Versammlungen, 
welche 24 Stunden vorher anzumelden sind, kön- 
nen, wenn strafbare Handlungen in ihnen verübt 
werden, aufgelöst werden. In Spanien besteht 
weitgehende Vereins= und Versammlungsfreiheit. 
Die Auflösung eines Vereins kann nur durch ge- 
richtliches Urteil ausgesprochen werden, und zwar 
nur, wenn der Verein Zwecke verfolgt, die der 
öffentlichen Sittlichkeit zuwiderlaufen oder auf 
Begehung strafbarer Handlungen gerichtet sind, 
oder wenn die Vorschriften des Vereinsgesetzes ver- 
letzt werden. Nach der Bundesverfassung der 
Schweiz, welche allen Bürgern das Recht, Ver- 
eine zu bilden, gewährleistet, kann die Kantonal= 
gesetzgebung über den Mißbrauch dieses Rechts 
Bestimmungen treffen. In den meisten Kantonen 
sind jedoch beschränkende Bestimmungen nicht er- 
lassen. Den Grundsatz der Vereins= und Ver- 
sammlungsfreiheit proklamieren auch die Ver- 
fassungen von Belgien, Dänemark und den 
Niederlanden z in den letzteren enthält ein be- 
sonderes Gesetz einzelne Beschränkungen. Für 
Frankreich standen bis zum Jahr 1901 die Vor- 
schriften des Code pénal und des diese Vorschriften 
noch verschärfenden Gesetzes vom 10. April 1834 
in Kraft, wonach selbst genehmigte Vereine jeder- 
zeit aufgelöst werden konnten. Nur die Unter- 
stützungsvereine und die Gewerkvereine (syndi- 
cats professionels) unterlagen diesen Beschrän- 
kungen nicht. Erst das Gesetz vom 1. Juli 1901 
  
Verfassung — Verlagsrecht. 
  
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hat in Frankreich die Vereinsfreiheit für weltliche 
Vereine begründet, gleichzeitig aber die Unter- 
drückung der kirchlichen Vereinigungen (Orden, 
Kongregationen) eingeleitet. Den Versammlungen 
ist in Frankreich weiter Spielraum gelassen; der 
Vertreter der Behörde darf Versammlungen nur 
auflösen, wenn Tätlichkeiten vorkommen. Weder 
Vereins- noch Versammlungsfreiheit besteht in 
Rußland. Die Teilnahme an jedem Verein 
oder jeder Zusammenkunft, die von der Behörde 
nicht ausdrücklich genehmigt ist, wird mit Strafe 
bedroht. In England genießen heute alle Ver- 
eine und Versammlungen, die nicht ungesetzliche 
Zwecke verfolgen, unbeschränkte Freiheit. Zwar 
bestehen einzelne beschränkende Gesetze, teilweise 
aus früheren Jahrhunderten, noch fort; die- 
selben sind jedoch längst außer Anwendung ge- 
kommen. Ebenso besteht in den Vereinigten 
Staaten von Amerika tatsächlich volle Vereins- 
und Versammlungsfreiheit. Die Verfassung ver- 
bietet ausdrücklich dem Kongreß den Erlaß von 
Gesetzen, durch welche das Recht des Volks, sich 
friedlich zu versammeln, beschränkt würde. In 
allen einzelnen Staaten ist durch die Verfassungen 
die Versammlungsfreiheit in gleicher Weise ge- 
währleistet. 
Literatur. Zirkel, Das Assoziationsrecht der 
Staatsbürger (1834); Gierke, Deutsches Genossen- 
schaftsrecht (3 Bde, 1868/81); Ball-Friedenthal, 
V.= u. V. in Deutschland (!1907); Puschmann, Das 
deutsche Vereins= u. Gesellschaftswesen nach B. G. B. 
u. sonstigem Reichsrecht (21898); Altmann, Hand- 
buch des deutschen Vereinsrechts (1905); L. Vossen, 
Kommentar u. System des öffentlichen u. privaten 
deutschen Reichsvereinigungsrechts (1909); Ebner, 
Das deutsche Vereinsrecht (1910); Kommentare zum 
R.V. G. von Friedenthal, Sartor, Adolph, Romen 
usw.; Berichte u. Beschlüsse der XIV. Kommission 
zur Vorberatung des Entwurfs eines Reichsver- 
einsgesetzes I. u. II. Lesung. 
[B. Schmittmann.) 
s. Staatsverfassung. 
ständische s. Stände. 
s. Garantien, staatsrecht- 
    
liche. 
Verfügung s. Gesetzgebung. 
Verlagsrecht. I. Allgemeines, Geschicht- 
liches. Die Entwicklung des Urheberrechts, wie 
sie in dem gleichnamigen Artikel zur Darstellung 
gelangt ist, ist dem berechtigten Verlangen der 
Urheber geistiger Erzeugnisse entsprungen, auch 
die Früchte ihrer Arbeit zu ernten. Gesichert wurde 
ihnen der Genuß erst durch die Anerkennung des 
Urheberrechts. „Diese neue Rechtsbildung ist ein 
Ruhmeslitel des modernen Rechts. Auf ihr ruht 
großenteils die gewaltige Entwicklung der neueren 
Kultur. Indem die Nationen Schriftstellern, Künst- 
lern. Erfindern Rechte an den Erträgnissen ihrer 
Geistesschöpfungen zuteilen, verleihen sie ihnen 
Muße zum geistigen Schaffen und gewähren ihnen 
damit eine reelle Anerkennung, auf welche auch hoch- 
angelegte Naturen Wert legen müssen“ (Dernburg-
	        
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