Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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papiere, Policendarlehen oder Vorauszahlungen 
sind, die Genehmigung des Aufsichtsamts für 
Privatversicherung vorausgesetzt, zugelassen. In 
8 60 des genannten Gesetzes werden die Be- 
dingungen festgesetzt, unter denen eine Hypothek 
als sicher gilt und zur Anlage verwendet werden 
kann. Während die Bestimmungen über die An- 
lage der Prämienreserven besonders streng sind, 
gelten für die Anlage der nicht zum Prämien- 
reservefonds gehörigen Vermögensteile der Lebens- 
versicherungsgesellschaften und die Vermögen der 
sonstigen Versicherungsunternehmen leichtere Be- 
dingungen. Offenbare Spekulationswerte, indu- 
strielle Obligationen und Aktien, ebenso auslän- 
dische Werte sind, soweit nicht besondere Vor- 
sichtsmaßregelnergriffen sind, zur Vermögensanlage 
nicht zulässig; für die Grundstücksbeleihungen, die 
bei den deutschen Gesellschaften eine besonders 
große Rolle spielen (sind doch fast /4 der Aktiven 
der unter Reichsaufsicht stehenden deutschen größe- 
ren Versicherungsgesellschaften in Hypotheken an- 
gelegt, der Betrag steigt fast auf 4 Milliarden), 
sind seitens des Aussichtsamts besondere Grund- 
sätze festgelegt, welche die Sicherstellung der Ver- 
sicherungsnehmer bezwecken. 
Versicherungswesen. 
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Die Kapitalien der Versicherungs- 
anstalten betrugen in Deutschland ins- 
gesamt: 1887 rund 1268½ Mill. A bei 239 Ver- 
sicherungsgesellschaften, 1897 rund 2619,9 Mill. M 
bei 331 Versicherungsgesellschaften, 1907 rund 5624 
Mill. M bei 371 Versicherungsgesellschaften. 
Von den 5 ½ Milliarden Gesamtvermögen ent- 
fallen auf die Lebensversicherungsgesellschaften allein 
mehr als 4 Milliarden M. 
An Kassa, Bankeinlagen und Zinsvorträgen 
hatten die genannten deutschen Versicherungsgesell- 
schaften (rund) 1887: 64,8 Mill. A, 1897: 129,6 
Mill. 3k, 1907: 141 Mill. /, während auf den 
GErundbesitz abzüglich der Belastung (rund) 1887: 
43 Mill. NA, 1897: 74/8 Mill. M, 1907: 125½ 
Mill. entfielen. 
In Werteffekten waren angelegt (rund) 1887: 
192,6 Mill. J/, 1897: 342½ Mill. M, 1907: 497 
Mill. M; in Hypotheken 1887: 847 Mill. J, 
1897: 1839,6 Mill. M, 1907: 3878,1 Mill. M. 
Geringere Summen entfallen auf Darlehen, auf 
Wechsel und Wertpapiere. 1887: 15 Mill. M, 1897: 
20½ Mill. M, 1907: 11,7 Mill. M. 
An Policen= und Kautionsdarlehen hatten die 
genannten deutschen Gesellsch. hinausgegeben 1887: 
50 Mill. Ak, 1897:125,1 Mill. M, 1907:283 Mill. M. 
Aus einer Statistik des Kaiserl. Aufsichtsamts 
(1906) kommen von 1000 M Kapitalanlage auf 
  
  
  
  
  
  
  
S2 3523 Gesamtbetrag 
7 8.Gesfamtbetrag 
B b der Kapital- 
ersicherungsbranche 3 5 s2 der Aktiva erkae 
59 Lebensversicherungen: 4 uM 
26 Aktiengesellschaften 33 # 854 44 12 095 236 000 1 886 947 000 
17 Gegenseitigkeitsgesellschaften 11 847 71 1 611 830 000 1549 592 000 
16 Berufsvereinigungen 12 833 153 53 919000 48 871 000 
12 Unfall= und Haftpflichtgesellschaften 87 591 310 181 469 000 122 470 000 
25 Viehversicherungsgesellschaften . 99765805i5918000 2622000 
14 Hagelversicherungen: # 
5 Aktiengesellschaften 21 381 540 31 640 000 9 798 000 
9 Gegenseitigkeitsgesellschaften 13 174 720 6634 000 3 793.000 
46 Feuerversicherungen: 6 
29 Aktiengesellschaften .. 83 500 376 415 122 000 260 833 000 
17 Gegenseitigkeitsversicherungen 45 398 513 66 922000 61 826 000 
8 Glasversicherungen: # I 
5 Aktiengesellschaften 218 678 100 6 010 OOdo0 4682 000 
3 Gegenseitigkeitsgesellschaften 44 685 2711 1516 0000 1.400 000 
Die deutschen Lebensversicherungsgesellschaften, 
nach ihnen die Glas= und Unfall= bzw. Haftpflicht- 
versicherungsgesellschaften haben die überwiegende 
Masse ihrer Kapitalien in Hypotheken angelegt. 
Alle andern Versicherungsarten, am meisten die 
Viehversicherungen, bevorzugen die Anlage in Wert- 
papieren. Die Lebensversicherungsgesellschaften sind 
deshalb in der Lage, ihre Kapitalien fest in Hypo- 
theken auf eine größere Reihe von Jahren anzu- 
legen, weil bei ihnen die jährlichen Einnahmen in 
Prämien den Ausgaben immer gleichkommen, letz- 
tere meist übertreffen. Wertpapiere werden nur 
benützt, wenn das angelegte Geld auch neben den 
laufenden Einnahmen zu laufenden Ausgaben ge- 
legentlich herangezogen werden müßte. Die Effekten- 
anlage geht im Verhältnis zur Gesamtkapital= 
anlage ständig zurück, während die hypothekarische 
Anlage fortwährend steigt. 
Die Gründe, welche das Zurücktreten der Effekten 
als Anlagegelegenheit veranlassen, dürften wohl in 
Staatslexikon. V. 3. u. 4. Aufl. 
  
gesetlichen Bilanzierungsvorschriften und in der 
Tatsache, daß der aus mündelsichern Papieren sich 
ergebende Zinsgewinn geringer ist als der aus erst- 
klassigen Hypotheken, zu suchen sein. Auch die 
Kursverluste beim Sinken der Wertpapiere haben 
eine effektenverdrängende Wirkung. Wiewohl, wie 
oben gezeigt wurde, die Anlage in Effekten eine 
bedeutend geringere wie in Hypotheken ist, stellen 
trotzdem die Kursverluste ganz enorme Summen 
dar. Ultimo 1906 belief sich der Bestand an deut- 
schen Wertpapieren bei den Lebensversicherungs- 
gesellschaften auf rund 123½ Mill. M. Der sich 
vom 31. Dez. 1906 bis 31. Dez. 1907 tatsächlich 
ergebende Kursverlust bei der 3= und 3½% igen 
Reichsanleihe und den 3= und 3½ %igen preußi- 
schen Konsols betrug für die Lebensversicherungs- 
gesellschaften 5 Mill. 3k. Es ist deshalb kein Wun- 
der, daß die gesetzliche Bilanzierungsvorschrift 
schon mehrmals einer scharfen Kritik unterzogen 
wurde. 
  
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